Ruf Des Dschungels
so begann der Drill.
Das »Training« wurde eine Zeit lang fortgesetzt, und einige Papua, die Indonesisch konnten, mussten eine vom Militär vorgefertigte Rede auswendig lernen, in der es sinngemäß hieß: »Wir gehören seit 1945 zu Indonesien und erkennen nur eine Republik, eine Staatsflagge und eine Regierung an – die von Indonesien.«
Bald war allen klar, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Denn wenn bei dem Wort »Papua« doch einmal jemand aufstand, wurde er getreten oder geschlagen, und die ganze Prozedur begann von vorn. Aber Wenda hatte eine starke Persönlichkeit und liebte sein Heimatland sehr. Er weigerte sich, bei der »Unterweisung« zu kooperieren und stand immer wieder beim Wort »Papua« auf.
Schließlich brachten ihn die Soldaten hinaus, warfen ihn an Händen und Füßen gefesselt in eine Zelle und setzten ihn eine Woche lang ohne Nahrung und Wasser in Einzelhaft gefangen.
Doch er war wild entschlossen, sich dem Druck dieser Fremden nicht zu beugen, und hielt an seiner Überzeugung fest. Die Abstimmung fand ohne ihn statt, man suchte einen anderen Papua als Ersatz für diesen »Rebellen«, wie sie ihn nannten. Drei Wochen lang blieb er im Gefängnis, bis die Wahl vorüber war.
Nach seiner Freilassung wollte er in sein Dorf zurückkehren, doch die Militärs ließen ihn nicht gehen. Ein weiteres Jahr lang hielten sie ihn fest, drillten und terrorisierten ihn und versuchten, ihn durch Gehirnwäsche so weit zu bringen, dass er sagte: »Ich bin Indonesier, ich bin stolz darauf, Indonesier zu sein.«
Irgendwann kooperierte er doch, weil er um sein Leben fürchtete und sich nach seiner Familie und seinem Dorf sehnte. Aber eine gewaltige Wut machte sich in ihm breit, der starke Drang nach Freiheit erfüllte sein ganzes Wesen.
Die Rückkehr in sein Dorf fiel sehr still aus, denn das ehemals friedvolle Leben seines Stammes war nun vom Terror beherrscht. In jedem Dorf war inzwischen ein Militärposten stationiert, und alle, die an der Abstimmung teilgenommen hatten, mussten sich einmal pro Woche dort melden. Man befahl ihnen, niemals über die Wahl zu sprechen oder darüber, was ihnen während ihrer Abwesenheit widerfahren war. Ihr Kommen und Gehen wurde überwacht und gegebenenfalls eingeschränkt, und selbst die Lage ihrer Gärten mussten sie dem Militär melden. Messer, Steinäxte und Buschmesser waren verboten und wurden ihnen auf der Stelle abgenommen, wenn man sie entdeckte.
Die Militärs verkündeten in allen Dörfern, die Einwohner seien nun nicht länger Papua, sondern Indonesier, und sollten das Wort Papua ebenso vergessen wie ihre Staatsflagge. Falls sie jemanden dabei ertappten, dass er das Wort Papua aussprach oder eine Flagge besaß, würden sie ihn auf der Stelle erschießen.
So begann eine düstere Zeit für diese kleine Nation aus zahllosen Stämmen, Kulturen und Völkern, deren Identität tief mit dem Land verwurzelt ist, das Jahrtausende lang das ihre gewesen war.
Die Situation beruhigte sich für einige Jahre, doch in den Herzen und Köpfen der Papua, die all die Grausamkeiten mit angesehen hatten, nahm ein Plan Gestalt an. In geheimen Treffen erzählten sie einander flüsternd, was ihnen selbst oder anderen aus ihrem Stamm angetan worden war. Denn öffentlich darüber zu sprechen war verboten, und die Todesstrafe hing wie eine ständige Drohung über ihrem täglichen Leben.
Aus diesem Flüstern entstand die Bewegung Freies Papua. Sie sandten Boten mit der Nachricht aus, dass die Wahl manipuliert worden sei, dass viele ermordet oder ins Gefängnis geworfen worden seien, die Widerstand geleistet hatten. Diese Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer vom Hochland bis an die Küste, in die Sümpfe und auf die umliegenden kleinen Inseln. Das Flüstern wuchs allmählich zu einer Stimme an und die Stimme zu einem Schrei, der gehört zu werden begann … ein Schrei nach Freiheit.
Im Jahr 1975 bekamen Wenda und seine Frau einen Sohn, den sie Benny Wenda nannten: Ein kleiner Junge, dem man seine Kindheit und seine Unschuld rauben würde. Ein Junge, der eines Tages als Mann in die Welt hinausgehen und die Botschaft, die als ein Flüstern begonnen hatte, über die Grenzen West-Papuas hinaustragen würde.
Artikel XXXIX :
Die unten genannten Bevollmächtigten, welche von ihrer jeweiligen Regierung zu diesem Zweck autorisiert wurden, haben als Zeugen vorliegendes Abkommen unterzeichnet.
Geschehen im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York am 15 . August 1962 , in drei
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