Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
Wesen wurde, als das er den Vampir immer noch sah. Obwohl er inzwischen durch mich gemerkt hatte, dass es nicht stimmte.
Er meinte es nicht böse und ich nahm es ihm nicht übel. Es war mehr Unschuld, Unwissenheit, die dazu führte. Aber auch das konnte gefährlich werden. Ich dachte daran, dass Dracon in der Nähe war und auch Lucien. Sie würden so etwas ohne Skrupel ausnutzen. Das wollte ich lieber verhindern.
Oh, er würde Lucien gefallen. Er hatte eine Schwäche für Männer, die aussahen wie Ash. Und leicht zu verführen waren. Für einen Moment war ich versucht, Ash zu zeigen, was geschehen würde, wenn er die Sache nicht ernst genug nahm. Mein Gesicht war nah an seinem. Er schluckte hart, als er das Flackern in meinen grünen Katzenaugen sah, das ein deutliches Zeichen für das Jagdfieber darstellte. Meine Fangzähne, die leicht hervortraten. Das Spiel stand kurz davor zu kippen, denn ich fühlte, wie mein Dämon erwachte. Ashs rascher Herzschlag und der Duft aus Erregung und Furcht reizten mich. Ich streckte schon die Hand nach ihm aus, wollte ihn festhalten, an mich ziehen und wenigstens einen Tropfen seines Lebenssaftes schmecken. Nur einen Schluck, und dabei sein Beben spüren, wenn er der Macht des Vampirs unterlag und sich nach mehr sehnte.
Osira stieß ein markerschütterndes Heulen aus, das jedem Schlossgespenst Ehre gemacht hätte. Ash fuhr zusammen, ich ballte meine Hand zur Faust, ohne ihn zu berühren, fauchte, dankte aber innerlich meiner Wölfin für ihr perfektes Timing.
Ich ließ Ash allein am Kamin zurück. Ich wollte nicht noch einmal für das Leid eines anderen verantwortlich sein. Bisher hatte mein dunkler Kuss nur Tod und Verderben gebracht. Von einer Sekunde zur anderen war ich aus seinen Augen entschwunden, zu unser beider Seelenheil.
Wie Risse im Asphalt
D racon hielt sich nicht für den sensibelsten Charakter, aber dass Warren seit ihrem Besuch in Gorlem Manor todunglücklich war, konnte man nicht übersehen. Er ärgerte sich inzwischen, dieses Treffen vorgeschlagen zu haben, aber er hatte gedacht, dass sein Schützling sich dort sicherer fühlen würde. Wer konnte ahnen, dass Franklin überreagierte?
Besonders schlimm war es für Warren, seit Mel noch einmal bei ihnen gewesen war. Ihr war deutlich anzumerken, dass die Situation sie belastete. Dennoch hatte sie unmissverständlich klar gemacht, dass Warren nicht nach Gorlem Manor zurückkehren durfte. Franklin würde ihn aufsuchen, wenn er so weit war.
Dracon konnte nicht in Warren hineinsehen und zu seinem eigenen Schrecken im Moment auch nicht hineinfühlen. Warren zog sich gänzlich zurück. Dafür hätte er Mel am liebsten den Hals umgedreht. Oder auch wieder nicht. Es war zum Verzweifeln. Er sehnte sich nach ihr, mehr denn je. Das Blut hatte sich inzwischen voll entfaltet, sie überirdisch schön werden lassen. Das Rot ihrer Haare hatte die Farben wilden Herbstlaubes angenommen. Ihr Mund wirkte wie eine reife Kirsche, deren Süße er fast schmecken konnte. Die Augen beherrschte nicht mehr allein der dunkle Smaragdton – nein, inzwischen opalisierten sie zwischen Grün, Gold und Blau. Atemberaubend!
Elfenbein war die Farbe der Königin Kaliste und sicher sehr beeindruckend. Doch Mel toppte dies mit einer Haut wie aus Sahne gegossen. Dracon fühlte sie unter seinen Fingern, wenn er nur daran dachte.
Sie war es, nach der er sich sehnte. Nicht Warren. Er war ein netter Zeitvertreib, ein Reiz gewesen. Aber er entsprach nicht seinen Vorstellungen von einem gleichwertigen Partner. Nach diesen Kriterien hatte er ihn auch nicht ausgesucht. Sexy, leicht zu formen und jemand, bei dem Mel nicht zögern würde, ihm ihr Blut zu geben, um sein Leben zu retten. Das hatte den Ausschlag gegeben, auch wenn er sich fragte, ob er seine Ansprüche nicht zu niedrig angesetzt hatte.
Dracon war noch nicht bereit, ihn ziehen zu lassen und aufzugeben. Herrje, er hatte nie jemanden ziehen lassen. Seine Gefährten waren alle tot. Auch Warren schwebte in dieser Gefahr, denn er widerte ihn mehr und mehr an, obwohl – oder gerade weil – Dracon sich darüber im Klaren war, dass er nichts anderes tat, als ihm einen Spiegel vorzuhalten.
Was er früher selbst geliebt und mit Freuden getan hatte, bereitete ihm jetzt Übelkeit. War er weich geworden? Vielleicht. Die Wahrheit war viel simpler. Melissa hatte sein Herz von dem Eis befreit, mit dem die Wandlung es eingesperrt hatte. Sein Plan, wenn er sie nicht haben konnte, mit Warren die Lücke zu
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