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Ruf ins Jenseits

Ruf ins Jenseits

Titel: Ruf ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harwood
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Dubist immer noch von zarter Gesundheit. Ich glaube, du brauchst etwas Zeit auf dem Land.»
    «Aber ich stille Clara, und kann nicht von ihr getrennt sein, und das Anwesen ist kein Platz für ein Kind.»
    «Dann ist es vielleicht an der Zeit, sie zu entwöhnen. Das ist eines deiner Symptome, Liebling, die unnötige Besorgtheit um das Kind. Bisher habe ich dich um nichts gebeten. Du wirst mir zustimmen, da bin ich mir sicher, dass ich kein nachgiebigerer Ehemann hätte sein können.»
    Er wartete, ob ich ihm widerspräche, aber dieses Mal wagte ich es nicht.
    «Sehr schön. Ich überlasse dir die Entscheidung über das Kind. Du kannst sie mitnehmen, wenn du magst, und Bolton sagen, was du an Räumlichkeiten benötigst. Er und ich werden morgen nach Wraxford Hall fahren, um die Vorkehrungen für Mrs   Bryants Besuch in drei Wochen zu treffen.»
    «Und – danach? Wie vielen weiteren Séancen werde ich beiwohnen müssen?»
    «Mit Glück, Liebling, keiner. Und wenn alles verläuft, wie ich es wünsche, können wir dann vielleicht über – unsere künftigen Lebensverhältnisse sprechen. Ah – wir nähern uns Cavendish Square. Hier wohnt ein Herr, den ich sprechen muss. Bis heute Abend, Liebling.»
     
    ∗∗∗
     
    Magnus kam erst sehr spät zurück und machte sich am nächsten Morgen auf den Weg nach Wraxford Hall, ehe ich zum Frühstück nach unten kam. Mehrere Male nahm ich Clara auf den Arm mit dem Vorhaben zu fliehen, rief mir dann aber selbst immer wieder in Erinnerung, dass ich nicht wusste, wohin. Lucy sah offensichtlich meinen Kummer. Aber ich hatte sie bislang nicht ins Vertrauen gezogen und wagte es auch jetzt nicht, obwohl Magnus seine Drohung so deutlich gemachthatte, als hätte er mir einen Einweisungsschein in eine Irrenanstalt unter die Nase gehalten. Dennoch hätte er diese Worte vor Zeugen gesagt haben und dann unter Eid abstreiten können, dass er solch eine Intention gehabt hatte – genauso, wie er abstreiten konnte, dass er unsere Trennung in Aussicht gestellt hatte.
    Aber wenn er einen Betrug plante, wie konnte ihm meine Gegenwart behilflich sein? Mrs   Bryant hatte sich unmöglich verhalten, aber wie konnte er sicher sein, dass ich sie nicht warnen würde? Oder dass ich ihn nach dem Ereignis bloßstellen würde? Sicher konnte er sich nur unter einer Bedingung sein: Wenn es
kein
Schwindel wäre und Magnus ernsthaft glaubte, dass ein Geist erscheinen würde. Ich hatte Edwards Tod in einer Visitation gesehen, und er war auf Wraxford gestorben   … Ich versuchte, den Gedanken beiseitezuschieben, aber er lauerte den ganzen Tag in den dunkelsten Winkeln meiner Seele. Mit diesem unbehaglichen Gefühl ging ich zu Bett.
     
    Ich erwachte – wie ich dachte – in der Morgendämmerung, mit einer entsetzlich düsteren Vorahnung. Das Zimmer schien mir wie mein altes Zimmer in Highgate, aber irgendwie wusste ich, dass ich in Wraxford Hall war. Dann erinnerte ich mich daran, und dabei packte mich ein Entsetzen, das mir das Herz aus der Brust zu reißen schien, dass ich am vorigen Nachmittag mit Clara durch den Mönchswald gegangen war und sie schlafend unter einen Baum gelegt hatte. Ich schwang mich aus dem Bett, riss die Tür auf und rannte los, den Korridor entlang. Ich war an Lucys Tür vorbei, als ich realisierte, dass ich nicht wach war. Ich stand am oberen Ende der Treppe im grauen Zwielicht, mein Herz klopfte heftig.
    Das Haus war vollkommen still. Ich stahl mich den Flur entlang in das Kinderzimmer zurück – das zwischen Lucys und meinem Zimmer lag – und öffnete vorsichtig die Tür.
    Da saß eine Frau an der Wiege. Sie saß mit dem Rücken zu mir, aber ich konnte sehen, dass sie jung war, ihr Haar meinemsehr ähnlich; sie trug ein hellblaues Gewand, das mir seltsam vertraut war. Ich stand wie versteinert in der Tür. Sie nahm Clara auf den Arm und blickte sich um. Sie war ich selbst. Für einen langen Moment blieben wir wie erstarrt so stehen. Dann schrumpften sie und Clara in sich zusammen, so wie die Erscheinung damals im Wohnzimmer zusammengeschrumpft war, bis nichts mehr da war außer einer Spur grünlich graublauen Lichts zwischen mir und der Wiege. Dann war auch das verschwunden. Der Boden kam mir entgegen und traf mich an der Schläfe, und ich hörte – in weiter Ferne – den Klang von Claras Weinen, ehe mich Dunkelheit verschlang.
     
    ∗∗∗
     
    Mittwochabend
    Heute stand ich an der Stelle, an der Edward ums Leben gekommen ist. Die Leitung, die er emporzuklettern versucht hat,

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