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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Mittel, um Zeit zu gewinnen. Der König ist rathloser denn je in diesem Gedränge der Parteien und Leidenschaften. Man hat mit Lord Harrowby negociirt, daß die englische Legion, die bei Stade gelandet, einstweilen in Hannover nicht vorrücken soll. Obrist Pfuel ist an Haugwitz gesandt; er soll den Abschluß hinhalten, er soll Seine Majestät den König als Vermittler der ganzen europäischen Wirren in Vorschlag bringen. Er soll den Gedanken an einen großen, allgemeinen Fürstenkongreß anregen, auf dem alle streitigen Fragen entschieden würden, und in diesem Augenblicke ist auf dem Palais eine Sitzung der Minister, die schon mehr als einmal stürmisch wurde –«
    »Und in süßem Frieden endete,« unterbrach Eisenhauch.
    »Sie wissen davon? Ich flog nur, als ich von Ihrem Entschluß erfuhr, Sie aufzusuchen.«
    »Pfuel ist zurück. Er traf unterwegs den zurückkehrenden Haugwitz, und hielt, nach den Mittheilungen desselben, seine Mission nicht mehr für nöthig. Wird man nun Pfuel den Kopf zu Füßen legen? – Ei bewahre! Er handelte nach Rücksichten und Intentionen, die unser beschränkter Verstand nicht begreift. Heute in der Ministersitzung, nachdem die Köpfe warm geworden, ist man zum Beschluß gekommen: Kein Krieg! Denn Krieg ist ein großes Uebel, dessen Folgen Niemand absieht.«
    »Widersprach denn Niemand?«
    »Sie weinten sogar. Das treue Anspach fahren zu lassen. – Nun, Baiern wird ihm auch ein gütiger Herr sein! – Aber Hannover den Engländern nehmen, unseren besten Verbündeten! Man tröstete sich mit dem schönen Gedanken: es kann ja nicht immer so bleiben, darum muß es einmal besser werden. Einstweilen soll aber alles so bleiben, bis – hören Sie – bis zum allgemeinen Frieden! Dann werden alle Völker, Fürsten, sogar die Staatsmänner vernünftig werden. Die Engländer auch; sie werden, um des allgemeinen Besten willen, Hannover freiwillig abtreten.«
    Der Regierungsrath sprang auf: »Beim Himmel, es ist nicht Zeit zu Epigrammen!«
    »Bittere Wahrheit, liebster Fuchsius. Der Sturm im Ministerrath ging in ein sanftes Adagio aus. Man schwärmte, da man nicht Muth hatte, für sich selbst zu handeln wie es nothwendig, für das Wohl der allgemeinen Menschheit!«
    »Und Stein – auch Hardenberg?«
    »Ueberstimmt. Und weil sie überstimmt, fügten sie sich. Man darf doch nicht gegen den Strom schwimmen. Es gab sanfte Händedrücke, beinahe kam's zu Umarmungen.«
    »Finis Germaniae!«
seufzte der Rath.
    »Gott bewahre! jetzt wird sich erst der eigenthümliche Glanz der Staatskunst entfalten. Nichts thun, und wenn man in der Klemme steckt, sich justificiren und glorificiren, dah man die Hände in den Schooß gelegt«. Warten Sie nur auf die herrlichen Staatsschriften und Zeitungsartikel. Das wird salbungsvoll riechen. Mit Humanität und Philosophie und Christenthum wird man dem Volke beweisen, daß die Weisheit selbst nicht weiser hätte handeln können. Die guten Bürger werden sich die Augen wischen vor Rührung, und das »Heil Dir im Siegerkranz« wird noch einmal so schön klingen, als wenn der König gesiegt hätte. Man wird auf uns hetzen, die wir gehetzt haben, bis das Volk es glaubt, daß wir nur ehrgeizige, unruhige Köpfe waren. Sie glauben nicht, was das Volk glaubt, wenn man ihm sagt, daß wir seine Fleischtöpfe am Feuer verrücken wollten. Man wird anrüchig werden, wenn es heißt, daß man zur Kriegspartei gehört hat. Salviren Sie sich bei Zeiten. »Spitzen Sie Ihre Feder, auch Sie werden Artikel für den Frieden schreiben müssen.«
    »Nimmermehr! – Ich nehme meinen Abschied!«
    »Das hat Mancher gesagt, und bleibt doch, – aus höherer Staatsraison. Weshalb auch um solche Bagatell, als eine Meinung ist, seine Existenz aufs Spiel setzen?«
    »Herr von Eisenhauch!«
    »Nichts Persönliches! Gott bewahre! Die Personen verschwimmen wie die Charaktere in diesem Mengelmuß. Da thut der Beste am Besten, wenn er still mitschwimmt. Wo steht denn geschrieben, daß wir nicht niederträchtig denken, nicht feig handeln sollen? Nur einen Brei sollen wir darum kneten, einen Firniß des Anstandes. – Und dann, ja man muß sich für eine bessere Zukunft konserviren.«
    Der Regierungsrath blickte ihn ernst wehmüthig an: »Wir gingen so lange mit einander! Sollen wir so scheiden!«
    »Ein zerronnener Traum! Preußen hatte die Aufgabe, Deutschland zu retten, es hat sich nicht selbst zu retten gewusst. Den letzten Rest seiner öffentlichen Ehre hat es geopfert, selbst den Rest der

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