Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
Sein dunkler Sohn kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er so etwas respektierte und ihn daher niemals angreifen würde. Der Teufel sollte den Bastard holen. Ihn und seinen Lover.
Doch darum kümmerte er sich nicht. Sollten sie tun, was sie wollten, solange ihm beide nicht in die Quere kamen. Er wollte mehr über den PU herausfinden. Vor allem über dessen Kontakte und wie eng sie mit den Anschlägenverbunden waren. Da gab es inzwischen zu viele Ungereimtheiten.
Getarnt mit einem Kapuzenshirt, das absolut nicht seinem Stil entsprach, saß er in einer Ecke des Untergrundtreffpunktes und schirmte sein Wesen vor allen Gästen ab. Auch in den vergangenen drei Tagen hatte er dies an anderen Treffpunkten getan, um sich ein möglichst umfassendes Bild zu machen, was in diesen Kreisen geredet wurde. Eines konnte er inzwischen mit Sicherheit sagen: Der paranormale Untergrund im Allgemeinen war weder an Anschlägen auf Menschen noch auf PSI-Wesen interessiert. Es ging um Informationen und Austausch, Freundschaften und Bündnisse. Sie wehrten sich gemeinsam, wenn jemand von ihnen in die Enge getrieben wurde, gaben einander Halt und Schutz.
Was vor über einem Jahr durch Sylion und Kaliste angezettelt worden war, konnte man als Ausnahme bezeichnen. Die beiden hatten sich gezielt Handlanger ausgesucht, die eine extreme Einstellung vertraten. Vermutlich ausgewählt durch Spione, die nach solchen Exemplaren suchten. Im Untergrund war man hingegen froh, dass der Versuch fehlgeschlagen war, da die möglichen Auswirkungen auf der Hand lagen.
Die Anschläge wurden kritisch betrachtet. Es kursierten die unterschiedlichsten Vermutungen, wer dahintersteckte. Eine extreme Gruppierung, ein Amokläufer – beides aus den eigenen Reihen. Oder die Lux Sangui, die in letzter Zeit verstärkt in Aktion traten. Auch andere Menschen kamen infrage: Sekten, Magier, jeder, der sich mit Wesen wie ihnen auskannte. Es herrschten große Unruhe und Unsicherheit, aber auch ein umso größerer Zusammenhalt. Nach allem, was er hier hörte, wollte er nicht in der Haut eines Verräters stecken, denn auf Feinde in den eigenen Reihen war man besonders schlecht zu sprechen. Dabei ging es nicht um Leute wie Armand oder Mel, die freundschaftliche Kontakte zur Ashera pflegten, sondern um solche, die ihresgleichen bewusst schaden wollten um des eigenen Vorteils willen.
Insofern war auch – überraschenderweise – Kaliste ein Feindbild in diesen Kreisen. Und Cyron Gowl musste sehr vorsichtig sein, wenn er wieder Kontakte hierher knüpfen wollte. Seine Freunde waren rar gesät.
„Dass ich das noch erleben darf“, erklang eine leise Stimme und ein Schatten fiel auf ihn herab.
Lucien hob den Kopf und blickte in Saphyros schwarze Augen. Der Kindvampir war gekleidet und geschminkt wie ein moderner Gothic, verbarg sich aber nicht. Er grinste ob Luciens ungewohntem Aufzug, woraufhin er beleidigt den Mund verzog, Saphyro aber den Platz gegenüber anbot.
„Wenn es die Umstände erfordern.“
„Steht dir aber gut,
sadeki
“, scherzte Saphyro und gab dem Barkeeper ein Zeichen. Kurz darauf wurden zwei Drinks vor ihnen abgestellt, denen das Aroma nur leicht abgestandenen Schweineblutes entströmte. Lucien schob das Glas entschieden von sich. „Hab dich nicht so“, neckte sein Freund. „An Menschenblut kommt man schlecht ran.“
„Sie hätten es wenigstens mischen können. Ich würde auch ein paar Pfund mehr zahlen, wenn es erträglicher schmeckt.“
Saphyro scheute sich weniger und nahm einen Schluck. „Du gehst nicht oft in solche Clubs, das merkt man.“
„Du schon?“
Saphyro zuckte die Schultern. „Meine Kinder sind jung. Sie wollen etwas erleben. Und die ersten Ausflüge sind hier ungefährlicher, als sie direkt auf große Menschenmengen loszulassen. Außerdem kommt man nirgends leichter an Informationen. Deshalb bist du doch auch hier.“
Es störte Lucien nicht, dass Saphyro ihn durchschaute. Sie kannten einander so gut, dass alles andere ihn eher verwundert hätte.
„Ich habe viel gehört in den letzten Tagen, doch einen Reim kann ich mir noch immer nicht darauf machen.“ Was ihn ärgerte, da er es gewohnt war, immer alles unter Kontrolle zu haben.
„Denkst du auch mal darüber nach, dass dieser Sangui damit zu tun haben könnte, dem der Gestaltwandler entwischt ist?“
Ja, darüber hatte Lucien nachgedacht. Sogar als Allererstes, weil Blue kein Mann war, dem er traute. Aber schon die ersten Überlegungen zeigten, dass es
Weitere Kostenlose Bücher