Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
beiden lebt.“ Eben stand er noch am Fenster, jetzt direkt vor mir, legte seine Hand auf meine Schulter und sah mir eindringlich in die Augen. „Aber ich irre mich nicht.“
Sein Flüstern ließ mir einen Schauder über den Rücken laufen. Es knisterte im Raum und ich glaubte, die Temperatur sinken zu fühlen. An den Fenstern bildeten sich Eisblumen und Tizians Augen waren einen Herzschlag lang genauso kalt wie die seiner Schwester. Er küsste meine Stirn und der Zauber brach. Alles war wieder wie zuvor. Dennoch fuhr ich zusammen, als sich die Tür in meinem Rücken öffnete.
„Mel? Tizian?“
Ich drehte mich um, war mir bewusst, dass unser König noch immer seine Hand auf meiner Schulter ruhen ließ. Die widersprüchlichsten Gefühle huschten über das Gesicht meines Liebsten. Überraschung, Tizian in unserer Wohnung zu finden. Eifersucht und Zweifel, was er hier tat – was wir hier getan hatten. Und Leidenschaft, ein brennendes Begehren für unseren Urvater. Armand hatte sein Blut gekostet, und Tizian war unbestritten einer der schönsten Männer, die man sich vorstellen konnte.
„Es ist nicht so, wie du denkst!“
Der dämlichste Spruch, den man in solch einem Moment loslassen konnte. Aber mir fiel er natürlich ein. Armand glaubte mir kein Wort, wie seine hochgezogene Augenbraue verriet.
„Franklin hat mir ein paar Neuigkeiten für dich mitgegeben. Aber wenn ich gerade störe, kann ich auch erst noch eine Weile um die Häuser ziehen.“
„Nein, nein“, beeilte ich mich zu sagen. „Ich glaube, Tizian und ich haben alles geklärt, oder?“
Ich sah Tizian fragend an, bangte, was er antworten würde, aber zu meiner großen Erleichterung erklärte er, dass er sowieso gerade gehen wollte. An der Tür blieb er neben Armand stehen und legte seine Hand auf die Brust meines Liebsten. Irgendwie tat mir diese Geste weh, weil sie etwas so Inniges hatte. Ich fühlte mich ausgeschlossen, hatte den Eindruck, dass sie wortlos miteinander kommunizierten, und glaubte, Armand nicken zu sehen.
Nachdem Tizian fort war, kam Armand zu mir und küsste mich zärtlich auf den Mund. Es war ihm nicht im Mindesten anzumerken, dass er verärgert war. Wenn ich an die Eifersuchtsszenen wegen Dracon oder Warren zurückdachte, kam mir das trotz der entspannten Beziehung, die wir inzwischen führten, fremd vor.
„Wir haben uns Sorgen um dich gemacht.“
Seine grauen Augen suchten in meinem Gesicht nach etwas. Ich senkte schnell den Blick, weil ich fürchtete, was er sehen könnte und wie er darauf reagierte. „Sorgen? Warum das denn?“
„Wegen des Attentats. Franklin hat gestern davon erfahren.“
„Ach so, das. Tut mir leid, ich hätte mich melden sollen. Aber es war einfach so viel los hier.“
„Ich hoffe, du hast in meiner Abwesenheit keine Dummheiten angestellt“, neckte er mich. Die Zweideutigkeit indiesen Worten ließ mich schlucken. „Hat Steven wirklich Cyron gefunden?“
Ich atmete innerlich auf, dass er diesen Weg weiterverfolgte, und entspannte mich. „Ja, das hat er. Aber als ich ihn vom Treffpunkt aus verfolgt habe, ist mir dieser Sangui dazwischengekommen.“
„Gut!“
„Gut?“ Ich starrte ihn mit offenem Mund an. Immerhin hatte der Gestaltwandler sich für ihn ausgegeben, um mich auszutricksen und mir meinen Ring zu stehlen. Da durfte er ruhig ein wenig parteiischer sein.
„Die Lux Sangui erwarten, dass du dich zurückhältst. Sie liefern Cyron der Ashera aus, aber erst, wenn er ihnen geholfen hat, die Führung des PU zu infiltrieren.“
Himmel, jetzt redete er genauso wie Osira. War ich in einem schlechten Agentenfilm gelandet?
„Als ich damals beim Orden anfing, war ich weit entfernt, ihn mit FBI, KGB oder so was in der Art gleichzusetzen. Mittlerweile bin ich mir da nicht mehr sicher.“
Armand lachte und nahm mich liebevoll in die Arme. „Wenn du willst, können wir auch morgen darüber reden. Vielleicht hab ich bis dahin ein paar poetische Formulierungen zur Hand, die deine Laune bessern.“
Ich gab mich kämpferisch. „Ach? Und bis dahin?“
Er legte den Kopf schief und machte einen Schmollmund. „Bis dahin könnte ich deine Laune auf andere Art bessern, ma chère.“
Das klang vielversprechend. Ich schlang die Arme um seinen Hals und schmiegte mich an ihn. Neben Osira materialisierte sich auch Armands Panther Welodan auf der Ledergarnitur. Beide beäugten uns interessiert.
„Nicht!“, zischte ich. „Runter da. Eure Krallen ruinieren die Möbel.“
„Lass sie doch“,
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