Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
über mich, mein Opfer zu töten. Also verwandelte ich ihn, seither ist er mein Augapfel.“
Der Vampir in ihm war nicht zu übersehen, doch es war etwas an ihm, das ich nicht in Worte fassen konnte. Er war tatsächlich anders. Aber wie? Ich blickte Anakahn fragend an.
„Er hat in seinem ganzen unsterblichen Leben noch nie ein Wesen getötet, Melissa. Das Töten ist unsere Natur, doch Arante ist nicht dazu fähig.“
„Wie überlebt er?“
„Ich trinke für uns beide. Und er trinkt von mir seit seiner Geburt in die ewige Nacht. Über sein Herz hat sich nicht der schwarze Schleier gesenkt. Es ist rein wie das eines Neugeborenen. Reiner noch, als es vor seiner Wandlung war.“
„Wie kann das sein? Der Vampir macht sich die Seele des Menschen zu eigen, geht stets seinen dunklen Weg.“
„Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, als ich ihn schuf, war ich voller Liebe. Ich brachte es nicht über mich, ihn zu nehmen. Er schien mir zu zart. Er war mein Kind und wird es immer sein. Ich hielt ihn in den Armen wie ein Vater, hätschelte und koste ihn. Und dann holte ich ihn zu mir. Mehr tat ich nicht. Niemals.“
„Und er?“
„Liegt in meinen Armen. Ist immer da. Nimmt, was ich ihm gebe, ohne je zu fordern. Es ist, als habe der Vampir seine Seelenicht zerstört, sondern geläutert. Sein ganzes Sehnen gilt den Künsten, seine Liebe mir allein.“
Ich sah Tränen in Anakahns Augen schimmern. „Wenn er die Legende erfüllt, wird sein Wesen dahin sein. Nichts kann dann mehr sein, wie es war. Bist du dir darüber im Klaren, was du mir – ihm – damit antust?“
Das war ich, doch mir blieb keine Wahl.
Des Wahnsinns Trost ich fühl
Es zerriss Armand, doch er konnte nicht aufhören zu lachen.
Sein Körper krampfte sich zusammen. Die Versuchung wurde immer größer, nach draußen zu gehen, sich den geflügelten Dämonen zu stellen und sich von ihnen in Stücke reißen zu lassen, damit es endlich ein Ende fand.
War es Autosuggestion? Beherrschten diese Wesen seine Gedanken? Alles schien möglich in dieser Horrorwelt.
Plötzlich schoss ein Schatten an seinem Versteck vorbei. Erst dachte er, einer der Dämonen sei des Wartens überdrüssig geworden und habe sich entschlossen, ihn zu holen, doch das Grollen war viel tiefer als die seltsamen Laute, die der eine von sich gegeben hatte. Wieder bewegte sich der Schatten, Armand hörte ein Fauchen, ein Geräusch als ob Leder zerrissen wird und dann schrie jemand schrill auf. Hektisches Flügelschlagen erklang, aufgewirbelter Staub stieg ihm in die Augen. Stille setzte ein, er lauschte, kroch an den Ausgang seiner Zuflucht, um hinauszuspähen, und sprang dann jäh zurück, als etwas Großes auf ihn zu kam, das wie ein geflügelter schwarzer Panther aussah. Es kannte kein Zögern, sondern folgte ihm, baute sich vor ihm auf, die Augen leuchtende Smaragde in der Dunkelheit.
Da begriff Armand, dass es Welodan war, der einen der Dämonen als Beute geschlagen hatte und hinter sich her zog. In seinem Wahn hatte er sie wie ein Wesen wahrgenommen.
Blutgeruch stieg von dem frischen Leichnam auf, wehte ihm lockend um die Nase, weckte seinen Hunger. Armand zögerte nicht eine Sekunde, stürzte sich auf den Körper, achtete nicht darauf, dass die Klingen der Flügel ihm tiefe Schnitte beibrachten. Gierig schlürfte er das Blut aus der aufgerissenen Kehle, während Welodan sich neben ihm ausstreckte und schnurrte.
Das Dämonenblut schmeckte bitter, war viel kälter als das eines Menschen oder einer Ratte. Aber es nährte ihn, gab ihm Kraft. Er fühlte, wie es seinen Körper durchdrang, heilsamer als das der vielen grauen Nager. Es war dem seinen ähnlich, würdige Kost für seinen Blutdämon.
Schließlich sank er keuchend aber gesättigt auf den Boden zurück, von seinem Widersacher war nur eine trockene Hülle zurückgeblieben und die gefährlichen Flügelklingen.
Welodans wacher Blick ruhte auf ihm.
Er sah seinen Panther aus halbgeschlossenen Lidern an, versuchte zu ergründen, was das Tier ihm sagen wollte und bedauerte, dass ihre Fähigkeit, mit Worten zu kommunizieren, offenbar nicht von langer Dauer gewesen war. Doch auch so verstand er schnell, was die Katze meinte. Diese Flügel waren nicht ganz unnütz. Eine wirksame Waffe gegen die anderen vier dort draußen, die nun sicher noch wütender waren und begierig darauf, Armand zu töten.
Eine schmerzhafte Aufgabe, einzelne Klingen aus den Flügeln zu reißen, doch als er es geschafft hatte, stellte er fest, dass sie gut in
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