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Ruf Des Dschungels

Ruf Des Dschungels

Titel: Ruf Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kuegler
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schon tun, um die Situation der Flüchtlinge zu verbessern? Wen kümmert es überhaupt, was mit diesen Menschen passiert, die am anderen Ende der Welt vor sich hin vegetieren? Nach unseren Schätzungen gibt es etwa 10 000  Flüchtlinge aus West-Papua in Papua-Neuguinea, die weder als Flüchtlinge anerkannt werden noch zurück in ihre von Indonesien besetzte Heimat können.
    Und doch habe ich Menschen gefunden, die mir Mut machten. Menschen, die gewillt waren und sind, mit mir das Schicksal herauszufordern; die den Ehrgeiz haben, etwas zu bewirken.
     
    Zum Schluss möchte ich noch von einer Legende berichten, die Toni mir eines Nachts in einer aus Bambus und Palmenblättern gebauten Hütte erzählte. Wir saßen im warmen Licht einer Kerosinlampe, während wieder einmal ein Sturm über uns hinwegfegte, Blitze und Donner sich abwechselten und der Regen die Erde küsste. Die Legende vom Kuskuse-Stamm erzählt davon, wie Menschen lernten, Respekt vor den Lebewesen und der Natur zu entwickeln.
    Der Kuskus ist eigentlich ein Tier und gehört zur Familie der Kletterbeutler. Kuskuse leben meist in Bäumen und haben einen langen Schwanz, kleine Ohren, ein rundes Gesicht mit großen Augen und ein dickes Fell. Sie sind klein, zwischen 32 und 65  Zentimeter lang, und wiegen zwischen 1 und 6  Kilo. Sie ernähren sich von Pflanzen, Blüten, Insekten und kleinen Säugetieren.
    Die Kuskuse unserer Geschichte waren viel größer und lebten in Höhlen, vielleicht gab es sie nur im Märchen, vielleicht aber gab es sie auch wirklich, und sie sind inzwischen ausgestorben.
    Es war einmal ein Stamm, dessen Leibgericht Kuskus-Fleisch war. Die Eingeborenen jagten sie mit Eifer, genossen ihr zartes Fleisch und verarbeiteten ihr Fell zu Schmuck, den sie auf dem Kopf oder am Körper trugen.
    Eines Tages entdeckten sie das Versteck eines Kuskus, eine Höhle am Rande eines Berges. Voller Vorfreude zog der ganze Stamm los. Mit Gesang und Tänzen begaben sie sich zum Eingang der Höhle. Als sie ankamen, teilten sie sich in zwei Gruppen auf. Die einen blieben draußen und sammelten Holz, um ein großes Feuer zu machen, die andere Gruppe ging hinein, um die Kuskuse zu erlegen. Welch eine Aufregung, als sie Hunderte von Kuskusen entdeckten! Die Männer töteten mit ihren Pfeilen so viele Kuskuse, wie sie konnten, die Kinder und Frauen folgten ihnen, nahmen die getöteten Tiere und legten sie in aus Baumrinde gefertigte Netze. Sie drangen immer tiefer in die Höhle ein, und bald fanden die Frauen, sie hätten doch nun genug erlegt und könnten zurück zum Eingang gehen, wo ein großes Feuer darauf wartete, die Beute zu braten. Doch die Männer waren euphorisch, denn einen Kuskus in wilder Natur zu erlegen war schwierig, und hier in der Höhle waren sie einfache Beute.
    Plötzlich kamen sie zu einer Biegung, und als sie dieser folgten, war es so, als ob die Steinwände zurückwichen. Ein großer Raum öffnete sich vor ihnen. In der Mitte dieses Raumes befand sich ein Thron aus Stein, und auf diesem Thron saß ein riesiges Wesen, halb Mensch, halb Kuskus. Hinter diesem Doppelriesen versammelten sich Tausende von kleineren Kuskusen, um vor den Jägern Schutz zu suchen. Alle blieben wie angewurzelt stehen und starrten diese unglaubliche Kreatur an. In Kampfstellung erhoben sie ihre Pfeile und warteten darauf, dass das Wesen sie angreifen würde. Doch das Doppelwesen blieb sitzen und schaute die Gruppe von Männern, Frauen und Kindern nur an.
    »Komm«, sagte einer der Männer, »lass uns gehen, denn hier vor uns ist der König aller Kuskuse.«
    »Nein«, sagte ein anderer, »wir töten ihn, dann werden wir zu Helden, und alle Generationen danach werden uns bewundern und uns in Liedern und Tänzen verehren.«
    Ein Streit brach unter den Jägern aus, aber die Mehrheit war von Gier und Ruhm geblendet.
    Sie überstimmten die Vorsichtigen und griffen den Kuskuse-König an.
    Was dann geschah, erstaunte alle, denn der König der Kuskuse wehrte sich nicht. Als er von dem ersten Pfeil getroffen wurde, kam ein ohrenbetäubender Schrei aus seinem Mund, doch er bewegte sich nicht von seinem Steinthron. Dann traf ihn ein zweiter Pfeil, er aber rührte sich noch immer nicht von der Stelle. Wie besessen fingen die Männer an, einen Pfeil nach dem anderen auf ihn zu schießen. Seine Schreie füllten jeden Winkel des großen Raumes, doch er hielt seine Stellung, bis er blutüberströmt nach vorne fiel, vom Thron rollte und verschied. Die Jäger johlten, gratulierten

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