Ruf des Blutes 6 - Wolfspakt (German Edition)
aber angesichts der spitzen Zähne seines Doubles erübrigte sich die Frage wohl. Wortlos drehte sich der Sicherheitsmann um und verschwand in der Dunkelheit des Raumes.
„Und vergiss nicht, was ich dir über den Tüftler gesagt habe. Und Domeniko zu sagen, dass du das auch von mir hast“, rief er ihm hinterher. Dann hörte er nur noch die Flurtür zuschlagen. „Tse! Diese Grobmotoriker haben alle kein Benehmen.“
Es wachen vor des Todes Tür
S ehr gut! Der Besuch in den Hallen der Totengöttin Hel lohnte sich jedes Mal. Bei ihrer letzten Reise durch die Tore hatten sie die Unterwasserhöhlen betreten, in denen der Kopf der Midgardschlange ruhte. Der Leichtsinn, diesen Ort nicht bewachen zu lassen, da nur die Dolmenwächter hierhergelangen konnten, kam die Verantwortlichen teuer zu stehen. Aber vermutlich kümmerte es die längst nicht mehr, was aus der Menschheit wurde. Sein Blut hatte die Schlange wiedererweckt. Den Geruch würde sie nie vergessen. Domenikos Sicherheit, dass er vor ihrer Gier geschützt blieb. Kontrollieren konnte man sie nicht, aber das war auch nicht nötig. Wenn sie ihren Zweck erfüllt hatte, würde er schon einen Weg finden, sie loszuwerden. Bedauerlicherweise hatte sein Verbündeter unter den Dolmenwächtern ihm mitgeteilt, dass es kein Tor gab, das tief genug hinabführte, um Loki aufzusuchen – den Einzigen, der die Schlange zur Ruhe bringen konnte. Da war es schon zu spät gewesen und die Midgard bereits erwacht. Ein dummer Fehler, wie er häufig passierte, wenn man sich auf andere verließ. Doch jetzt war keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Irgendeine Lösung fand er. Daran zweifelte er keine Sekunde.
„Wir hätten kein zweites Mal hierherkommen dürfen“, zischte seine Begleiterin.
„Wenn du beim ersten Mal daran gedacht hättest, dass man die beiden Tore nur in einer Reihenfolge durchschreiten kann, wäre das auch nicht nötig gewesen. Mir ist es egal, wen ich zuerst befreie, aber ich brauche sie alle.“
Hel verbarg in ihren Hallen den Zugang zur Midgard-Höhle und der Eingang zu ihrem Reich wurde von zwei Hunden bewacht, hieß es. In Wahrheit waren es jedoch Wölfe. Auserkoren, am Ende der Welt die Toten zu verzehren – und die Gestirne. Ersteres taten sie bereits jetzt, Letzteres schob Domeniko in den Bereich der Mythen. Die Wächterin war der Meinung gewesen, dass sie an den beiden nicht vorbeikämen, weshalb sie den direkten Weg zur Midgard-Höhle gewählt hatte. Lächerlich angesichts der Tatsache, dass sie Artverwandte waren. Schlimmer als der Amarok und die Waheelas konnten die beiden kaum sein.
Domeniko warf einen Blick auf den Fluss, dem sie folgten. Statt Wasser führte er Blut, das angeblich von den Toten stammte, die von den beiden Höllenhunden verzehrt wurden. Der Geruch erstickte ihn fast. Die Hitze tat ihr Übriges, kochte den dunklen Sud, bis er Blasen warf. Es roch nach gekochtem Aas. Unerträglich für seine feine Nase. Das Flussbett war breit, demnach floss viel Blut, um einen solchen Strom zu nähren. Aber es wurde ja auch täglich gestorben. Das sagte wohl über den Appetit der beiden Wölfe nichts aus.
Er revidierte diese Ansicht augenblicklich, als sie den Eingang zu Hels Reich vor sich sahen. Der Amarok war riesig, aber gegen diese beiden wirkte er wie ein Schoßhund. Domeniko erlaubte sich, erleichtert zu sein, dass er den Amarok auf die Suche nach dem Fenriswolf geschickt hatte, denn der sollte diese beiden hier, zwei seiner Söhne, um das Dreifache überragen. Er schluckte. Hier durfte er sich seine Angst noch weniger anmerken lassen als in der Höhle der Antarktis. Doch er konnte nicht leugnen, dass er sich fürchtete.
„Noch können wir gehen“, erinnerte die Wächterin. „Wenn wir ihnen nicht zu nahe kommen, greifen sie uns auch nicht an.“
Domeniko fletschte die Zähne. „Du verstehst gar nichts. Ich brauche sie. Mein Plan kann nur funktionieren, wenn jedes Puzzle an seinem Platz sitzt.“
Entschlossen ging er auf die beiden zu. Der Kleinere – vermutlich Managarm – spitzte die Ohren und knurrte. Davon alarmiert wandte sich auch Garm zu ihm um. Seine Brust schimmerte dunkel von Blut, seine vier Augen glühten wie Hadesfeuer. Aus seinem Maul ragte ein Bein hervor, zwischen seinen Pfoten lag der kümmerliche Rest eines Menschen, den Mund noch im Todesschrei aufgerissen, doch die Augen bereits gebrochen. Der riesige Wolf ließ seine Kiefer schnappen, und die Schenkelknochen brachen wie Zahnstocher. Mit einem Happs
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