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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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verschwinden sollte – Ihr Verdacht mir nicht wie ein ängstlicher Schatten auf der Heerstraße nachschleppt –« »Um Gottes Willen, meinen Sie, daß Sie diese Nacht schon verschwinden müssen?« – »Ich meine nichts, ich weiß nichts; ich sollte meine Lippen verfluchen, daß sie zum Verräther wurden, aber mir ist wohl zu Muthe, wohl wie einem Kinde, das seinen ersten Fehltritt beichtete. Nein, nein, es war wohl nur die Angst, erpresst durch Ihre Drohung.« – »Warum stürzen Sie sich in diese Lage?« – »Warum bin ich ein Mensch?« – »Reißen Sie sich los – wenn es sein muß, reisen Sie auf der Stelle fort!« – »Ich lebte nur für Andere. – Nein, nein, ich weiß es, ich bin nöthiger hier. Ich will für Andere leben – sein Sie unbesorgt – Nur um etwas Geduld flehe ich noch – o, könnten Sie in mein Inneres blicken – Pflichten hier, Pflichten dort, Verlockungen – aber – sein Sie überzeugt, als Mann, als Sieger werde ich daraus hervorgehe«. – »Man kommt.« – »Ein Freundesrath –« »Ich werde Sie nicht bemerken, wenn Sie verschwinden.« – »Heiter! meine Freundin. Es war sehr gut, daß Sie herkamen, aber Sie kamen als Trauergestalt. Sie freuten sich des Eindrucks. Um des Himmels Willen, mit Geistererscheinungen darf man nicht spielen. Fort die Trauer, einige bunte Bänder, stimmen Sie ein in den frivol geistreichen Ton. Man muß mit ihnen tänzeln, die Gargazin hat Recht. Sie hat erkannt, daß Sie hassen. Das kann schlimm werden. Werfen Sie die Maske ab, nicht hastig – lassen Sie sich allmälig erheitern durch die liebenswürdige Gesellschaft. Da bringt man Ihnen eine Karte, nehmen Sie, spielen Sie, mit wem Sie wollen, es sind Alles Puppen; aber nicht zerstreut.«
    Die Eitelbach präsentirte jetzt der Geheimräthin eine Karte: »Wollen Sie?« – »Mit dem größten Vergnügen.« – »Ihnen präsentire ich keine Karte, denn Sie mogeln, sagt mein Mann.«
    Damit ging die Baronin schnippisch am Legationsrath vorüber, der scherzhaft die Finger nach einer Karte gespitzt hatte. – »Sie wird immer schöner,« sagte eine Stimme hinter dem Legationsrath.
    »Kann man schöner werden, wenn man eine vollkommene Schönheit ist,« entgegnete Herr von Schadow.
     

Vierundsechszigstes Kapitel.
     
Der verlorene Sohn und die heilige Magdalene.
    Das Spiel war zu Ende. Die Geheimräthin hatte allein gewonnen, und bedeutend. Sie war gesprächig, sehr liebenswürdig gewesen. Jetzt sah sie neben sich nur verdrießliche Gesichter. Wenn sie noch heiter und aufgeweckt blieb, legte man es ihr als Freude über den Gewinnst aus, den die andern Mitspieler berechneten. Sie war rasch aufgestanden, um mit der Lorgnette die Bilder an der Wand zu besehen.
    Es war hoch gespielt worden. Der Kammerherr hatte ansehnlich verloren. Er zankte sich mit seinem vis-à-vis um einige Points. Die Wechselreden wurden jetzt so anzüglich, daß die Baronin Eitelbach die Herren bitten musste, sich zu menagiren. Der Kammerherr warf dem Andern einen maliciösen Blick zu, den Jener, den Stuhl heftig fortrückend, durch ein Murmeln erwiederte: wer krumm ginge, könne auch nur krumm handeln. Der Kammerherr gehörte zu Denen, welche das Glück haben, zuweilen taub zu sein.
    Die Baronin hatte ihre Börse ausgeschüttet: »Mehr habe ich nicht; mein Mann muß zahlen.« – »Das geht immer so, wer Glück in der Liebe hat,« sagte der Baron, verdrießlich die lange Börse ziehend. »Ich verbitte mir alle Gemeinplätze,« hatte sie erwidert. Er wollte nicht glauben, daß sie so viel verloren haben könnte, als sie angab, sie warf ihm den Bêtezettel hin, er rechnete, wollte zanken, es war aber Niemand mehr da, mit dem er zanken konnte. Indem er die Geldstücke hinwarf, zischelte er der Baronin etwas ins Ohr. Sein Auge begleitete dabei den Rittmeister. Sie ward hochroth, stand rasch auf und warf ihm mit einer Replik einen verächtlichen Blick zu, um ihm darauf den Rücken zu kehren.
    Auch an andern Tischen war Uneinigkeit wegen der Berechnung. Überhaupt schien die von poetischem Duft umwobene Harmonie, welche vorhin geherrscht, etwas zerrissen. Ein erwarteter Gast war noch nicht da. Der Duft der Speisen drang schon verlockend aus den Souterrains, aber es – sollte noch gewartet werden; der Prinz Louis hatte diesmal bestimmt seine Gegenwart versprochen. Einigen Herren schien dies sehr unangenehm. Man fragte, ob er denn überhaupt kommen werde? Jemand meinte, die Anwesenheit des Geheimraths Lupinus dürfe Seine Hoheit schwerlich

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