Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!
Tochter namens Janine.
»Komm zur Sache, Cowboy«, sage ich und trample mit den Füßen auf. »Man kriegt die Banane nicht ohne Schale! Ist sie wirklich eine solche Fachkraft?«
»Na ja …« Er druckst. »Ich sag mal so: Sie glänzt mehr durch ihren unermüdlichen Eifer als durch ihr Können.«
»Momentmoment! Ich denke, sie ist die beste Bläserin vom Warschauer Pakt?«
»Ein Missverständnis. Sie bläst Trompete.«
»Oh!« Ich mache eine angemessene Pause, um meiner Bestürzung Ausdruck zu verleihen. Dumm gelaufen! Ich kann ja jetzt schlecht mit meinen sexuellen Erfolgsmeldungen kommen.
Dietrich scheint derselben Meinung. Er räuspert sich.
»Und selbst?«
Ich brauche eine Weile, um zu überlegen, was ich antworte, weil auf MTV gerade ein Rammstein-Video läuft:
Bück dich, befehl ich dir,
wende dein Antlitz ab von mir,
Dein Gesicht ist mir egal, bück dich …
Ich sollte nicht allzu sehr schwärmen, jetzt, unmittelbar nachdem er die Arschkarte gezogen hat. Es könnte ihn ernsthaft deprimieren. Er liest meine Gedanken und wiegelt ab: »Lass mal! Schon gut! Ich habe eben das kürzere Streichholz erwischt! Nu erzähl schon! Frei von der Leber weg!« Als ich erzähle, hellt sich sein Gesicht auf. Sexualität hat für mich, soviel glaubt er zu wissen, nie eine exponierte Rolle gespielt. Bis dato hatte ich so etwas wie den Nimbus der Unantastbarkeit. Dietrich stand für viel Sex und wenig Geld. Bei mir war das eher andersrum. Umso erstaunter ist er jetzt – ich erkenne das an seinem auffallend um Neutralität bemühten Gesicht.
»Du hast
was
? Wahr oder unwahr?«
Ich hebe die Schwurfinger: »Wahr! Drei Engel!« Gewisse pikante Details lasse ich selbstverständlich aus,verrate aber dennoch genug, um Dietrichs Spott zu entfachen. »Jaja, man gelangt eben nur durch Schmerz zu den süßen Wonnen der Wollust!«
Rammstein singt:
Bestrafe mich,
bestrafe mich,
Stroh wird Gold
und Gold wird Stein,
du darfst mein Bestrafer sein.
Dietrichs Augen funkeln, als hätte er immer schon geahnt, dass ich mindestens genauso pervers bin wie er. Ein Verdacht, den ich meilenweit von mir weise.
»Du weißt, was der göttliche Marquis rät?«, fragt Dietrich. »Man muss manchmal ein Schwein sein, um Trüffel zu finden.«
»Hahaha.«
»Höhö.«
»Hihi.« Ich bin erleichtert, dass er nicht neidisch ist! Und ich bin erstaunt über mich selbst.
»Dein dekadentes Geschäftsfrauenleben langweilt dich«, sagt Dietrich altklug. »Nun suchst du den Kick.«
Mein Blick streift eine dicke Tüte Beef Jerky, hot peppered, per UPS frisch aus Seattle eingetroffen. Ich stopfe mir zwei Handvoll davon in den Mund.
»Twui-qu-chrrrkk-al-pssss-owowie!«
»Wie meinen? Mit vollem Mund zu sprechen ist ausgesprochen flegelhaft!«
»Trivialpsychologie!«
»Was auch immer! Wenn das ein Schundroman wäre«, ruft er mit gespieltem Pathos, »würde ich ihn lesen!« Wir machen High Five.
BILD: ELEFANT ERSCHISS SEINEN WÄRTER. Das Thema bei
Bärbel Schäfer
ist: »Gestatten: Axel Schweiß – wenn Namen nerven.« Die folgenden Stunden verbringen wir damit, nach dem vorgegebenen Muster Namen zu erfinden. Wobei ich eindeutig in besserer Form bin.
Von Dietrich: Iris Blende, Theo Loge, Hans Wurst, Rainer Tisch, Mark Stück, Marga Rine, Rudi Ment, Sepp Thieme, Bill Yard, Milly Ohn.
Von mir: Ali Mente, Ute Russ, Luzi Ferr, Blanka Unsinn, Hella Wahnsinn, Niko Laus, Chris Tuss, Anna Bolika, Klara Fall, Lotta Leben, Leni Nismus, Ellen Bogen, Ernst Haft, Ali Gator, Russ Land …
28. Uuups, what boobs!
Zum Beispiel Orthographie. »Essen für ’s Leben« steht auf dem Pappschild des Bettlers am Breitscheidplatz. Der Typ hat die Ärmel seines T-Shirts aufgekrempelt, um beim Betteln ein paar Pigmente zu haschen. »Wie schreiben wir denn fürs?«, frage ich ihn freundlich, wenngleich nicht ganz ohne Strenge. Er sieht mich ratlos aus blutunterlaufenen versoffenen Junkie-Augen an. »Doch wohl ohne Apostroph«, sage ich und zwinkere ihm spitzbübisch zu.
»Das üben wir noch, gell? Deswegen gibt es heute auch kein Geld.« Ich laufe nach Hause. Die Junisonne blendet mich. Ich denke an Valmont. Vielleicht ruft er bald an. Sicher. Heute ist mir nach Schabernack zumute.
In meinem Hausflur hängt ein schwarzes Brett, an dem es vieles zu entdecken gibt. Da lädt zum Beispiel ein Schreiben der Hausverwaltung offen zur Denunziation ein. Und zwar »im Interesse des Umweltschutzes undauch um Kosten zu sparen«. Der Zettel wird von drei
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