Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!
dessen Display nach wie vor fett EUGÉNIE steht. EU-GÉ-NIE.
»Paprika! Du hörst ja gar nicht zu!«
»Doch doch!«
Ich rekonstruiere aus dem Nachhall in meinen Ohren das, was Dietrich gerade gesagt hat, und wiederhole es:
»Du hast Moni zum Geburtstag einen Wonderbra geschenkt. Warte mal! Du hast – was? Bist du wahnsinnig? Das ist doch eine Beleidigung für ihre Titten! Was hat sie gesagt?«
»Sie hat gesagt … warte … also sie sagte wörtlich: Oh! Ein Wonderbra!«
»Siehst du? Wenn einer den Namen des Geschenkes wiederholt, das er bekommen hat, dann gefällt es ihm nicht. Frag Seinfeld!«
»Glaubichnich.«
»Doch, das ist doch sonnenklar! Das weiß doch jeder! Das ist etwa so, als hätte sie dir ein Suspensorium geschenkt!«
»Oh! Na ja, die Zeiten des Überschwangs waren ohnehin vorbei! Jedenfalls haben wir gestritten. Generalabrechnung. Man kennt das ja. Und dann habe ich ihr gedroht. Ich habe gesagt, wenn sie weiter jeden Morgen Punkt 6.40 Uhr aus der Dusche kommt, dann mache ich Schluss!« »Wow! Du bist ein echter Kerl! Ein ganz knallharter Typ, der mit Missständen aufräumt! Und was hat Moni gesagt?«
»Hm … also im Grunde hat sie gesagt … Okay!«
»Es ist Schluss? Weißt du, Dietrich, das sind so Geschichten, die das Leben schreibt!«
Dietrich seufzt theatralisch. »Gott liebt es, das Messer reinzustecken und die Klinge abzubrechen!«
»Kopf hoch! Wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen!« Einen Moment lang herrscht Stille, und ich könnte schwören, nebenan bellt ein Hund. Kann aber nicht sein, denn laut Mietvertrag ist Tierhaltung in der Wohnung verboten. Dietrich räuspert sich.
»Um der Wahrheit die Ehre zu geben, also, … na ja … bin im Grunde schon drüber weg! Wir hatten uns eben auseinandergelebt.«
»Nach zwei Wochen, na, herzlichen Glückwunsch! Sei froh, dass du die Bratze von der Backe hast!«
»Hm. Vorbei ist vorbei!«
»Das stimmt – wie übrigens alle tautologischen Definitionen!«
»Die Zeit mit ihr … sie ist nicht mehr als ein Tropfen im Ozean der Ewigkeit …«
»Deine Zonenmoni soll sich gehackt legen!«
»Ganz deiner Meinung! Die therapeutische Konsequenz ist folgende: Ich muss meinem Geschick folgen!«
»Hä?«
»Ich darf meiner Bestimmung nicht untreu werden!«
»Was quatschst du da? Ich meine, wir fliegen im Kreis, aber wir landen nicht.«
»Keine Bratkartoffelverhältnisse mehr! Nie mehr halb sieben zu Hause sein müssen, weil Frauchen mit der Lauchsuppe wartet.«
»Sondern?«
»Kasteiung. Geißelung. Hundertprozentige Hingabe. Läuterung durch Absolution.«
»Dietrich!! Willst du etwa beichten gehen?«
»Na ja, nee, nich direkt, gleich kommt eine Domina! Die Frage ist nur: Muss ich erst eins meiner Aktienpakete verkaufen, oder finanzierst du sie mir?«
»Oje! Na gut, alter Lustschnorrer! Für deine hormonelle Genesung tue ich alles! Sie soll die Rechnung einfach an mich schicken! Ist es die Tante von letztens?«
»Nein. Eine neue. Sie heißt …«, Dietrich spitzt hörbar den Mund, auf eine Art und Weise, die er für typisch französisch hält, »… Chantal!«
»Jetzt spinn nich rum! Niemand heißt wirklich Chantal! Das sind verschwitzte Männermythen. Wie der, dass Zigarren auf den nackten Schenkeln einer Jungfrau gedreht werden.«
»Etwa nich? Wie auch immer. Ein Hausbesuch. Ich nehme … eben meine Blumenampel vom Haken undhänge … das Andreaskreuz auf. Hoffe, sie wird mich ordentlich züchtigen!«
»Armes Schwein!«
»Schön wär’s! Schweine haben einen 30-Minuten-Orgasmus. Den längsten von allen Säugetieren!«
»Du bist einfach nur krank!«
»Das musst
du
grade sagen! Kennst du den Unterschied zwischen Erotik und Perversion? Erotisch ist, seine Freundin mit einer Pfauenfeder zu streicheln. Pervers ist, wenn der Pfau noch dranhängt …«
»… wie bei dir!«
»Kuck dich doch an! Von SMS zu SM isses nur ein kleiner Schritt! Apropos: Da wir grade von Liebe sprechen …«
»Pfffff, du immer mit deiner Liebe!«
»Bei dir hat ja wohl der Topf sein Deckelchen gefunden!«
»Also! Nu werd mal nicht komisch, Freundchen!«
»Ist das nicht schön, Paprika, wenn das Eis der Intelligenz schmilzt und das Weibchen hervortritt?«
»Das ist nicht so, wie du denkst! Das ist rein sexuell!« »Aaah-ja!«
Nach dem Telefonat zwinge ich mich zur Ruhe. Eis der Intelligenz! Weibchen! Quatsch mit Soße! Ich lege mich neben mein Handy aufs Bett und blättere in BILD. Aufmacher: NACH DARM-OP IN CHARITÉ: GORILLADAME PFEIFT AUF SEX. Im
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