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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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besuchen, das ganze Hotel zu ihrer Disposition zu stellen. Ein Zusatz lautete indeß, daß die Aerzte jeden Besuch für lebensgefährlich beim Zustande der Kranken erklärt.
    Als die letzte Spiritusflamme auf dem Altar aufzuckte, ging die Geheimräthin am Arm Wandels rasch fort. Sie standen am Ausgang. Links führte der Weg zur Fürstin, rechts nach der Jägerstraße.
    »Sie ist Ihnen entführt. Wollen Sie ihr nachlaufen? Mich dünkt, es ist heute genug Komödie gespielt. Ueberlassen Sie das Solchen, die zu nichts Besserem taugen. Wozu einen Schmerz heucheln, den Sie nicht empfinden. Mich dünkt, Sie könnten dem Himmel danken, wenn Sie das Mädchen auf diese Weise wirklich los werden.«
    »Aber was wird die Welt sagen?«
    »Die hat fürs erste anderes Spielzeug. Nachher findet sich leicht eine plausible Fabel.«
    Die Geheimräthin ging nicht in das Hotel der Fürstin.
     
Vierundfünfzigstes Kapitel.
     
Die Patrioten trennen sich.
    »Was thun Sie, Herr von Eisenhauch!«
    »Was mir die Ehre gebietet.«
    »Keine Uebereilung, die Sie bereuen könnten.«
    »Ich bereue nur, daß ich zu lange vertraut.«
    »Wenn jetzt die Freunde des Vaterlandes zurücktreten –«
    »Wer sagt, daß ich zurücktrete, Herr von Fuchsius!« Der Major hielt in der Arbeit inne, die ihn ganz zu beschäftigen schien. Er packte hastig an einem Felleisen, während ein anderes schon vom Diener zur Thür hinausgetragen ward. Waffenstücke, Hut und Mäntel hingen umher und zwei Pferde stampften am Hause vor einer leichten Reisekalesche. Es schien nichts Heimliches, was hier verhandelt ward, denn der Major mäßigte nicht seine Stimme, wenn die Diener eintraten, noch sprach er leiser, wenn sie die Thür beim Fortgehen offen ließen. »Wer sagt, daß ich zurücktrete! Ich verzweifle nicht an unsrer Sache , mein Herr, auch noch nicht an unserm Vaterlande , und ich verzweifle auch nicht an diesen hier, denn man kann nur verzweifeln, wo man noch hoffte.«
    »Major –«
    »Nicht mehr in preußischem Dienst. Meinen Abschied, der jetzt ausgefertigt wird, haben Sie die Gefälligkeit und schicken ihn mir nach, oder verbrennen ihn. 'S ist gleichgültig.«
    »Wohin?«
    »Nach Oestreich, so lange noch da ein Funken glimmt. Nach Rußland, England, Spanien, wohin es sei, wo Herzen schlagen, Männer athmen, welche noch ein Gefühl für Schande haben.«
    Fuchsius hatte die Thür zugedrückt. Es war ein Absteigequartier und ihm schien die Unterhaltung nicht geeignet, um von anderen Hausbewohnern belauscht zu werden. Aber Eisenhauch rief in der Arbeit: »Wenn es Sie nicht genirt, was mich betrifft, mögen Napoleons Spione alles hören.«
    »Nur ein Wort. Großfürst Constantin und Fürst Dolgorucki sind hier. Noch ist nichts verloren, sie belagern den König, sie dringen in ihn, daß Preußen ein entscheidendes Wort spreche.« Eisenhauch lachte auf. »Lachen Sie nicht. Keine Sprache ist hier so wirksam, als die russische.«
    »Sagen Sie, als die der Furcht. Als ich bei Ihrem Minister den Abschied forderte, drückte er mir die Hand aus Herz, wenigstens an den Platz, wo eins schlagen sollte.«
    »Und –«
    »Sie kommen meinem Wunsche zuvor, versicherten mich Seine Excellenz, denn Ihres Bleibens wäre hier doch nicht länger. Napoleon würde Ihre Auslieferung fordern, und Sie ersparen uns durch Ihren hochherzigen Entschluß die Unannehmlichkeit, Sie ausweisen zu müssen. – Von einer Uebereilung, Herr von Fuchsius, ist daher, wie Sie sehen, nicht die Rede. Ich fliehe, damit man mich nicht einsperrt, ich mache mich bei Zeiten aus dem Staube, damit man mich nicht verfolgt.«
    Fuchsius hatte sich, das Gesicht bedeckend, auf das Kanapé geworfen. »Und doch wage ich zu behaupten,« sagte er, während der Major im Packen fortfuhr, »Sie übereilen sich. Vergönnen Sie mir, mich mit der Ruhe gegen Sie auszusprechen, die ich mir erst sammeln muß, vielleicht als ein Produkt Ihrer Unruhe. Wo schöpft nicht der Trostlose Trost! – Haugwitz's Aufträge, als er nach Brünn abreiste, waren auf keine Niederlage berechnet. Die Klugheit gebot ihm, wie die Dinge standen, zu verschweigen, was er unter anderen Umständen sprechen sollte.«
    »Und ließ sich, ehe die Dinge standen, wie sie stehen, mit einem gnädigen Zornblick nach Wien komplimentiren. Ließ sich mit einem Schnalzen wie ein Hund bei Seite schieben, damit Napoleon bei Austerlitz ungestört schlagen konnte. Sah vom Stephansthurm mit einem Fernrohr nach Mähren, um seine Worte abzuwiegen, je nachdem, ob er zum Sieger oder

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