Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
besessen von Mel zu sein, dass er unbedingt ein gemeinsames Dunkles Kind mit ihr haben wollte. Aber leider musste Steven Melissas Befürchtungen zustimmen, Warren war bei weitem nicht stark genug, um als Vampir erwählt zu werden. Andererseits, wer erwählte heutzutage schon noch? Die Jungen machten sich keine Gedanken, wenn sie jemanden in die Nacht holten, bloß weil er ihnen gefiel. Sie vergaßen allzu leicht, dass man diese Beziehungen nicht mit einer simplen SMS oder einem neuen Flirt beendete. Das war das wirklich Fatale daran. Die Moral und die Oberflächlichkeit der heutigen Zeit spiegelte sich auch in denen wider, die verwandelt wurden, weil sie es nicht anders gelernt hatten. So verkam die Vampirgesellschaft inzwischen ebenso sehr wie die der Menschen. Aber das war eine andere Geschichte. Im Augenblick ging es um den jungen Mann vor ihm. Er war hübsch, dunkelhaarig, mit sanften Augen. Der MI5-Agent stand ihm noch deutlich im Gesicht, so was verlor sich nicht von heute auf morgen.
Warren bedeutete Mel sehr viel, sie machte sich große Sorgen um ihn. Doch ihr war keine Wahl geblieben. Sie konnte nicht hier bleiben und sich um ihren Dunklen Sohn kümmern, die drohende Gefahr beiseite schieben und ignorieren. Jennys Leben stand auf dem Spiel und vermutlich noch viel mehr. Sie musste handeln, da konnte sie auf ihren Neugeborenen keine Rücksicht nehmen. Darum hatte er sich entschlossen, Warren ein wenig Gesellschaft zu leisten, sich mit ihm anzufreunden und ihm das ein oder andere im Leben eines Vampirs zu zeigen. Er hatte hier sowieso nichts besseres zu tun und Untätigkeit war etwas, das er nicht mochte. Schon komisch irgendwie, er war noch keine Woche im Urlaub und schon sehnte er sich in seinen OP-Saal zurück, wollte das Leben seiner Patienten spüren und das Glücksgefühl, wenn es ihm wieder gelang, eins zu retten. Dabei entsprach seine Natur eigentlich dem Gegenteil.
Er seufzte lautlos, als er versuchte, sich diese dunkle Natur bei Warren vorzustellen. Es gelang nicht. Immer wieder fühlte er die Seele des jungen Mannes brechen, und er hatte in den vielen Jahren der Unsterblichkeit und seiner Tätigkeit als Arzt ein gutes Gespür entwickelt, ob jemand überlebte oder nicht. Trotzdem wollte er es versuchen, denn ein letztes Stück Hoffnung blieb immer und er wünschte es sowohl Warren als auch Mel, dass diese hier nicht vergebens war. Aber erst mal galt es, das Hindernis der Abneigung zu überwinden, das Warren ihm gegenüber aufbaute. Er hatte Mel geliebt und tat es noch. Durchaus verständlich, dass er nicht allzu viel von der Gesellschaft ihres neuen Lovers hielt, doch so schnell ließ Steven sich nicht abschrecken.
„Zigarette?“ Sein Lächeln war aufrichtig und kam bei Warren auch so an, denn er zögerte nur eine Sekunde, ehe er nickte und sich einen Glimmstängel aus der Packung zog. Steven gab ihm Feuer und schlenderte dann wie selbstverständlich los. Tatsächlich folgte Warren ihm, ohne dass er ihn dazu auffordern musste.
„Wie kommst du klar?“
Warren musterte ihn skeptisch von der Seite bei dieser Frage, zuckte die Achseln. „Ganz gut. Denke ich.“
Er schürzte die Lippen und nickte. Verunsichern durfte er ihn auf keinen Fall, dann machte er ganz sicher sofort dicht.
„Ist bestimmt nicht leicht, so ganz auf sich gestellt.“
„Ich schaff das schon“, gab Warren deutlich schärfer zurück.
Steven grinste und hob beschwichtigend die Hände. „Ganz cool, Mann. Sollte keine Kritik sein. Ich weiß nur, wie es mir nach meiner Wandlung ging. Mein Dunkler Vater hatte auch kein Interesse daran, mich in die Lehre zu nehmen.“
Er bemerkte seinen Fauxpas und hoffte, Warren würde ihn übergehen, was er natürlich nicht tat.
„Mel hat mich nicht im Stich gelassen, ihre Aufgabe ist verdammt wichtig. Und wenn sie zurückkommt, ist sie auch wieder für mich da.“
Es sprach die pure Eifersucht. Das gestaltete sich schwieriger als erwartet. Er musste sich die nächsten Worte gut überlegen, sonst lief er Gefahr, dass Warren ihn einfach stehen ließ.
„Da hast du recht. Sie ist eine tolle Frau. Und kümmert sich um die, die ihr am Herzen liegen. Aber manchmal kann man eben nicht so, wie man gerne will. Ich glaube, sie hat dich nicht gern gerade jetzt allein gelassen.“
Er wartete ab, ob er damit an ihn ran kam und atmete erleichtert auf, als Warren resigniert den Kopf hängen ließ und einen tiefen Seufzer ausstieß. Zögernd hob er die Hand und legte sie dem jungen Vampir auf die
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