Ruf ins Jenseits
und Pfirsichhainen stand. Arthurs Vater, weißhaarig, liebenswert, rotwangig, hätte direkt einem Gemälde von Birket Foster entsprungen sein können (obgleich ich das damals nicht so sah); wie auch seine Mutter, eine heitere, schlanke, feingliedrige Frau – es war offensichtlich, woher Arthur seine Statur hatte. Sie war immer im Garten zu finden, wenn nicht gerade anderes ihrer Aufmerksamkeit bedurfte. Und dann war da Phoebe. Sie war schön, ja, mit dem klassischen Profil und der schlanken Figur ihrer Mutter. Ihr kräftiges, glänzendes Haar hatte die Farbe von dunklem Honig, und ihre Augen waren nussbraun, die Augenlider immer leicht gesenkt, wobei sie nichts Kokettes an sich hatte. Doch es war ihre Stimme, die mich zuallererst bezauberte: leise, sonor, als hätte sie ihre eigene Tonart, einen singenden Unterton, der die banalste Bemerkung voller Emotionen erscheinen ließ.
Meine Liebe zu Phoebe wurde erwidert. Schon bald hatte ich ihr Versprechen, wobei die Umsetzung unserer Heiratspläne etwas mehr Zeit in Anspruch nahm. Ich ließ jeden Gedanken daran fallen, in einer Dachkammer zu leben und zu hungern, und widmete mich ganz der Rechtsprechung in dem Wissen, dass wir umso schneller heiraten könnten, jeschneller ich meine Referendariatsprüfung ablegte. Außer der quälenden Sehnsucht, unter der ich – getrennt von ihr – litt, schwankend zwischen Anfällen von Hochstimmung und der Angst, sie könne sich anders entscheiden, war die dunkle Wolke am Horizont die Frage, wo wir leben würden. Ich machte mein Referendariat bei meinem Vater in Aldeburgh. Seiner Kanzlei den Rücken zu kehren hätte ihm das Herz brechen und zum Zerwürfnis zwischen uns führen können. Aber bei ihm zu bleiben bedeutete, Phoebe von allem, woran sie am meisten hing, zu trennen. Sie und mein Vater versuchten meinetwegen, einander zu mögen, aber sie fanden keinen rechten Zugang zueinander. Auch wusste ich, dass Phoebe unser Haus, ein einfach möbliertes Häuschen mit Blick auf den Strand, windschief und öde fand.
Schließlich kamen wir zu einem nicht wirklich glücklichen Kompromiss: Wir würden in Aldeburgh leben, aber in einem eigenen Haus, irgendwo entfernt vom Rauschen der Wellen, das Phoebe, wie sie zögernd zugab, melancholisch und bedrückend fand. Mehr als einmal hörte ich sie – halb unbewusst – murmeln: «Brich, brich, brich, an deinen Steinen, grau und kalt, o Meer …» Wir würden so viel Zeit wie möglich, so viel wie die Verpflichtungen in der Kanzlei erlaubten, in Orchard House verbringen.
Nach drei langen Jahren heirateten wir, im Frühjahr 1859. Ich war gerade dreiundzwanzig Jahre alt, Phoebe ein Jahr jünger. Einen Teil unserer Flitterwochen verbrachten wir in Devon. Ich wäre gerne mit ihr nach Rom gefahren, aber ihre Familie fürchtete eine solche Reise wegen der Gefahr von Krankheiten. Diese Tage und Nächte mit ihr allein schienen mir zu dieser Zeit die glücklichsten meines Lebens zu sein; aber nach vierzehn Tagen verzehrte sie sich in Sehnsucht nach Orchard House, woraufhin wir zurückkehrten, sehr zur Freude ihrer Familie, bis die Zeit für uns kam, unser Leben in Aldeburgh zu beginnen.
Ich hatte ein Häuschen an einem malerischen Flecken an der Aldringham Road gemietet, etwa ein Meile vom Haus meines Vaters und ein gutes Stück vom Klang der Wellen, die sich auf dem Kieselstrand brachen, entfernt, ziemlich abgeschieden. Ich ließ Phoebe in der Gesellschaft der Haushälterin zurück, einer liebenswerten, aber nicht sehr gesprächigen Frau. Wenige Wochen nach unserer Ankunft stellte sich heraus, dass Phoebe schwanger war, eine Freude, die jedoch von ihrem wachsenden Heimweh, das sie vergeblich zu verbergen suchte, getrübt wurde. Arthur kam zu Besuch. Eine Erleichterung einerseits, aber sein Besuch warf auch einen Schatten, machte er doch kein Hehl daraus, dass er mich grausam fand, weil ich Phoebe von ihrer Familie fernhielt. Und so beschlossen wir, dass sie die letzten Monate vor der Entbindung in Orchard House verbringen sollte, ohne jede Ahnung davon, dass dies die letzten Monate ihres Lebens sein würden. Ich gab das Häuschen auf und kehrte zu meinem Vater zurück, fest entschlossen, seine Kanzlei zu verlassen und eine Anstellung in Aylesbury zu suchen, sobald das Kind geboren wäre. Aber mein Vater freute sich so sehr, dass ich wieder zu Hause war, dass ich es nicht über mich brachte, ihm meine Pläne mitzuteilen. Das war der Stand der Dinge, als ich eines Abends im Winter ein Telegramm aus
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