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Ruf Des Dschungels

Ruf Des Dschungels

Titel: Ruf Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kuegler
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Blick. In Sekundenschnelle war die kleine Gruppe außer Sichtweite.
    Am liebsten wäre ich Tuare nachgelaufen, hätte ihn in die Arme genommen und getröstet. Aber mit einem Mal fühlte ich mich wie eine Fremde und kam mir vor, als gehörte ich nicht länger in diese Welt. Die Tränen rannen mir über die Wangen, als mir bewusst wurde, dass ich zu lange weg gewesen war, dass ich damals gegangen und nicht zurückgekommen war, obwohl ich es versprochen hatte.
    Hatten wir uns nicht ewige Freundschaft geschworen? War Tuare in der Kindheit nicht mein Beschützer und Vertrauter gewesen?
    Ich hatte mein Versprechen gebrochen, und jetzt war ich eine Außenstehende, nur eine Erinnerung, die mit der Zeit verblassen würde. Hilflosigkeit überkam mich und dazu eine unbändige Wut auf mich selbst. Dass ich so viele Jahre in einer weit entfernten Welt verbracht hatte, mit der ich noch nicht mal zurechtgekommen war! Wie konnte ich für die Fayu denn noch von Nutzen sein?
    Fusai stellte sich neben mich und legte mir den Arm um die Schultern. Gemeinsam standen wir da und starrten auf die verlassene Dschungelbrücke.
    Irgendwann schob Papa mich ins Haus zurück. Stumm saßen wir um den Holztisch, während ich aus dem Fenster starrte und beobachtete, wie die Fliegen summend gegen den Fensterdraht flogen. Schließlich erzählte Papa mir die Geschichte von Tuare und Diro und wie ihre einst so gute Freundschaft zerbrochen war. Das enge Band zwischen zwei jungen Männern, zerrissen für immer durch die Welt da draußen.
    Tuare und Diro waren ausgewählt worden, in Jayapura weiter zur Schule zu gehen, um ihre indonesischen Sprachkenntnisse und andere Fächer wie Mathematik zu verbessern. Sie waren überdurchschnittlich intelligent. Während ihres Aufenthalts in der Hauptstadt wurden sie die besten Freunde, Diro übernahm die Rolle des Anführers, während Tuare sich seinem Einfluss beugte. Sie bekamen ausgezeichnete Noten und erkundeten zum ersten Mal eine große Stadt. Nach einer Weile kehrten sie ins Dorf zu ihren Frauen und Kindern zurück.
    Nach mehreren Monaten beschlossen sie, wieder nach Jayapura zu gehen, der Reiz des modernen Lebens lockte sie wohl zu sehr. Da es keinen Flug in die Hauptstadt gab, liefen sie durch den Dschungel nach Nabire, der nächstgelegenen Küstenstadt, um von dort mit dem Schiff weiterzureisen. Die Wanderung durch den Dschungel war lang und beschwerlich, doch mit der von den Abholzungsfirmen kürzlich errichteten Lehmstraße immerhin machbar. In Nabire angekommen, fanden sie bald ein Schiff, das sie nach Jayapura brachte.
    Während der Überfahrt machte sich eine Prostituierte an die beiden heran. Wie sie das nötige Geld dafür aufbrachten, wissen wir nicht.
    Einige Wochen später kehrten Diro und Tuare ins Dorf der Fayu zurück. Von dem Tag an begann die Freundschaft der beiden Männer allmählich zu bröckeln. Diro zettelte immer wieder Streit unter den Stammesangehörigen an und rief mehrfach zur Rebellion gegen die Ältesten auf. Tuare verurteilte das, zog sich mehr und mehr von seinem ehemals besten Freund zurück.
    Diro ärgerte sich sehr darüber, und aus Rache schlief er irgendwann mit Doriso-Bosa, Tuares Frau. Als dieser davon erfuhr, war er außer sich vor Wut und sagte den Ältesten, er werde seine Frau verlassen und wolle nichts mehr mit ihr zu tun haben. Doch dann änderte er seine Meinung, warum auch immer, und beschloss, bei seiner Familie zu bleiben.
    Vor kurzer Zeit kam dann Diro zu Papa und sagte ihm, er sei krank, eine weiße Flüssigkeit fließe aus seinem Penis. Bald darauf klagte Tuare über die gleichen Beschwerden. Schließlich kam heraus, dass die beiden sich bei der Prostituierten angesteckt und inzwischen auch schon ihre Frauen infiziert hatten. Tuare und Diro beschuldigten sich gegenseitig, und einer schob dem anderen die Verantwortung in die Schuhe.
    Die Situation zwischen ihnen spitzte sich derart zu, dass sie sich schließlich ganz aus dem Weg gingen. Doch als Papa und ich ankamen, wollten sie uns beide sehen. Ein paar Tage lang ging alles glatt, aber dann warf Diro seinem ehemaligen Freund vor, den Stamm gegen ihn aufzuwiegeln. Er drohte, Tuare umzubringen, und schon riss die Wunde wieder auf.
    Für eine Gesellschaft wie die der Fayu hatte dieses Verhalten gravierende Auswirkungen. Sollte Diro Tuare tatsächlich verletzen oder gar töten, würden dessen Brüder sofort Rache üben und ihrerseits entweder Diro oder jemanden aus seiner Familie umbringen. Diese würde sich

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