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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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beliebt, wir fahren –«
    »Nach Sachsen?«
    »Nach der Stadt. Dem Schicksal, das meinen Gegner trifft, werde ich mich nicht entziehen.«
    »Das kann eine lange Verhaftung nach sich ziehen; je nachdem –«
    »Sie sind frei, Herr Vicomte. Ich überliefere mich der Behörde.«
    Der Wagen war noch nicht vorgefahren, als eine andere leichte Jagdchaise heran rollte. Der Rittmeister sprang heraus, ein Zeuge und ein Wundarzt folgten.
    Man erfuhr, was eigentlich keiner Verständigung mehr bedurfte. »Aufgeschoben ist nicht aufgehoben,« tröstete der Rittmeister. »Und wozu hilft eine Untersuchung, mein Herr, auf die Sie dringen, wer eine Unbesonnenheit und gar einen Verrath beging. Die Polizei giebt ihre Quellen nicht an.«
    »Aber wie begnügte man sich damit, den einen Duellanten zu verhaften, warum suchte man nicht den andern? Verdanke ich das etwa Ihrer Güte, mein Herr Rittmeister?«
    »Nur Ihrer eigenen Position,« sagte der Rittmeister, sich offiziös verbeugend. »Wir wussten ja nicht, mit wem wir die Ehre hatten. – Ausdrücklich ist Herr von Bovillard verhaftet worden, weil er sich eine Thätlichkeit und Herausforderung gegen eine diplomatische Person zu Schulden kommen lassen, welche in expressen Angelegenheiten ihres Souverains in Berlin war. Wegen Verletzung des Völkerrechts.«
    Der Attaché sah verwundert auf seinen Begleiter, während der Rittmeister ein höhnisches Lächeln kaum unterdrücken konnte.
    »Wäre es möglich,« rief Herr von Wandel, leicht an die Stirn schlagend. »Ich bin allerdings auch hier so zu sagen im Charakter eines Envoyé, um die Beschleunigung einer Prozeßangelegenheit zu versuchen. Indeß wer konnte das wissen, und die ganze Sache ist ja eine Bagatelle. Der Fürst –«
    »Von Bentheim-Schlotz-Baben-Oberstein,« sagte der Rittmeister.
    »Der zu mediatisiren vergessen ward!« lachte Herr von Marvilliers auf. »Was hat denn der hier für Geschäfte, wenn er nicht inzwischen mediatisirt ist!«
    »Das sind die diplomatischen Geheimnisse Ihres Freundes, in die wir kein Recht haben, einzudringen,« sagte der Rittmeister. »Die indeß unserem Freunde einige Wochen Haft kosten werden. Was man nicht alles der Diplomatie verdankt!« setzte er hinzu, auf den Wagen springend.
    Beim Heimwege war der Legationsrath verstimmt. Der Attaché konnte es nicht unterlassen, ihn als Kollegen zu railliren. Er hatte herausgebracht, daß die Angelegenheit des Fürsten von Bentheim-Schlotz-Baben-Oberstein keine andere sein könne, als den Erlaß der Transitosteuer wegen tausend Kruken Schloß-Baben-Obersteiner Mineralwasser, welche bei der Accise mit Beschlag belegt worden, zu erwirken. Wer aber konnte sich für das Mineralwasser und die unangetastete Ehre seines Negocianten so lebhaft interessiren, daß er, um ihn zu retten, das Duell der Polizei denunzirte – wer anders als die Geheimräthin Lupinus.
    »Sie haben ganz Recht,« sagte der Legationsrath, als er auf dem Gensd'armenmarkt halten ließ und ausstieg, »ich gehe auch eben, um ihr zu danken, oder zu zürnen.«
    Aber der Legationsrath bog nur scheinbar in die Jägerstraße ein, als der Wagen weiter rollte. Er eilte rasch um die Ecke und durch die Markgrafenstraße nach den Linden, wo er im Hotel der Fürstin Gargazin verschwand.
    Die Fürstin schrieb an ihrem Sekretär an mehreren Briefen, für welche die Boten warteten. Niemand sollte gemeldet werden, der Legationsrath ward aber dennoch durch einen vertrauten Kammerdiener die Hintertreppe heraufgelassen und sogleich empfangen.
    Sie hatten ein langes Zwiegespräch. Die Fürstin schrieb, was Wandel diktirte: »Das Uebrige war mir schon heut Nachmittag bekannt,« sagte sie. »Buxhövden ist fort, aber die Depesche wird ihn überholen. Wir sind also für heute quitt.« Beim Abschied drückte er ihre Hand an die Lippen und verschwand auf dem Wege, den er gekommen.
     
Fünfunddreißigstes Kapitel.
     
Gehen Sie nach Karlsbad.
    »Ruhe!« sagte der Minister.
    Ein andrer als der, welchen wir in seinem Tuskulum gesehen. – Trug der hohe stattliche Mann auch nicht Stern und Ordensband, so gehörten sie doch zu dieser Miene, dieser Frisur, dieser Gestalt, wie dazu geboren. Das Wort Ruhe, das er zum Geheimrath Bovillard gesprochen, passte ebenso zu der ganzen Erscheinung des im Vollgefühl seiner Würde aufrecht dastehenden Nannes, ein König in seinem Zimmer.
    Bovillard lehnte sich, den Hut in der Hand, in die Fensterbrüstung. Er war, im Gehen begriffen, nur noch durch eine Wendung des Gespräches

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