Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!
sind ganz angeklatscht. Kramer und Newman sehen genauso aus.
Das Telefon schweigt. Das Handy schweigt. BILD titelt: BETRUNKENER ELCH VERÄPPELT DIE POLIZEI. Ich durchsuche den Computer auf Spiele und bleibe bei »Get Saddam« hängen. Im Autokill-Modus wird Saddam Hussein selbstständig abgeschossen. Die wahre Herausforderung ist der Multi-Saddam-Hunting-Modus. Viele kleine Saddams in grauen Uniformen tippeln kreuz und quer über den Bildschirm. Manche halten Hetzreden, manche schieben stumm Einkaufswagen mit Bomben und Raketen vor sich her. Per Mausklick kann ich sie abschießen. Dann kommt eine Granate geflogen, es kracht gewaltig, und von Saddam bleibt nur ein Aschehäufchen.Zwei Treffer, zwei Aschehäufchen und so weiter. Heute spiele ich superschlecht. Von 127 Saddams treffe ich nur 55, mit 100 abgefeuerten Schüssen. 64-mal entwischt er mir. Kill PerPfennigage: 48 Prozent.
Warum ruft er nicht an? Warum? Ich diktiere einen Brief an Valmont.
Am Balkon!
Ich möchte Dir
ein Getreide Haus reißen
und sie mehr in die von zu stopfen.
Ich möchte Dich fressen
und vom Meer vergessen werden.
Ich möchte, dass Du mich an Bord von schlechter um die Dienst.
Es klingelt, und ein Bote bringt mir das Tablett mit den weißen und braunen Trüffeln von Leysieffer. Ich esse gar keine Trüffel und erinnere mich auch nicht, sie bestellt zu haben. Verlust des Kurzzeitgedächtnisses durch übermäßigen Handygebrauch. Dafür fällt mir ein, wie der neue Assi vom Alten heißt: Pierre Sanoussi-Nochirgendwas oder so. Den Boten samt Trüffeln schicke ich zu Herrn Pastor von Philips und schreibe Fred per SMS, er soll einen Termin mit dem machen. Endlich habe ich eine Idee für den Werbespot. Wenigstens das.
41. Wie das Gemüse
»Fakt ist«, sagt Pastor, und ich finde es überaus passend, dass er diese blöde Broiler-Floskel benutzt. Er hat irgendwas zwischen den Zähnen, und seine Zunge wandertunter der Gesichtshaut hin und her. Mein Milchkaffee muss schon einen Drehwurm haben, so unablässig, wie ich ihn umrühre. Zwischen uns steht ein Aschenbecher, groß wie ein Hundenapf. Drin hängen im Yoko-Ono-Stil mindestens zwei brennende Kippen auf einmal. »Fakt ist«, sagt Pastor, »ich freu mich! Ich freu mich, dass es endlich geklappt hat.« Eins ist Fakt: gefickt wird nackt, denke ich und habe keine Ahnung, wie dieser blöde Reim plötzlich in meinen Kopf gekommen ist und woher ich ihn kenne. Ich öffne die Knie wie Sharon Stone in
Basic Instinct,
und der Lufthauch, der mir in den nackten Schoß weht, erotisiert mich.
»Sie Schlimme …«, sagt Pastor schelmisch, und ich kriege einen Moment lang die Panik, dieser Langweiler mit dem Charme eines AOK-Bezirksleiters könne meine Gedanken lesen, mir etwa zwischen die Beine sehen oder meine Möse riechen.
»Sie Schlimme hatten ja monatelang keine Zeit für mich!« Er neigt den Eierkopf nach vorn, droht mit dem Spinnenfinger und riecht ohrenbetäubend nach kalter Asche und WICK VapoRub.
»Ach wissen Sie, ich bin Geschäftsfrau. Ich weiß gar nicht, wo mir der Kopf steht. Die Woche hat nun mal nur 168 Stunden. Sie müsste schon doppelt so lang sein, um alles erledigen zu können«, sage ich und male kleine nackte Männchen mit Riesenschwänzen in meinen leeren Terminkalender. Aus der Jukebox schmalzt Dean Martin »That’s amore«. Pastor deutet ein Schunkeln an.
Noch fünf Minuten. Gestern Nacht hat Valmont gesimst. Endlich! Ich soll um 20 Uhr in dieses Restaurant kommen, nackt unterm Rock, mit halterlosen Strümpfen. Ich verlegte sofort den Termin mit Pastor hierher. Seit 18 Uhr langweile ich mich mit diesem hässlichen Broilerrum. Pastor arbeitete früher für »Berlin-Chemie«, was ja auch nicht wirklich appetitlich klingt. Vor der Wende war er Schlussredakteur beim
Neuen Deutschland,
dem Kampfblatt der SED, das es fertigbrachte, in einer Ausgabe 35 Fotos von Honecker unterzubringen. Wie hieß dieser Honecker noch mit Vornamen? Egon? Erwin? Erich?
»Ernst«, sagt Pastor und hebt sein Prosecco-Glas. »Ich heiße Ernst. Ich bin der Ältere und würde vorschlagen, wir nennen uns beim Vornamen.«
Hauptsache, ich werde dich eierköpfigen Blindfisch bald los!
»Und Sie? Fakt ist, dass auf Ihrer Visitenkarte P Punkt steht. Und an Ihrer Bürotür ehmt auch. Wofür steht das P? Paula? Petra? Pamela? Na, verraten Sie’s schon! Schießen Sie los!«
Ich mustere ihn aufmerksam. Schießen Sie los. Wenn ich meine Walther dabeihätte, dann wären das unter Umständen seine letzten
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