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Ruf ins Jenseits

Ruf ins Jenseits

Titel: Ruf ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harwood
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Benommen ging ich durch die Bibliothek und das Arbeitszimmer und stieg die Haupttreppe hinab, entriegelte die Tür, schloss auf und trat aus dem Haus.
    Es hatte weitgehend aufgehört zu regnen. Mein Pferd wartete geduldig mit hängendem Kopf. Der Gedanke, Roper gegenüberzutreten, war unerträglich. Ich wollte nur nach Hause und mich am Kamin verkriechen, bis es Zeit war, schlafen zu gehen, und nie wieder aufwachen. Ich griff in die Seitentasche meines Mantels und zog die Pistole heraus – eine Derringer, höchstens fünf Zoll lang, mit nur einem Lauf –
aber ’s ist genug, ’s wird seinen Zweck erfüllen.
Ich zog den Abzugshahn, erhob die Pistole, immer noch ohne jegliche Intention, presste die kalte Mündung an meine Schläfe und fragte mich mit einer Art distanzierter Neugier, was für ein Gefühl es wohl wäre. Die Bewegung ließ mich eines Drucks gegen meine Brust gewahr werden: die Ecke des Päckchens in meiner Innentasche.
    Mein Bewusstsein kehrte wieder. Ich senkte die Pistole, wollte den Hahn wieder lösen, aber meine Hand wurde von einem krampfartigen Zittern erfasst. Die Pistole bewegte sich in meiner Hand wie etwas Lebendiges; zu meinen Füßen spritzte schmutziges Wasser auf, mein Pferd hob alarmiert den Kopf beim Echo des Knalls auf der Lichtung.
    Ich zitterte noch heftiger, steckte die Pistole weg und zog das Päckchen heraus. An Mr   Jabez Veitch   … Aber was, wenn Magnus ihm mitteilte,
warum
er mir die Verwaltung entzog? Ich trat in den Schutz des Portikus und brach das Siegel.
    In dem Umschlag waren ein kleines blaues Notizbuch und ein Brief in Magnus’ Handschrift, der letzte Teil voller Tintenkleckse.
     
    Wraxford Hall
    30.   September 1868
     
    Mein lieber Veitch,
     
    ich bin allein in Wraxford Hall – alle Hausangestellten sind vor einer Stunde gegangen. Sie werden von dem Verschwinden meiner Ehefrau hören, lange bevor Sie dies erreicht. Ich fürchte, sie hat ein entsetzliches Verbrechen begangen, vielleicht sogar mehrere – und ich muss mich besinnen, was ich tun soll.
    Ich habe dieses Tagebuch im Zimmer meiner Ehefrau gefunden, nachdem wir heute Morgen die Tür aufgebrochen hatten. Es ist Beweis dafür, fürchte ich, dass sie nicht mehr bei Sinnen ist, wie Sie aus ihrer entsetzlichen Feindseligkeit gegen mich, der ich immer bestrebt war, sie vor der Irrenanstalt zu bewahren, erkennen können. Ich gestehe, ich habe Mrs   Bryants Geld in Diamanten verwandelt in der Hoffnung, Eleanors Liebe zu gewinnen – ich habe gerade festgestellt, dass die Diamanten nicht in der Schublade sind, in der ich sie letzte Nacht gelassen hatte. Und wie ich erst gestern erfuhr, hatte meine Ehefrau eine heimliche Sympathie für John Montague, dem ich, wie Sie wissen, bislang bedingungslos vertraute. Ich habe ihm umgehend die Verwaltung des Testaments entzogen, als er die Unverfrorenheit hatte, heute Nachmittag hier zu erscheinen. Sie müssten die Papiere &ct von ihm diese Woche erhalten, es sei denn, er hat bereits mit ihr die Flucht ergriffen.
    Ob Montague bei dem Diebstahl oder auch beim Tod von Mrs   Bryant seine Hände mit im Spiel hatte – an dem meine Frau vermutlich nicht unschuldig ist   –, weiß ich nicht, aber ich fürchte, dass meine Tochter bereits tot ist.
     
    Jemand geht im Flur oben umher.
    In Eile: Ich habe gerade eine Frau im oberen Teil des Korridors gesehen. Das Licht war schlecht, aber ich bin mir sicher, dass es meine Frau war – sie hielt eine Pistole in der Hand. Ich dachte, sie wolle schießen, aber sie verschwand in der Dunkelheit.
     
    Es wird schnell dunkel. Ich werde dieses Päckchen verstecken und dann versuchen sie zu finden – vielleicht hört sie auf die Stimme der Vernunft.
     
    Ihr MW
     
    Ich erinnere mich daran, dass ich, während ich den Brief in das Päckchen zurückschob, nüchtern dachte, dass ich alles in der Hand hielt, was mich zu einem Helfershelfer bei dem Mord an Magnus machte, für den ich vermutlich zusammen mit Nell gehängt werden könnte.
     
    ∗∗∗
     
    Ich erreichte Woodbridge bei Einbruch der Dunkelheit. Ich war so benommen, dass ich noch nicht einmal auf die Idee kam, das Päckchen zu verstecken, ganz zu schweigen, es zu verbrennen. Ich hatte es nach wie vor in der Tasche, als ich wie ein Mann, der zum Schafott geht, die Stufen zum Polizeirevier hinaufstieg. Roper war noch in seinem Büro. Er empfing mich mit größtem Mitgefühl, und es kam ihm offensichtlich nicht in den Sinn, an meiner Geschichte zu zweifeln. Ich übergab ihm die

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