Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
gewesen, um es nicht wenigstens zu versuchen. Da es keine Familie gab, sollte es ein Leichtes sein, ihn verschwinden zu lassen, sobald er ihn nicht mehr brauchte. Nachfragen waren nicht zu erwarten.
„Bewing“, rief er nach seinem Sekretär und warf ihm den Mantel entgegen.
„Sie sind schon zurück, Sir?“
„Offensichtlich, oder?“ Ihm fiel die Nervosität seines Lakaien auf. Was jemand wie er in ihren Reihen zu suchen hatte, blieb ihm schleierhaft. Das Einzige, was für ihn sprach, waren seine Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit, doch damit endete sein Nutzen. „Ich will die Auswertungen unserer Leute in Miami binnen fünf Minuten auf meinem Tisch haben. Jeden einzelnen Namen, den sie in den Datenbanken dieser Daywalkerin gefunden haben. Je mehr Ansatzpunkte wir haben, umso schneller können wir diesem Narrenspiel ein Ende machen.“
Bewings Mundwinkel verzogen sich nach unten und er blieb betreten stehen.
„Was ist los?“, schnauzte Rybing. Irgendwann verlor er noch mal die Geduld mit diesem unfähigen Tölpel.
„Sir, da gibt es Probleme.“
„Was für Probleme?“
„Die Daten, Sir.“
Rybing spürte, wie sich eine Zorneswoge in ihm zusammenballte. Er wusste im Vorhinein, dass ihm nicht gefallen würde, was Bewing ihm zu sagen hatte. „Jetzt lassen Sie sich nicht jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen, Mann. Was ist mit den Daten?“
„Es gibt keine mehr“, antwortete Bewing und es klang wie ein Seufzer.
„Was?“
Das konnte nur ein schlechter Scherz sein. Sie hatten die hauchdünne Spur dieses Hackers in ihrem Netzwerk mühsam zurückverfolgt und dafür Wochen gebraucht. Endlich waren sie auf die Daywalkerin gestoßen, deren Freundschaft mit Melissa bekannt war, seit sie sich einige Tage im Ashera-Haus in New York eingeschlossen hatten. Es war der Coup schlechthin, der all seine Probleme auf einen Schlag löste. Die Dateien, die Forbes und Tramp noch in der Wohnung gesichtet hatten, belegten einschlägige Kontakte zu einer Menge von Leuten aus dem PU einschließlich Melissa Ravenwood. Von den Informationen, die sie über ihre neueste Waffentechnologie und das Sicherheitssystem der Waffenkammer gespeichert hatte ganz zu schweigen. Gut, was das Sicherheitssystem anging, hatte Tramp nachgeholfen, um die Anschuldigungen glaubhafter zu machen. Doch jetzt sollte alles umsonst gewesen sein?
„Offenbar gab es eine Sicherheitsvorkehrung, die wir nicht bemerkt haben“, gab Bewing kleinlaut zu verstehen.
Donald wurde blass. Er konnte jetzt keinen Rückzieher mehr machen, denn die Nachrichten waren verschickt. Ein Glück, dass er nicht selbst vor Ort in Miami war. Nun konnte er die Schuld zumindest jemand anderem in die Schuhe schieben, wenn alle Beweise zum Teufel waren.
Die Daywalkerin hatte ihre Wohnung magnetisch abgesichert, sodass sämtliche Daten auf allen Geräten und Trägern unwiederbringlich gelöscht wurden, sobald man sie hinaustrug. Das Einzige was blieb waren die Hardware und ein paar Proben von Projektilen.
Sein Magen zog sich zusammen, wenn er daran dachte, die ersten Rückfragen des Orden-Präfektors beantworten zu müssen. Er würde nicht glücklich über diese Wendung sein. So wie das Blatt sich gewendet hatte, brauchte er Blue doch noch länger, egal ob er doppelt spielte oder nicht. Er hatte durch Cyron Gowl Kontakte zum Untergrund. Es wurde Zeit, dort ein paar Gerüchte zu streuen über die feine Miss Ravenwood.
„Sir?“, meldete sich Bewing zaghaft zu Wort, weil Donald immer noch vor Wut zitternd in der Eingangshalle stand und fieberhaft überlegte, wie er seinen Hals aus der Schlinge ziehen konnte.
„Halten Sie die Klappe, Bewing. Ich muss nachdenken.“ Und neu disponieren, dachte er. „Buchen Sie mir für heute Abend eine Verbindung zum Präfektor“, entschied er schließlich und ließ seinen verdatterten Sekretär in der Halle zurück, um sich in seinem Büro auf das bevorstehende Gespräch vorzubereiten.
Nach seiner Begegnung mit Kaliste vermied Warren es, noch einmal allein nach draußen zu gehen. Dracon begrüßte diese Wandlung, fragte nicht ein einziges Mal und genoss es sichtlich, dass sie einander wieder so nah waren wie in Rom. Er überhäufte Warren mit Aufmerksamkeit, gestaltete ihre Nächte abwechslungsreich in jeder Hinsicht undgab ihm das Gefühl, für ihn der Mittelpunkt der Welt zu sein.
Die Worte der Königin verblassten. Es waren eben doch nur Lügen, mit denen sie ihn hatte austricksen wollen, als er sich in einer melancholischen
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