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Ruf ins Jenseits

Ruf ins Jenseits

Titel: Ruf ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harwood
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tiefen Trance.»
    «Und – meinen Sie, dass ich geheilt bin?»
    «Ich kann es leider nicht garantieren. Aber ja, ich bin ziemlich optimistisch. Und Sie wissen ja, dass ich Ihnen jederzeit zur Verfügung stehe.»
    Es war eigenartig, wie er sich verändert hatte. Er schien sanfter, weniger furchteinflößend. Er beugte sich zu mir. Wir saßen einander gegenüber, nur zwei Fuß voneinander entfernt, und für einen Moment dachte ich, er wolle mich küssen, bis ich sah, dass er nur die Goldmünze an sich nahm. Ich erschrak, dann war ich entsetzt. Unmöglich konnte ich
gewollt
haben, dass er mich küsste, wo Edward keine vier Monate tot war?
    Magnus, wie ich mittlerweile an ihn dachte, kam auf Georges Einladung an diesem Abend zum Essen. Er war ausgesprochen charmant. Themen wie Geisterbeschwörung oder Séancen wurden ausgespart, wir sprachen nur von Büchern und Gemälden, liebevollen Erinnerungen an Edward, und erstmals seit seinem Tod spürte ich beinahe einen Frieden – und war zugleich ein bisschen verunsichert darüber, dass ich so fühlte. Für Magnus war die Rückkehr nach London offenbar dringlich, und ich war – aus Gründen, denen ich lieber nicht allzugenau auf den Grund gehen wollte – erleichtert, dass George ihn nicht dazu einlud, seine verbleibende Zeit in Chalford bei uns zu verbringen.
    Als ich am nächsten Morgen erwachte, schien zum ersten Mal seit Wochen die Sonne durch mein Zimmerfenster. Es war einer dieser seltenen, stillen Januartage, an denen die Welt für wenige Stunden in gleißendes Licht getaucht ist und man zu glauben geneigt ist, dass es nie wieder regnen könne. Der gewohnte Schmerz des Erwachens setzte auch diesen Morgen ein, aber mein Kummer hatte seine bohrende und schneidende Heftigkeit verloren, oder vielmehr wurde mir bewusst, dass er seit einiger Zeit unmerklich dahinschwand.
    Ich saß mit einem Buch auf dem Schoß im Garten, las nicht, dachte nicht nach, sondern nahm nur die Wärme der Sonne auf, als ein Schatten über meinen Stuhl fiel. Als ich aufsah, stand Magnus einige Fuß von mir entfernt.
    «Verzeihen Sie», sagte er. «Ich wollte Sie nicht erschrecken.»
    «Sie haben mich nicht erschreckt», sagte ich. «Aber Ada und George sind leider unterwegs.»
    «Das Dienstmädchen sagte mir das. Sie sind es, die ich sehen wollte.»
    Die Sonne blendete mich, sodass ich seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen konnte. Aber ich bekam plötzlich Herzklopfen.
    «Wollen Sie sich nicht setzen?», fragte ich.
    «Danke», sagte er und schob den Stuhl, auf dem Ada gesessen hatte, so zurecht, dass er mir gegenübersaß. Er war genau so gekleidet wie an dem Tag, als wir uns auf dem Friedhof getroffen hatten, Hemd und Kragen strahlten im Sonnenlicht.
    «Miss Unwin   – Eleanor, wenn ich darf» – sein Zögern war ungewöhnlich   –, «vielleicht können Sie sich denken, warum ich gekommen bin?»
    Wortlos schüttelte ich den Kopf.
    «Ich weiß, du wirst sagen, dass es zu früh ist – aber, Eleanor, ich habe nicht nur begonnen, dich zu bewundern, ich liebe dich. Du bist eine wunderbare Frau mit deinem Mut, deiner Intelligenz und Schönheit, und – und, also, kurz gesagt – ich bin gekommen, um dich zu fragen, ob du meine Frau werden möchtest.»
    «Sir   – Doktor Wraxford – ich fühle mich zutiefst geehrt – so viel Ehre verdiene ich nicht – und ich bin Ihnen sehr dankbar für all Ihre Güte   – Edward wie auch mir selbst gegenüber. Aber ich muss ablehnen – es ist zu früh, wie Sie bereits sagten, aber vor allem, weil ich glaube, dass ich Sie oder vermutlich nie wieder einen Mann so lieben kann, wie ich Edward liebte, und es wäre ungerecht und falsch, Ihren Antrag anzunehmen, selbst wenn – also – nein, es wäre ungerecht», endete ich schwach.
    «So viel verlange ich nicht», entgegnete er. «Ich möchte nicht und erwarte nicht, dass ich an Edwards Stelle in deinem Herzen trete. Ich hoffe nur, dass du mich irgendwann auf eine andere Weise zu lieben beginnst.»
    Schon als ich nach den richtigen Worten für meine ablehnende Antwort suchte, gingen mir unwillkürlich alle Vorteile eines Jaworts durch den Kopf. Er war gebildet, sah gut aus, vielleicht war er reich, und sollte er mich von meinen Visitationen nicht geheilt haben, so wäre er an meiner Seite, wenn sie zurückkommen sollten   …
    «Es tut mir leid», sagte ich schließlich, «aber ich kann nicht – Sie müssen eine Frau finden, die Sie von ganzem Herzen liebt, so wie ich Edward geliebt habe. Und außerdem –

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