Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
freie Wahl, ob sie ihrer Natur entsagte oder ihr nachging. Das war er ihr schuldig. Mon Dieu, wie blind war er gewesen, dass er so wenig über ihre Gefühle nachdachte? Weder vor noch nach ihrer Wandlung.
Er fühlte seine Kräfte schwinden. Wenn er noch lange wartete, konnte er nicht einmal mehr aufstehen und dann gab es ohnehin keine Möglichkeit, seinen Fehler wieder gut zu machen. Er musste kämpfen! All seine Konzentration richtete sich auf das eine Ziel, seinen Körper in den Schwebezustand zu bringen, der einem Vampir für gewöhnlich eigen war, den er innerhalb dieser Mauern jedoch völlig verloren zu haben schien. Seine Muskeln spannten sich an, Schweiß mischte sich mit dem Blut, rann über seinen Körper, brannte in den Wunden. Armand rechnete jeden Moment damit, dass seine Sehnen reißen würden, so heftig zerrten die vampirischen Kräfte an ihm, die einfach nicht gehorchen wollten. Doch dann fühlte er endlich, wie sich sein geschundener Leib von den Folterinstrumenten löste, er ignorierte das hässliche Geräusch, mit dem die Spitzen aus ihm heraus glitten. Blendete aus, wie einige brachen und stecken blieben, auch wenn die Muskelfasern an den Rändern der Wunden heftig zuckten, die Scherben noch tiefer in seinen Leib zogen und ihm einen erneuten Schüttelkrampf bescherten. Ihm war klar, wenn er nur eine Sekunde seine Gedanken schweifen ließ, konnte er sich nicht halten. Es war so schon kaum möglich. Die Atmung setzte automatisch wieder ein, weil die Anstrengung ihren Tribut forderte. Der gläserne Staub brannte sich heiß in seine Lungenflügel, schnitt sie innerlich entzwei, ließ einzelne Bläschen und Alveolen zerplatzten wie Ballons. Es zog an ihm wie ein zusätzliches Gewicht, das ihn wieder zu Boden reißen wollte.
Mel, dachte er und stöhnte gequält. Ich werde es schaffen. Für dich. Sein Knurren ließ die gesamte Ebene erzittern, ließ das Glas gleich einem geisterhaften Chor klingeln, der sein Trommelfell zerteilen wollte.
Und dann sah er den Ausgang. Gut fünf Meter über ihm fiel durch einen Torbogen diffuses Licht auf ihn herab. Mit einer letzten Anstrengung und dem Brüllen eines Löwen stieß er seinen zerschundenen Körper in die Höhe, entkam der Folterkammer aus Glas.
Das Erlebnis mit Mels sadistischem Vampirfreund unter der Dusche hatte bleibende Spuren an Warren hinterlassen. Er konnte sich kaum noch auf seine Arbeit konzentrieren, wo es doch so wichtig war, alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen und mit Jennys Schwangerschaft hatten sich diese vervielfältigt. Eine Sisyphusarbeit, die seinen Verstand forderte, aber er musste immerzu an den Geschmack des Blutes denken und daran, was es ausgelöst hatte. In der Nacht hatten ihn wilde Träume heimgesucht, voll verbotener Leidenschaft. Er hungerte wie ein Süchtiger danach, den kostbaren Nektar noch einmal zu trinken, sich an den Rausch zu verlieren, den er auslöste. Diesmal sogar ein bisschen mehr. Wenn er Dracon darum bat, gab er ihm vielleicht mehr davon.
Mit einem Mal konnte er Franklin viel besser verstehen, wenn er davon sprach, was ihn mit Armand verbunden und wie fest ihn dieses teuflische Elixier im Griff hatte. Auch, dass immer eine gewisse Anziehungskraft zwischen ihm und Mel bestand, obwohl sie Vater und Tochter waren. Das Blut machte alles anders. Er hätte sich nie vorstellen können, einen Mann zu begehren, aber jetzt wollte er nichts sehnlicher, als wieder in Dracons Armen zu liegen und sich ihm zu unterwerfen.
„Ach, die übertreiben alle maßlos mit ihren schöngeistigen Ausreden. Im Grunde wollen wir alle nur einen guten Fick.“
Er wirbelte herum, Dracon saß ausgestreckt auf seinem Bett, die langen Beine in den dunklen Velourslederhosen elegant übereinandergeschlagen und die Hände auf dem Bauch gefaltet. Er grinste Warren an und zwinkerte ihm zu. Im Halbdunkel des Raumes wirkte sein dunklerer Teint fast menschlich.
„Ich sehe schon Dampfwolken über deinem hübschen Kopf aufsteigen. Lass uns ein bisschen Entspannung suchen.“ Sein Blick versprach viel, die Art wie er seinen Kopf zur Seite neigte und sich mit der Zunge über die Lippen strich noch mehr. „Zieh dich aus“, verlangte er, ähnlich wie beim ersten Mal, und diesmal gehorchte Warren sofort. Er hatte Angst, wollte nicht noch ein gebrochenes Handgelenk. Aber er war auch begehrlich auf die Leidenschaft mit diesem Mann. Die Ekstase in seinen Armen.
Mit zitternden Fingern knöpfte er sein Hemd auf. Dracon beobachtete ihn dabei,
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