Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
klangen nicht so, als würde er uns nach London begleiten. Was konnte ich noch sagen, um ihn zu überzeugen? Hatte ich überhaupt das Recht, von ihm zu verlangen, dieses Opfer zu bringen?
Er musterte mich aufmerksam und mir fiel die Weisheit in seinen Augen auf. Tief in dieser blauen Iris lag eine Reife, ein Alter, das in starkem Kontrast zu der Jugend seines Körpers stand. Arante machte mir klar, dass auch Unsterbliche altern, auch wenn sich äußerlich nichts verändert. Doch unsere Seele kann sich nicht vor der Zeit schützen. Je jünger ein Mensch verwandelt wird, desto qualvoller muss es ihm erscheinen. Arante war sehr jung, Jenny noch jünger. Traf ich wirklich die richtige Entscheidung, auch für sie? Oder war der Tod nicht gnädiger, als ewig in einem Körper eingesperrt zu sein, der nicht erwachsen wurde, obwohl der Geist ein Stadium der Reife erlangte, das über alles erhaben war.
Arante lächelte, als wisse er von all den Fragen, die sich hinter meiner Stirn jagten.
„Du bist die Schicksalskriegerin, sagt mein Vater.“
Ich schluckte, weil mich schon wieder jemand so nannte und ich immer noch nicht wusste, was das eigentlich bedeutete.
„Vielleicht bin ich das. Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht mal, was genau ich dann bin.“
„Dann haben wir etwas gemeinsam“, stellte er fest. „Denn ich weiß auch nicht, ob ich der bin, für den du mich hältst. Aber ich glaube, wir müssen beide den Weg gehen, der uns bestimmt ist und dabei herausfinden, ob wir sind, wofür uns andere halten.“
Es dauerte eine Weile, bis ich begriff. Er kam mit nach London. Ich musste ihn nicht überzeugen, ihm nichts erklären, seine Entscheidung stand bereits fest.
Auf dem Weg nach Hause zitterte ich und wurde von Krämpfen geschüttelt. Sogar Saphyro zeigte Besorgnis darüber. Ich schob es auf die Anspannung und meine Sorge, ob unser Plan aufging und Arante Jenny helfen konnte.
Man hielt Jenny immer noch auf der Krankenstation fest, im wahrsten Sinne des Wortes. Ihr Zustand war schlimmer geworden, der Dämon nahm sie immer stärker in Besitz, darum hatte Franklin schweren Herzens zu drastischen Mitteln greifen müssen.
Es tat weh, sie so zu sehen. Mit Lederriemen an die Bahre gefesselt, damit sie sich selbst und anderen nichts antun konnte. Geknebelt, weil sie ununterbrochen geschrieen und Flüche ausgesprochen hatte, seit sie hier lag. Aus ihren Augen sprach der Wahnsinn und der abgrundtiefe Hass auf alles Lebende. Die feinen Äderchen in ihren Augäpfeln traten hervor, und so wirkte das Weiß beinah rot. Sie riss an ihren Fesseln, aber ihr fehlte inzwischen die Kraft. Nur die tiefroten Striemen zeugten davon, wie hart sie einige Tage gekämpft hatte. Steven verabreichte ihr eine starke Droge, um den Dämon in ihrem Leib zu lähmen. Sonst wäre sie mit ihren telekinetischen Fähigkeiten zu einer tödlichen Bedrohung für jeden geworden, der in ihre Nähe kam.
Arante näherte sich ihr ohne Angst. Er betrachtete sie aufmerksam. Als er die Hand ausstreckte, um ihr über die Stirn zu streicheln, bäumte sie sich abwehrend auf. Das nahm er zwar zur Kenntnis, legte seine Finger aber dennoch auf ihre erhitzte Haut.
Anakahn trat hinter seinen Sohn. Allein ihre Anwesenheit hier war ihm zuwider. Noch mehr, dass Arante die Unschuld seiner Seele für solch ein Geschöpf opfern sollte. Ich konnte ihm ansehen, dass er sie am liebsten getötet hätte, um dem ganzen Spuk ein Ende zu machen. Auch dann starb das Kind und die Pläne derer, die Darkworld öffnen wollten war durchkreuzt. Also, warum so viel Aufwand? Warum etwas opfern, wenn es nicht unbedingt nötig war? Ihm bedeutete Jenny nichts. Auch Arante hätte sie nichts zu bedeuten brauchen, aber so war es nicht. Ich sah Tränen in seinen Augen schimmern, er fühlte eine starke Verbindung zu Jenny, die allen anderen im Raum ebenfalls bewusst wurde. Auch seinem dunklen Vater, was ihn nur noch mehr den Mund verziehen ließ. Trotz oder gerade wegen dieser Verbindung unternahm Anakahn einen letzen Versuch, seinen Dunklen Sohn davon abzuhalten, dieses Opfer zu bringen.
„Du musst das nicht tun, mein Liebling. Wir können sofort wieder aufbrechen und heimkehren. Wir schulden denen hier nichts.“
Arante bedeutete mit einem Nicken, dass er seinen Vater gehört hatte und ich glaubte für einen Augenblick, dass er gehen und Jenny ihrem Schicksal überlassen würde.
„Ihr werdet ihr den Knebel aus dem Mund nehmen müssen“, sagte er leise. „Sonst kann sie nicht
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