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Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!

Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!

Titel: Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Buschheuer
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Mein Appendix als solcher wurde mir entfernt, da war ich sooo groß.« Robert zeigt mit der Hand knapp überm Lenkrad, wie groß er ungefähr war, und kommt dabei kurz von der Spur ab, was ein kleines Hupkonzert auslöst. Ich werfe das Glas angewidert auf den Rücksitz. Der Typ ist doch nicht dicht! »Der erste Teil des Dickdarms ist ein blind endender Sack, das sogenannte Caecum. Und daran hängt der Wurmfortsatz, auch Appendix …«
    »Das ist etwas mehr, als ich wissen wollte. Oder hatte ich einen Vortrag bestellt? Park bitte da ein!«
    »Gut, also, ich mach’s kurz. Meine Mutter wollte ihn wegschmeißen und da …«
    »Robert, Schnauze jetzt! Ich glaube, du bist perverser als ich!«
    Alles, was ich von Roberts Eltern weiß, die inzwischenbeide tot sind, erhärtet diesen Verdacht. Seine Mutter, eine Gerichtsmedizinerin, fing mit der Hand Fliegen aus der Luft, schmierte sie an der Schürze ab und kochte weiter. Sein Vater, Sektionsmeister, schnappte nachts auf Gartenpartys zur Erheiterung der Gäste mit dem Mund Motten aus der Luft, zerkaute sie zu Brei und schluckte dann alles runter. Beide waren übrigens auch passionierte Summer. Einmal, einmal und nie wieder, bin ich mit Robert und seinen Eltern im Auto zu einem Konzert gefahren. Alle drei summten! Verschiedene Melodien! Stumpf vor sich hin! Bis ich mir die Ohren zuhielt und aus Leibeskräften schrie … Die Vorstellung, Robert und Kitty zusammenzubringen, erheitert mich kurz. Er zeigt ihr seinen Blinddarm, sie ihm ihre falschen Möpse. Er kaut und summt. Sie raucht und jammert. Willkommen im Leben, Robert! Und dann gleich so! Robert schwärmt und rast wie eine angestochene Sau.
    »Ich glaube, du fährst eine Terz zu geschwind!«, rufe ich, aber sein Schalter steht auf Reden. Dies sei ein »schweres Erdbeben«, »eine Zeitenwende«. Dass die »Dame aus dem TV« eine Frisur trüge wie Louise Brooks in
Die Büchse der Pandora
. Ein Gesicht habe wie Mona Lisa als solche. Und eine Figur – von ihm entsprechend gestisch begleitet, wobei er zu meinem Schrecken das Lenkrad loslässt – wie die Titelheldin aus
Lorna – zu viel für einen Mann
von Russ Meyer. Dass Kitty zu viel für einen Mann sein könnte, glaube ich kaum, aber für Robert wäre sie allemal zu viel. Für Robert wäre jede Frau zu viel. Das kommt ja gar nicht in Frage, dass ich in dieser leidigen Sache zur Mithelferin werde! Bin ja nicht die Caritas.
    Dass Robert sich den Parkplatz wegschnappen lässt, seine dusselige Schwärmerei und die Tatsache, dass Valmont nicht anruft, machten mich rasend. Robert versteigtsich sogar zu der Bemerkung, Kitty sei »ein Traum von einer Frau«. Nun muss ich zu härteren Bandagen greifen:
    »Du hast doch keine Ahnung von Frauen!«
    Robert geht so heftig auf die Klötzer, dass ich fast durch die Scheibe knalle. Ihm vorzuhalten, er habe keine Ahnung von Frauen, hat auf ihn eine ähnliche Wirkung wie das Wort »Cleaning Woman« auf Steve Martin in
Tote tragen keine Karos
. Er kocht vor Wut. Ich auch. Aber dann winkt er ab und sagt die übliche Abschiedsformel: »Den Rest am Telefon!« Ich steige grußlos aus.
    Grade Robert! Robert repräsentiert für mich die Welt vor dem Sündenfall. So ein Schmock! Und Kitty ist weder eine Gazelle noch eine Antilope. Nicht mal eine verdammte Giraffe! Eher eine Kreuzung aus Walross und Blutegel.
    Der Lift im Fernsehturm ist brechend voll. Ich kann nicht einmal BILD richtig aufschlagen: FLEISCHFRESSER, FREUT EUCH: DAS STEAK WIRD BILLIGER. Meine Laune sinkt stetig, je höher wir fahren.
    »Rückense ma auf«, sächselt der Liftführer.
    »Kümmern Sie sich lieber um Ihre Kopfform«, schleudere ich ihm entgegen und mache dann ein Foto von seinem Gesichtsausdruck. Gleich im Anschluss trete ich gegen das Schienbein eines skandinavischen Touristen und schicke ein »Hoppla« hinterher, aber es befriedigt mich nicht. Valmont befriedigt mich, aber der ist nicht da! Was für eine verfickte Welt!
    Ein Opfer! Ein Königreich für ein Opfer! Der erste, der mir im Büro über den Weg läuft, wird dran glauben müssen. Und siehe da, es ist Fred: putzmunter, mopsfidel und dienstbeflissen, ein wenig abgewetzt vom Arbeitvortäuschen. Das Holzfällerhemd hängt ihm aus der Hose, und er macht dieses freundlich-harmlose Gesicht, mit dem ersich selbst empfiehlt, als wolle er sagen: Guten Tag, ich bin der Fred und esse gern zweimal täglich warm.
    »Wie schön, Sie lebend zu sehen«, sage ich kühl. »Ein Beweis dafür, dass Sie gegen Hausstaubmilben

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