Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
mich. „Kleine Planänderung. Sie war nötig.“
Er sah mich ernst an. „Du meinst doch nicht wegen Cyron? Mel, mach bitte keine Dummheiten.“
Ich musste lachen. „Dad, wir reden hier von einem Gestaltwandler, der mittels eines Komplotts die Welt ins Unglück stürzen wollte und du sagst mir, ich soll keine Dummheiten machen?“
„Weißt du, dass er hier ist?“
Überrascht hob ich die Brauen. Das war mir bis soeben in der Tat nicht bewusst gewesen.
Er räusperte sich, signalisierte mir, dass er vor seinem Gast nicht darüber reden wollte.
„Ich halte mich schon an die Absprache. Unsere Heimkehr hat andere Gründe.“
Er nickte und legte das Thema beiseite, während wir zu dem Fremden gingen. „Darf ich dir unseren neuen Mitarbeiter vorstellen, Mel“, sagte Franklin im Näherkommen. „Ash Templer. Er kommt aus dem Mutterhaus in Madrid und wird uns mit seinen Fähigkeiten unterstützen.“
Ich reichte dem Mann die Hand und er ergriff sie, ohne zu zögern.
„Die berühmte Melissa Ravenwood“, sagte er lächelnd und erhob sich von seinem Sessel. „Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen.“
Ich merkte ihm Nervosität an, obwohl er bemüht war, sie zu verbergen. Aber meine feinen Sinne nahmen den leichten Schweißgeruch wahr, hörten seinen beschleunigten Puls. Das hatte etwas Anziehendes. Er wusste, was ich war, das sagte mir die Art, wie er mich ansah. So nah kamen auch die Mitglieder der Ashera einem Vampir nicht oft.
„Ash hat das zweite Gesicht.“
Er errötete ein wenig. „Etwas, worin wir uns ähneln. Ich habe gehört, dass Sie ebenfalls über diese Begabung verfügen und sie schon häufiger erfolgreich für den Orden eingesetzt haben.“
Ich lachte über die Bewunderung in seiner Stimme, die nicht gespielt war. „Tun Sie nicht so, als sei ich eine Heilige, wir wissen beide, dass ich alles andere als das bin. Aber es stimmt, dass ich die mir zur Verfügung stehenden Gaben für die Ashera nutze.“
„Sie irren sich, Melissa, sie sind etwas Besonderes. Franklins lang vermisste Tochter. Und noch dazu das Kind der legendären Joanna Ravenwood. Es gibt kein Mutterhaus, in dem man nicht über Joanna spricht – und über ihre Tochter ebenso.“
Er sagte dies mit Respekt, aber auch Verlegenheit. Ashs Stimme besaß einen wunderschön weichen, spanischen Akzent. Ein dunkles, samtenes Timbre, dem ich stundenlang hätte zuhören mögen. Doch er war ein Mitglied derAshera. Franklin würde mich allein für den Gedanken umbringen, der sich unwillkürlich in mir weiterspann.
Behutsam erforschte ich Ashs Gedanken, als wir Platz nahmen. Er hatte tatsächlich das zweite Gesicht. Aber in den letzten Jahren war er ausschließlich im Innendienst für die Ashera tätig gewesen. Dabei erfolgten kaum Kontakte zu Wesen meiner Art; von Geistern, Dämonen, Werwölfen und Ähnlichem ganz zu schweigen. Vermutlich sagte ihm nicht mal der Paranormale Untergrund sonderlich viel, der in Spanien kaum bis gar nicht aktiv war. Das würde sich hier bald ändern. Armand und ich waren kaum in unserer Wohnung angekommen, als wir auch schon die ersten Aktivitäten spürten. Er noch mehr als ich; die Zeit in der Festung ohne Wiederkehr hatte ihn sensibilisiert. Darum nutzte er mein Treffen mit Franklin heute Abend, um sich in London umzuschauen, damit wir keine unangenehmen Überraschungen erlebten.
Ash erschien mir eher ein Theoretiker, der seine Kenntnisse vorrangig aus Büchern und Visionen bezog. Dies erklärte, warum er selbst für ein Mitglied des Ordens und mit dem Wissen um meine Natur nur verhalten auf meine Aura reagierte. „Sie haben noch nicht viel Erfahrung in der Praxis, nicht wahr?“
Mein Vater sog scharf die Luft ein. Natürlich fand er meine Offenheit unangemessen und unhöflich. Ash tat sich da leichter. Er schüttelte schmunzelnd den Kopf.
„Bedauerlicherweise nicht, wie ich gestehen muss. Auch das war ein Grund für mich, hierher versetzt zu werden.“
Es würde eine Weile dauern, bis er bereit für Missionen war. Vermutlich schickte Franklin ihn im Schnelldurchgang noch mal durch das Basisprogramm für Außeneinsätze. Der Ärmste tat mir jetzt schon leid.
„Wie lange ist es her, dass Sie auf einer Mission waren?“
„Mel!“ Mein Vater wurde nervös.
Auch Ash reagierte auf diese Frage nicht mehr so entspannt wie zuvor. „Einige Jahre“, antwortete er. „Zuletzt bin ich zusammen mit meiner Frau im Einsatz gewesen. Es war … ihre letzte Mission.“
Ich biss mir auf die Lippen. Diesmal
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