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Ruf Des Dschungels

Ruf Des Dschungels

Titel: Ruf Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kuegler
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künstlich schmeckenden Kekse bevorzugen.
     
    Nachdem ich meinen Gedanken nachgehangen war, schlief ich noch einmal ein, diesmal eingelullt von den sanften Klagegesängen, denn es hatte aufgehört zu regnen, und der beginnende Tag versprach sonnig und warm zu werden.
    Als ich wenige Stunden später wieder wach wurde, hörte ich, dass das Leben im Dorf schon in vollem Gange war. Ich stand auf und beschloss, zu Papa hinüberzugehen, um erst einmal zu duschen.
    Jetzt, bei Tageslicht, konnte ich das Dorf endlich richtig erkennen und sah mich neugierig um. Unter mir auf der rechten Seite befand sich Papas Haus, links davon stand ein von der Regierung errichtetes Gebäude, an dessen langer Seite sich eine große Veranda erstreckte. Der stellvertretende Gouverneur von West-Papua war von Papas Arbeit mit den Fayu derart beeindruckt, dass er dieses Haus gestiftet hatte, das als Schule dienen sollte. Doch es gab im Moment keinen Lehrer, da sich niemand fand, der auf die Bequemlichkeiten einer Stadt verzichten mochte, um im Dschungel zu leben und zu unterrichten. So wurde das Gebäude als Treffpunkt und Unterbringung für all diejenigen genutzt, die anlässlich unserer Anwesenheit zu Besuch kamen. Links davon sah ich Pak Hibiris Haus, und ein Stück weiter den Hügel hinauf standen weitere Fayu-Hütten.
    Auf dem Weg zu Papas Haus hörte ich plötzlich, wie jemand meinen Namen rief. Auf der langen Veranda der Schule saßen mehrere Frauen und winkten mir zu. Als ich einige vertraute Gesichter erkannte, musste ich lächeln und ging schnurstracks den Hügel hinunter auf die Gruppe zu, als Erstes auf Akaba, die Frau von Häuptling Kologwoi.
    Denn die strengen Regeln der Fayu geboten, dass ich ihr vor allen anderen meinen Respekt zollte.
    Sie umarmte mich heftig, und ihre Stimme überschlug sich fast vor Aufregung. Sofort umringten mich auch all die anderen Frauen und Kinder, um mich zu begrüßen, zu berühren und willkommen zu heißen. Sie zogen mich zu sich auf die Veranda, Akaba ließ sich gleich neben mir nieder, und in der nächsten Stunde berichtete sie mir ausführlich von sämtlichen Neuigkeiten. Leider verstand ich nicht alles, da ich nach all den Jahren doch viel von ihrer Sprache vergessen hatte. Dennoch konnte ich ihr so weit folgen, dass ich mitbekam, wer alles geheiratet und Nachwuchs bekommen hatte und wie all die Jungen und Mädchen hießen. Kam eines der Kinder während Akabas Bericht in unserer Nähe, so zog sie es zu sich herüber und stellte es vor mir auf wie eine Trophäe.
    Akaba war wirklich eine erstaunliche Frau; sie hatte etwa zehn Kinder geboren. Nicht alle hatten überlebt, denn die Kindersterblichkeit war bei den Fayu noch immer recht hoch. Aber im Vergleich zu früher sprangen deutlich mehr kleine Jungen und Mädchen um uns herum. Die meisten Paare hier hatten zwischen vier und sechs Kinder.
    Da entdeckte ich Kloru, der mit einigen Männern am anderen Ende der Veranda saß. Am liebsten wäre ich jetzt einfach zu ihm hinübergegangen und hätte ihm mein Beileid ausgesprochen. Doch er war älter als ich, und es war mir nicht erlaubt, mich ihm zu nähern, solange er mich nicht zu sich rief. Also blieb ich weiter im Kreise der Frauen und Kinder sitzen und ließ die vertraute Atmosphäre auf mich wirken.
    Mit Akaba auf der Veranda
    Auch diesmal überraschte es mich wieder, wie sehr sich die kleinen Kinder vor mir fürchteten. Sobald ich sie auch nur ansah, fingen sie an zu schreien und klammerten sich an ihre Mütter, die sich über die Reaktion ihrer Sprösslinge prächtig amüsierten. Ich hatte längst vergessen, wie sehr sich schon damals die Kleinen vor mir und meinen Geschwistern, den »farblosen Menschen«, wie sie uns nannten, geängstigt hatten. Die älteren Kinder hingegen waren wie gebannt und drängten sich so dicht um mich, dass sie mich fast erdrückten. Da sie bis zum heutigen Tag kaum weißen Menschen begegnet waren, betrachteten sie mich als wahres Abenteuer.
    Ein etwa elfjähriges Mädchen kam schüchtern auf uns zu. Sie trug ein gelbes T-Shirt und Shorts, und da sie an einem Hautpilz litt, war ihr Körper mit Pusteln und Schorf bedeckt. Als Akaba das Mädchen sah, rief sie es aufgeregt herbei und erklärte mir, die Kleine hieße Sophia-Bosa, benannt nach meiner Tochter. Ich konnte kaum glauben, wie groß das Mädchen geworden war. Papa hatte mir regelmäßig Fotos von ihr geschickt, denn es bedeutete für mich eine große Ehre und auch eine gewisse Verantwortung ihr gegenüber, dass sie

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