Ruf des Blutes 3 - Dämonenring (German Edition)
Marmorschlangen mit aufgesperrten Mündern und riesigen Giftzähnen. Ihre Augen waren aus buntschillernden Kristallen und schienen mich höhnisch anzustarren, während ich auf meine Königin zuschritt. Kalistes rechte Hand ruhte auf einem der Schlangenköpfe wie auf einem treuen Schoßhund. Sie lächelte. Ein kaltes Lächeln, auch wenn es freundlich gemeint war.
„Ich bin froh, dass du deinen Weg gefunden hast“, sagte sie. Das Wasser im Becken schien von einer fremdartigen Lichtquelle durchflutet und warf wellenartige Reflexe auf ihr nachtschwarzes Haar und in ihre türkisen Augen.
„Es war, als würde ich deine Stimme hören, die mich ruft.“
Ihr Lächeln wurde breiter, aber auch kälter. „Zwischen uns gibt es eine Verbindung, mein Kind.“
Die gab es wohl, seit sie mich mit ihrem Blut geheilt hatte, nachdem ich beinah der Morgensonne zum Opfer gefallen war. Kaliste hatte mich gerettet, nur um mir die schwere Bürde aufzuerlegen, über den Drachen zu wachen.
„Aber deswegen bist du nicht hier, Melissa.“
Ich war mir fast sicher, dass sie den Grund meines Kommens bereits kannte, doch sie hob nur eine ihrer Augenbrauen und sah mich abwartend an.
„In London werden Mitglieder des House of Lords umgebracht. Von einer Dämonin. Der Ammit.“
Sie schürzte die Lippen und schüttelte tadelnd den Kopf. „Aber Kind, die Ammit tötet doch nicht. Sie verzehrt die Seelen derer, die gerichtet wurden. Das solltest du wissen.“
„Es ist aber die Ammit. Ich habe sie gesehen, mit ihr geredet.“
Sie war so schnell an meiner Seite, dass es mich erschreckte. Ich zuckte zurück, ein Schauer rann durch meinen Körper, der instinktiv auf Abwehr ging. Ihr Blick war bohrend.
„Und was hat die Ammit gesagt?“
„Nicht viel. Nur, dass sie dem Ring der Nacht dienen muss.“
Zischend sog Kaliste die Luft ein, fletschte die Zähne, sah für einen Moment ebenso aus, wie die steinernen Schlangen.
„Was weißt du von dem Ring?“
„Nichts. Darum bin ich hier. Sie sah meinen Ring und sprach vom Dämonenring. Und dann vom Ring der Nacht und dass sie ihm dienen muss. Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Steht sie unter einem Bann, der ihr befiehlt zu töten? Oder hat das eine mit dem anderen nichts zu tun?“
„Ja und nein“, antwortete sie kryptisch und wiegte sich mit geschlossenen Augen von links nach rechts. „Es gibt diesen Ring der Nacht. Sogar mehr als einen. Und sie haben in der Tat die Macht, der Ammit zu befehlen.“
„Wie?“
Sie hielt abrupt inne, fixierte mich, ihre Stimme war ein heiseres Flüstern. „Wie sehen die Toten aus?“
Ich schluckte, fühlte mich, als läge eine eiserne Kette um meinen Körper, die sich enger zog. War es wirklich eine gute Idee gewesen, unsere Königin aufzusuchen? Sie wirkte entrückt, mit einer Spur Wahnsinn in den türkisfarbenen Augen. Meine Kehle war so trocken, dass ich kaum reden konnte. Worauf wollte sie nur hinaus?
„Wie Vampiropfer. Aber ohne Augen.“
Ein unmenschlicher Laut entrang sich ihrer Kehle. Markerschütterndes, schrilles Kreischen, von dem ich nicht vermocht hätte, zu sagen, ob es Lachen, Fauchen oder etwas anderes war. Augenblicklich tauchten zwei ihrer Ghanagoul-Wächter wie aus dem Nichts auf, doch sie schickte sie sofort mit einer herrischen Geste zurück. Dann streckte sie die Hand aus und fasste meine Kehle. Nicht fest, aber ihre eisige Berührung war schmerzhaft.
„Du weißt, dass es noch andere Vampire außer uns gibt?“
Inzwischen kannte ich vier verschiedene Arten. Also ja, durchaus, ich war mir bewusst, dass es nicht nur Nightflyer gab. Eine Antwort konnte ich mir sparen, denn sie las meine Gedanken.
„Ich meine die Dunklen, unsere Feinde, dieses dreckige Pack, das sich in Höhlen verkriecht und auf eine Chance lauert, uns zu vernichten.“
„Ich bin diesen Wesen schon begegnet. Die meisten sind dumm und schwach. Nur …“
„Nur der eine nicht. Der Fürst mit den Augen wie heller Bernstein. Er ist mächtig, er ist stark und er hat, was die Ammit bindet. Einen Ring der Nacht.“
Der Schreck lähmte mich. Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf, was das bedeutete. Wenn der Crawlerfürst dahinter steckte …? Aber warum? Was bezweckte er? Warum agierte er mit nur einer Dämonin, noch dazu in London? Und wie brachte er sie dazu, diese Morde so zu verüben, dass sie für Eingeweihte nach Vampirmorden aussahen?
Auch diesmal las Kaliste jeden meiner Gedanken. Sie gab meine Kehle frei, fasste mein Handgelenk, und hielt mir den
Weitere Kostenlose Bücher