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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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locken.
    Ein besternter Herr entgegnete lächelnd: »Das würde wohl nicht der einzige Gegenstand sein, der einem Königlichen Prinzen hier nicht verlockend vorkäme. Man muß gestehen, wenn man die Société überfliegt, daß unsere gute Prinzessin mit asiatischem Geschmack eine kleine Völkerwanderung zusammengetrieben hat.«
    »Sie liebt die Quodlibets, aber das Kostüm ist gewählt,« sagte die Almedingen. Herr von Fuchsins spielte auf den neulichen Vorfall des Prinzen mit dem zweiten Lupinus an. Die Hofdame hatte davon reden gehört, sie wusste auch, daß man bei Hofe choquirt gewesen, sie hatte aber noch nichts Näheres erfahren können, und war so begierig wie der Besternte, es zu erfahren. Man zog sich in eine Fensternische zurück.
    »Eine der Plaisanterien Lombards, die gar nichts auf sich gehabt hätte, wenn nicht der Humor des Prinzen eine Bombe hineinwarf, die unter einem entsetzlichen Eklat platzte. Ihnen ist bekannt, daß Seine Königliche Hoheit Lust bekamen, sich in die Humanitätsgesellschaft aufnehmen zu lassen.«
    »Was er nur in all den Gesellschaften sucht!« sagte die Almedingen.
    »Man sagt, den Geist, den er – an einem andern Ort nicht finden kann. Ob es ihm in der Humanitätsgesellschaft gelingt, lass' ich auf sich beruhen. Die Aufnahme ist sehr einfach durch ein Ballotement erfolgt, in dem noch Niemand durchfiel. Nur eine schwarze Kugel war in der Urne, die sich seltsamerweise bei jeder Aufnahme findet. Beim Rezeptionsdiner neulich scherzte der Prinz darüber, und äußerte, er möchte wohl Den kennen, der ihn aus der geehrten Gesellschaft hinaus ballotiren wolle. Lombard, der bei sehr guter Laune war, ärgerte sich gerade über den Geheimrath, der zu eifrig eine farcirte Fasanenbrust tranchirte, auf die er vielleicht selbst reflektirt hatte. Er flüsterte mit ernsthafter Miene, die Augen auf Lupinus gerichtet, dem Prinzen etwas ins Ohr, und die Achseln zuckend, schloß er halb laut: er ist sonst ein braver Mann, man begreift nicht, wie er dazu gekommen ist. Der Prinz starrte lachend den Regenten der Vogtei an. und wenn er es nicht selbst bemerkte, so flüsterten seine Nachbarn es ihm ins Ohr. Nun hätten sie den unglücklichen Geheimrath sehen sollen. Ein Schauspiel für Götter, wie er auffuhr, Messer und Gabel fallen ließ, kreideweiß, der Stuhl hinter ihm fiel nieder. Man kann buchstäblich sagen, die Augen gingen ihm über, und die Stimme versagte ihm. Er wehte sich mit den Händen Luft zu. Endlich brach es los. Ein Gefangener am Marterpfahl bei den Irokesen, sah er alle Augen auf sich gerichtet, und der Prinz hatte die Grausamkeit, mit dem Ernst eines Generals beim Kriegsgerichte ihn unverwandt anzustarren. Nun, meine Damen und Herren, die Beredtsamkeit des Geheimrath Lupinus mögen Sie sich denken. Nachdem er die Wolken der unerhörten, fürchterlichen Verleumdung zu zerstreuen gesucht, kam er auf sein theures Ich zu sprechen, natürlich französisch, welches von der Muttermilch an nur in Devotion für das Königliche Haus sich gesäugt. Nach vielen Endlich – Aber – Rückfällen – Wiederholungen – gerieth er in eine Art dithyrambischen Schwunges, und aus der Kehle oder der Brust kam ein Lobgesang auf das Königliche Blut, das so rein und heilig, wie es im Herzen pulst, durch alle Glieder stieße, daß jeder Tropfen davon reiner sei, wie der Purpur des Morgenrothes. – Alle sahen auf den Prinzen, der bis da mit unveränderter Miene den Mann angeschaut – er mochte eine Viertelstunde gesalbadert haben – als er rasch aufstand, das gefüllte Glas in die Hand nahm und die Lippen öffnete. Ringsum gespannte, bange Erwartung. ›
Mais
–‹ riefen Seine Königliche Hoheit, – eine kleine Pause –›c'est assez!‹ – Kein Wort weiter. Sie stürzten das Glas runter, stampften es auf den Tisch und konversirten mit ihrem Nachbar weiter über die Trüffelpastete.«
    Der Besternte, einem fremden Hofe angehörig, schwellte sichtlich von einem innern Behagen, das er zu verbergen sich Mühe gab, während die Hofdame erblasst war: »Entsetzlich! Und –?«
    »In der Gesellschaft war eine Todtenstille, Jeder sah auf seinen Teller.« – »Und der unglückselige Prinz?« – »Aß mit großem Appetit. Vielleicht dachte er nach, ob die Gesellschaft eines so genialen Einfalls werth war. Lupinus saß, was man in Berlin sagt, ›wie übergossen‹. Er ließ alle Schüsseln vorübergehen.« – »Unglaublich!« riefen beide Zuhörer, jeder dachte etwas andres. »Daß solch ein Mensch

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