Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht
grundehrlich Blut,
réparation d'honneur.
Wie ein Kavalier sich benommen.«
»Aber der Legationsrath hat ihn wieder aus dem Gefängniß losgebeten?«
»Um ihn als Kourier fortzuschicken. Die Memme!«
Der alte van Asten lehnte sich auf den Tisch und schüttelte den Kopf: »Da hätten wir also das Tippelchen auf dem
i.
– Na, Herr Rittmeister, welchen Wein lieben Sie am meisten? Werden mir doch die Ehre erweisen und Bescheid thun auf ein Gläschen?«
Ein Tokaierfläschchen stand auf dem Tisch und färbte schon mit dunklem Gold zwei Gläser, als Dohleneck noch immer nicht wusste, wie er dazu kam. »Nu stoßen Sie an,« sagte der Kaufmann. »Worauf?« »Auf einen alten Esel! – Ja, sehen Sie mich nur recht an, und dann dreist los!« Die Gläser klangen, der Rittmeister zauderte aber doch fast erschrocken, ehe er den Feuersaft an die Lippen brachte.
»Aber Herr van Asten, wie komme ich dazu?«
»Warum ich ein alter Esel bin, das wünschen Sie zu wissen. Sie sollen's. Ist's mir doch so, als müsste ich Einem mein Herz ausschütten. Drei dumme Streiche! Wenn Sie die gemacht, na was wär' es! Ein Kavallerie-Offizier braucht nicht zu denken, aber ein alter Kaufmann! Pfui! –
Pro prima,
das ist wacklicht,
pro secundo,
das ist faul und
pro tertio,
das ist dumm.
Pro primo,
das sage ich Ihnen nicht, ist ein Kompagniegeschäft mit einem vornehmen Herrn. Das wackelt noch, aber kommt Krieg – fliegt's in die Luft; der große Herr wird sich salviren, der kleine bleibt hängen. Die Moral ist, 's ist nicht gut mit großen Herren Kirschen essen.
Pro secundo
habe ich vom Legationsrath drei kurze Wechsel auf drei lange prolongirt! Denken Sie, neun Monat! Darüber muß ein Kind zur Welt kommen; wenn nun ein Krieg kommt, wenn er eclipsirte! Die Moral ist: wenn man einen Aal am Kopfe hält, muß man nicht loslassen, sonst sitzt man bald am Schwanzende. Und drittens, denken Sie sich, da habe ich eben eine ganze Schrift, die der Nachbar Herr Mittler gedruckt hat, für mein baares schweres Geld aufkaufen lassen, verstehen Sie, alle fünfhundert Exemplare«
»Was! Wollen Sie auch Buchhändler werden?«
»Gott bewahre mich! Kontobücher, die andern taugen nichts.«
»Was steht denn drin, was Sie so sehr interessirt?«
»Lauter dummes Zeug.«
»Was wollen Sie damit?«
»Verbrennen! Sind schon Asche.«
»Pestilenz!« rief der Rittmeister. »Sie sind mir ein kurioser Mann.«
»Möglich. Sehen Sie, das dumme Zeug rührte von mir her, nämlich Blut von meinem Blut, von meinem Sohn. Konnte ich's nun übers Herz bringen, das dumme Zeug unter die Leute laufen zu lassen? Also fix in die Tasche gegriffen und Manteuffeln es machen lassen.«
»Nu, das ist pfiffig gehandelt.«
»Recht dumm, Herr von Dohleneck. Manteuffel glaubt zwar, er hat sie Alle gekriegt, aber Eins oder das Andere ist doch unter den Tisch gefallen, und wer das weg hat, giebt's nicht raus. Wird's nun erst bekannt, man kriegt keine mehr, dann fallen sie drüber her wie die Fliegen über's Aas, Jeder will's lesen. Ist das nun nicht eine pure Dummheit, hundert Thaler wegzuschmeißen, damit ich was Dummes erst recht in die Welt schicke!«
Das lag außer dem Departement des Rittmeisters. Er stellte ein leeres Glas auf den Tisch: »Herr! wissen Sie was? – Aber verrathen müssen Sie mich nicht. Den einen dummen Streich wollen wir Ihnen repariren. Dem Legationsrath passen wir Alle auf die Finger, und wenn er sich mal attrapiren lässt, dann soll er Ihnen kein Kopfweh mehr machen.« Der Kaufmann war aufgesprungen und fasste den Rittmeister mit beiden Händen, ich glaube es war nur an den Kragen; ursprünglich war die Liebkosung den Ohren oder Backen zugedacht. Der Respekt ließ die Hände tiefer sinken: »Herr, sind Sie des Teufels! Keine Hand angerührt an meinen theuren Legationsrath! Wollen Sie mir fünftau – wissen Sie, wie hoch die Wechsel sind? – Herr, Goldmann, daß Dich! Nicht rühren an den Mann, bis – Wollen mich doch nicht ruiniren? – Und Alles bleibt geheim, nicht wahr?«
»Die Wände werden nicht plaudern,« sagte der Rittmeister. Ein deutscher Handschlag, und der Rest der Flasche floß in das Glas des Offiziers. »Also,« sagte der Kaufmann, »indem er den bewussten Wechsel zum nicht geringen Befremden des Offiziers wieder aus der Brusttasche zog«, »also auf wie lange wollen Sie ihn prolongirt? – Denke auf neun Monat. Lieber Gott, in neun Monat, was ist da nicht geboren!« Mit einem raschen Schriftzug war die Prolongation erfolgt.
»Sie haben mir
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