Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
bis sie schließlich die Geduld verlor.
„Hör auf mit der Schleimerei. Was hast du für mich? Raus mit der Sprache.“
Das kleine Wesen stellte seine Beschwichtigungsbemühungen ein, nur seine roten Augen leuchteten weiterhin wachsam, weil es ihren Zorn schon oft zu spüren bekommen hatte.
„Ich habe eine überraschende Entdeckung gemacht.“
Kaliste antwortete nicht, sondern neigte nur den Kopf zum Zeichen, dass ihre Geduld schwand. Der Gef wich vorsichtig ein paar Schritte zurück.
„Der MI5-Agent, der in den Ashera-Orden eingetreten ist. Der, den Melissa Ravenwood verwandelt hat.“
„Ja?“ Ihr Interesse war geweckt. Zwar hatte der Kerl den Freitod gewählt, während Melissa Sylion vor dem Tor nach Darkworld ausgetrickst hatte, doch auch tote Vampire waren manchmal nützlich.
„Er lebt.“
Sie starrte ihren Spion ungläubig an. „Was hast du gesagt?“
„Der Agent. Er lebt.“
„Bist du sicher?“
Der Gef nickte eifrig.
„Wo?“
„Er ist in Rom. Zusammen mit Lord Luciens Sohn. Der mit den Schlangen.“
Sie lächelte eisig. Diese Information war in der Tat sehr interessant. „Was hast du noch für mich?“
„Euer Bruder hat den Kontakt zur Schicksalskriegerin wieder aufgenommen und sie eingeweiht. Er wartet nicht länger, meine Königin.“
Kalistes Wutschrei ließ den Fels erzittern. Nie hätte sie gedacht, dass Tizian das wagen würde. Er war der Geduldige, der Wartende. Jemand, der die Zeit für sich arbeiten ließ. Und jetzt arbeitete eben jene gegen sie.
Geweiht der Ewigkeit
„W o sind wir hier?“
„In Rom. Der Ewigen Stadt.“ Dracon lächelte zufrieden und wies aus dem Fenster. „Der Vatikan ist nur einen Katzensprung entfernt. Wenn du willst, können wir uns in den Petersdom schleichen. Dort hat Mel den Sapyrion plattgemacht. Ihn gelöscht. Na ja, ich gebe zu, Armand war auch daran beteiligt.“
Warren entging nicht der eifersüchtige Unterton in der Stimme seines dunklen Vaters. Er erweckte ein ähnliches Gefühl in ihm. Er wusste, dass Dracon viel für Melissa empfand. Trotzdem versetzte es ihm einen Stich, wenn er von ihr sprach.
Als Warren sie kennenlernte, wusste er noch nichts über Vampire, Werwölfe, Feen und Geister. Damals auf Gorlem Manor war sie nur eine Frau für ihn gewesen, die sowohl mit ihrer Erscheinung als auch mit ihrem Intellekt beeindruckte. Eine Verschwendung, dass sie für diesen Orden arbeitete und ihr Talent vergeudete, um nach Wesen zu forschen, die es gar nicht gab.
Sie hatte ihn eines Besseren belehrt. Sein Leben auf den Kopf gestellt und ihm eine Chance gewiesen. Im Erkennen, wie korrupt und verlogen die Behörde war, für die er arbeitete, stand sein Entschluss fest, das Angebot von Melissas Vater anzunehmen und ein PSI-Agent zu werden statt einer in den Diensten der britischen Krone.
Warren stellte sich neben Dracon und starrte zur Kuppel des Petersdoms hinüber, aber seine Gedanken waren weit weg.
Die Arbeit und die Bestätigung, die er von Franklin und anderen in der Ashera erfuhr, machten ihn stolz. Seine Gefühle für Melissa, die sich während ihrer Zusammenarbeit entwickelt hatten, veränderten sich. Er liebte sie nicht weniger, aber er verstand, dass sie einander niemals so nah sein würden, wie er es sich wünschte. Doch ihre Freundschaft wog mindestens ebenso schwer. Sie hatte ihn gewarnt, hatte ihn schützen wollen vor anderen ihrer Art. Sogar eine Phiole mit ihrem Blut sollte er tragen. Die war nun verschwunden. Zurückgeblieben an dem Ort, wo er den Aufgang der Sonne erwartet hatte. Ob Melissa sie trug? Oder diente sie nur als Zeichen seines Todes? Etwas, das sie beerdigen konnte, weil sonst nichts mehr von ihm geblieben war? Wenn sie wüsste.
„Du wirkst traurig, Warren. Sind die Erinnerungen noch stark?“ Dracon streichelte ihm liebevoll über den Rücken. Sein Blick zeigte Sorge.
„Es ist nichts“, wiegelte er ab und drehte sich weg. „Ich muss mich wohl erst daran gewöhnen.“
Sein Retter runzelte die Stirn. Er glaubte ihm kein Wort – zu Recht. Warren atmete tief durch und zwang sich ein Lächeln auf die Lippen. „Vielleicht sind es doch noch die Nachwehen. Ich glaube, kein Mensch kann sich vorstellen, welche Qualen damit verbunden sind, wenn fast der ganze Körper verbrannt ist.“ Es würde auch keiner überleben.
Dracon lachte freudlos, durchschaute den Ablenkungsversuch, ging aber dennoch darauf ein. „Nicht nur fast. Du warst kaum mehr als ein verkohlter Klumpen Fleisch in den ersten Tagen. Sei
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