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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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wenn er beleidigt ist! Und an einem Freunde! Uebrigens glaube ich wirklich nicht, daß die Fürstin Gargazin an Herrn von Bovillard ernstlich denkt. Sie hat wohl andere Pläne. – Haben Sie nicht gehört, wann Kaiser Alexander Berlin wieder besucht?«
    Walter hatte nur die Hälfte gehört. Er hatte, respektvoll vor ihr sich neigend, für die gütigen Mittheilungen gedankt; der Kaiser, wie er gehört, werde ein Bad in Asien besuchen. Es sei bei der geschwächten Gesundheit des erhabenen Monarchen wohl recht zu wünschen. Unten an der Treppe fasste er wieder seinen Arm: »Dies Weib! Dies Weib! Gießt sie Gift oder Feuer in meine Adern!«
    Die Lupinus lachte, als sie allein war, hässlich auf: »Der Wurm sticht doch, wenn er getreten wird, und der verwundete Elephant und Löwe erhebt ein Gebrüll, wovon der Wald erzittert, nur der Mensch prätendirt edel zu sein, wenn er mit einem stummen Seufzer sich zertreten lässt.«
     
Neunundfünfzigstes Kapitel.
     
Nur keine Lüge mehr!
    Es war ein glänzender Gesellschaftsabend im Palais der Fürstin. Aber der Abendstern, der heute glänzen sollte, erschien wie erlöschendes Licht, wie eine schöne Statue in Mondscheinbeleuchtung. Es war etwas vorangegangen. »Ein zu heißer Tag!« sagten die Herren. Die Fürstin lächelte sanft. Man wusste in den flüsternden Gruppen, weshalb die Fürstin die schöne Adelheid in ihrem Hause aufgenommen. Sie sollte es dekoriren, wie die schönen Bilder, Statuen und Raritäten an den Wänden es dekorirten. Gerade wie die Lupinus vorhin ein solches Möbel für ihr Haus gebraucht. Dies hatten die scharfen Zungen schon längst ausgesprochen. Auch mag ein Möbel, eine Ornamentur, die in einem Hause längst ein abgenutzter, alltäglicher Gegenstand geworden, in einem andern durch geschickte Verwendung wieder zu einem der Bewunderung werden.
    Aber die Fürstin arrangirte nichts, sie ließ Alles gehen, wie es wollte. Das junge Mädchen war nicht wie eine Untergebene, nicht wie eine Tochter, man möchte sagen auch nicht wie eine Freundin, sondern wie eine Herrin aufgenommen, der ein Recht auf dies Haus und Alles darin zustand. Sie hatte ihre besonderen Zimmer, Diener, sie konnte Besuche empfangen, ausfahren, wie sie Lust hatte. Sie erschien, oder blieb aus, wenn Gesellschaft sich versammelte; die Fürstin betrachtete es als eine Freundlichkeit, wenn sie Theil nahm, und dankte ihr, jedoch mit der Bitte, es nie als ein Opfer zu betrachten, vielmehr ganz ihrem Penchant zu leben.
    Die Königin Louise hatte wieder gelegentlich den Wunsch geäußert, die schöne Adelheid zu sehen. Der Wunsch einer Königin ist sonst Befehl. Aber als Adelheid die Augen niedergeschlagen und geantwortet hatte: »Was soll ich vor der hohen Frau!« war die Fürstin ihr mit der liebenswürdigsten Art um den Hals gefallen: »Sie haben Recht, was sollen Sie da! Warum sich einen Zwang anthuen. Solche hohe Personen werfen in der einen Stunde einen Wunsch hin, um ihn in der nächsten zu vergessen.«
    Es war etwas vorangegangen vor dem Abend, von dem wir sprechen wollten. Die Fürstin war von ihrem Prinzip gewichen, sie hatte Adelheid genöthigt, mit der Baronin Eitelbach eine Spazierfahrt zu machen. Sie wollte die schöne Seele los sein. Adelheid hatte sie als Blitzableiter gebraucht, ohne zu bedenken, ob die elektrischen Zuckungen des Entsagungsfiebers nicht in den Blitzableiter selbst übergehen und ihn verderben könnten. Die Welt wäre vollkommen, wenn es keinen Egoismus gäbe, sagen weise Leute. Andere meinen, es wäre darin nicht auszuhalten, wenn nicht bisweilen die Selbstsucht zerstörend durch die Linien und Netze führe, mit denen uns die berechnende Weisheit zu Zahlen in einem großen Exempel machen will.
    Es war ein schwüler Sommertag, aber es ruhte sich so weich in den Polstern des offenen von englischen Federn geschaukelten Wagens, und der russische Kutscher lenkte seine Pferde pfeilschnell durch die schattenreichsten Gänge des Thiergartens. Eine Fahrt, recht geeignet, um seinen Träumen nachzuhängen; die Gedanken konnten spielen, wie die Schatten der Blätter auf den hellen Kleidern der schönen Damen, die, sie wussten selbst nicht recht warum, hier kopulirt waren.
    Die Baronin war eine herzensgute Seele; dessen war sie sich jetzt selbst bewusst, seit die Liebe ihr ein Bewusstsein gegeben. Sie hatte nie hinter dem Berge gehalten, als sie noch nichts mitzutheilen hatte, nämlich aus ihrem innern Leben; seit hier ein Gedanke wogte, und andere erzeugte, die sie für ihr

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