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Ruf ins Jenseits

Ruf ins Jenseits

Titel: Ruf ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harwood
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Leben meiner Eltern vor ihrer Hochzeit – ich wusste noch nicht einmal, wo sie sichkennengelernt hatten   –, die Einkommensquelle meines Vaters und ob ich irgendwelche Erinnerungen an die Zeit hatte, bevor wir nach London gezogen waren.
    «Keinerlei, Sir. Da bin ich mir sicher.»
    «Ja natürlich   … Lassen Sie mich gleich sagen, Miss Langton, dass das Vermächtnis bliebe, wie es ist, selbst wenn Ihr Verdacht bewiesen wäre. Sie sind die rechtmäßige Tochter Ihrer Mutter, und mehr brauchen wir nicht. Und außerdem   …»
    «Mr   Montague», warf ich ein, als er nicht sofort fortfuhr. «Sie hatten etwas von einer Ähnlichkeit gesagt und angedeutet – wenigstens erspürt das mein Herz   –, dass Sie etwas wissen, das meine Vermutungen über meine Herkunft betrifft. Wollen Sie mir nicht davon erzählen?»
    Er schwieg, als wäre er in einem inneren Zwiespalt gefangen, während er mich anblickte, sah ins Feuer und dann wieder zu mir. Fahles Licht fiel durchs Fenster herein; die Scheibe war tränendurchfurcht von Kondenswasser.
    «Miss Langton», sagte er schließlich, «ich versichere Ihnen, dass ich nichts von Ihrer Geschichte weiß außer dem, was Sie mir gerade erzählt haben. Was Sie erahnen – das sind nur meine wildesten Phantasien. Nein, der beste Rat, den ich Ihnen geben kann, ist, das Anwesen zu verkaufen, ungesehen. Genießen Sie, was immer es Ihnen an Reichtum bringen wird, und lassen Sie den Namen Wraxford aus Ihrer Erinnerung verschwinden.»
    «Aber wie kann ich das tun», insistierte ich, ermutigt durch sein Zögern, «wenn Sie mir nicht sagen, was Sie vermuten – oder wem ich Ihrer Meinung nach ähnlich sehe?»
    Das schien ihn mehr zu treffen, als ich erwartet hätte, und er vertiefte sich wieder in den Anblick der Flammen.
    «Ich gestehe, Miss Langton», sagte er schließlich, «ich weiß nicht, wie ich Ihnen antworten soll. Sie müssen mir Zeit zum Nachdenken geben. Ich werde Ihnen innerhalb der nächsten Woche schreiben.» Bald darauf ging er fort.
     
    Mein Onkel war natürlich erstaunt über die Neuigkeit, aber der Name Wraxford sagte ihm nichts, außer vagen Erinnerungen an ein lange zurückliegendes Verbrechen oder einen Skandal. Das Wetter blieb unerbittlich, sodass die Straßen von gefrorenem Schneematsch überzogen waren. Die Stunden schleppten sich in einem endlosen Kreis von Spekulationen dahin, bis am vierten Morgen nach Mr   Montagues Besuch ein fest verschnürtes Päckchen per Einschreiben für mich ankam. Es enthielt ein weiteres Päckchen, ebenfalls versiegelt, einen kurzen Brief und einen Stammbaum der Familie Wraxford, der in einer feinen Handschrift gezeichnet war.
     
    20.   Januar 1889
     
    Sehr geehrte Miss Langton,
    Sie haben mir Ihr Geheimnis anvertraut, und ich habe beschlossen, Ihnen das meine anzuvertrauen. Ich habe dieses Päckchen vor etwa zwanzig Jahren versiegelt und es seither nicht wieder geöffnet. Wie Sie sehen werden, lege ich meinen Ruf in Ihre Hände, aber ich gebe zu, dass mir daran nicht mehr viel liegt. Meine Gesundheit schwindet; ich werde bald in den Ruhestand treten, und wenn irgendjemand ein Recht auf diese Papiere hat, dann sind Sie es. Wenn Sie sie lesen, werden Sie verstehen, warum ich Ihnen sage: Verkaufen Sie das Herrenhaus ungesehen; brennen Sie es nieder und pflügen Sie die Erde mit Salz, wenn Sie wollen, aber Sie dürfen niemals dort wohnen.
    Ihr ergebener
    John Montague

Zweiter Teil
John Montagues Erzählung
    30.   Dezember 1870
    Ich habe mich schließlich dazu entschlossen, alles aufzuschreiben, was ich von den merkwürdigen und schrecklichen Ereignissen in Wraxford Hall weiß, in der Hoffnung, so mein Gewissen zu beruhigen, das mir bislang keinen Frieden hat gewähren wollen. Die Nacht ist gerade recht für eine solche Entscheidung, bitterlich kalt, und der Wind heult um das Haus, als würde er sich niemals wieder legen. Einem Berg gleich steht das vor mir, was ich von meiner Geschichte offenlegen muss. Aber wenn je jemand verstehen soll, warum ich so handelte, wie ich es tat – und was sonst könnte hinter diesem Versuch der Niederschrift stehen?   –, darf ich nichts Relevantes auslassen, ungeachtet aller Qual. Danach, darauf vertraue ich, wird mir leichter sein in dem Wissen, dass, sollte der Fall nach meinem Ableben doch noch einmal eröffnet werden, dieser Bericht dazu beitragen wird, die Wahrheit um Wraxford aufzudecken.
     
    Erstmals traf ich Magnus Wraxford im Frühling des Jahres 1866 – mein dreißigstes Jahr – in

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