Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
Geruch nach Lust und Verlangen haftete an ihm. Sie brauchten sich nur zu berühren und es strömte aus seinen Poren. Gut, dass ihm dadurch nicht auffiel, dass Steven keinen eigenen Duft besaß. Trotzdem nahm er den Rat an, denn eine kalte Dusche schadete jetzt nicht. Er brauchte einen klaren Kopf für seine Schicht.
Der reinste Wahnsinn, sich ausgerechnet jetzt zu verlieben. In einen Menschen. Als hätten sie nicht genug Probleme. Aber so was ließ sich nun mal nicht steuern. Lucien fand seine Bedenken sicher albern. Sein Freund hatte die Stadt für ein paar Wochen verlassen. Es stimmte Steven nachdenklich, dass er zeitgleich mit Melissa aufgebrochen war. Für ihn lag auf der Hand, dass er ihr nach London folgen wollte, nur das Warum blieb unklar. Hoffentlich steckte nicht wieder irgendeine Teufelei dahinter. So eng ihre Freundschaft auch war, Steven hatte Lucien noch nie unterschätzt. Und für ein Unschuldslamm hielt er ihn keineswegs.
Thomas war fort, als er aus der Dusche kam. Während er sich abtrocknete, ging sein Pieper los. „Verdammt.“
Er schlüpfte in seine Hosen und warf den Kittel über. Zuknöpfen konnte er ihn auf dem Weg zum Behandlungsraum. Sein nackter Oberkörper verschaffte ihm einige schmachtende Blicke der Schwestern, die ihm auf dem Gang entgegenkamen. Auch Jessica, die mit den Aufnahmepapieren zu ihm stieß, pfiff anerkennend.
„Was haben wir?“ Er ignorierte ihr anzügliches Grinsen.
„Ein Problem. Da hat jemand einen In-Club übel aufgemischt.“
„Was?“ Wie sollten sie mehrere PSI-Wesen in der Notaufnahme behandeln?
„Bleib cool, Süßer. Ich hab alles im Griff. Das mit dem Pieper war ich. Hab an der Aufnahme Bescheid gesagt, dass wir rausfahren müssen. Entbindungsnotfall.“
Sie kicherte zufrieden und warf ihm den Schlüssel für eines der Ambulanzfahrzeuge zu.
„Schau nicht so“, kommentierte sie seine Fassungslosigkeit. „Mit deinem Motorrad kriegen wir nicht genug Verbandsmaterial transportiert.“
Die Kleine hatte was drauf, das musste er ihr lassen. Trotzdem pumpte Adrenalin durch seine Adern. Wenn sie aufflogen. Wenn etwas schiefging. Wenn jemand zufällig mitbekam, wo sie hinfuhren.
Doch das alles zählte nicht mehr, als sie zwanzig Minuten später am Ort des Anschlages eintrafen. Das Bat’s Inn war so offensichtlich, dass es schon wieder unverdächtig wirkte. Kein Treffpunkt für den PU, sondern exklusiv Vampiren und ihren sterblichen Gefährten vorbehalten. Lucien hatte das wohl auch für sein Leonardo’s geplant, aber dort fand sich bald ein breiteres Publikum ein, und da es ihnen allen nutzte, den PU im Auge zu behalten, hatte er es gewähren lassen.
Im Bat’s tauchten bestenfalls mal ein paar Zwerge auf und ab und zu ein Lycantrop. Hier war alles auf Bluttrinker ausgerichtet, von den Drinks bis zu den regelmäßigen Liveauftritten. Heute Abend wäre es für Jack, den Steven ebenfalls gut kannte, beinah der letzte Auftritt geworden. Bei ihrer Ankunft hatten der Barmann und die Gäste, die mit dem Schrecken davongekommen waren, bereits alle Verletzten in eine Ecke gebracht und die oberflächlichen Wunden mit Verbandsmull versorgt. Steven entdeckte Saphyro im hinteren Bereich; bei ihm waren Ramael, Jenny und Arante. Sie kümmerten sich um zwei sterbliche Frauen und ihren vampirischen Begleiter. Saphyro nickte ihm zu und Steven erwiderte stumm den Gruß.
„Die sind einfach hier reingestürmt. Haben den Laden in Einzelteile zerlegt“, polterte Svenson, der Chef des Bat’s Inn, los. Ein blonder Hüne, der aus Finnland umgesiedelt war – vor mehr als dreihundert Jahren.
„Die?“ Steven stutzte und holte ein paar Sachen aus seinem Arztkoffer. „Willst du sagen, es war kein Einzelkämpfer?“
Svenson verneinte. Und auch Jack, der sich von Jessica einen Streifschuss verbinden ließ und ihr dabei schöne Augen machte, bestätigte, dass eine ganze Horde im Bat’s Inn eingefallen war. Die Schilderungen glichen dem Typ aus dem Leonardo’s, aber hier sprach man von zehn Angreifern.
„Steven! Du wirst hier gebraucht!“
Jessica flirtete zwar über gelegentliche Blicke mit Jack, doch sie war zu professionell, um sich von ihrer Arbeit abbringen zu lassen. Geschickt schiente sie den Arm einer Vampirin und wies mit dem Kinn auf einen Zwerg, dem mehrere Geschosse in Arm und Schulter gedrungen waren.
Steven musste sein Gespräch mit Svenson und seinem Stargast des heutigen Abends auf später verschieben, aber er konnte nicht zurückfahren, ohne Genaueres
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