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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Luft zu schwirren schien, ihre brennenden Backen noch röther machte. Der Eimer schnellte aus ihrer Hand, und das Wasser, das sie nicht trinken sollte, überschüttete sie aus den Lüften. »Es geht doch nichts über die Unvernunft solcher Leute. Zu trinken wenn sie erhitzt sind!« – Das Mädchen weint, aber sie beklagt sich nicht. Der Hausherr hat das Recht. Auch die Hausfrau widerspricht nicht: nur flüstert sie ihrem Alten zu: »Alter! Solchen Leuten schadet es nicht. Das liebe Vieh trinkt auch, wenn es Lust hat und frägt nicht, ob's die Doktoren verboten haben.«
    Nun ist alles helle Thätigkeit inner und außer dem Hause. Jeder hilft mit, denn mitarbeiten an der Herrichtung der Tafel zum Mittagstisch, ist ein Theil der Freude. Jeder, nur der Vater nicht. Ihm wird der erste Schemel unter die Linde gesetzt, daß er in Ruhe seine Pfeife rauchen kann. Die Bäuerin will dem Herrn Kriegsrath selbst die Kohle bringen, aber Adelheid nimmt ihr die Zange ab. Und nachdem er mit dem Finger nachgestopft, und einige Züge versucht, kräuselte es sanft aus dem Meerschaumkopf, und aus den Lippen schießen Rauchwirbel regelmäßig hervor. Die Pfeife zieht, alles ist in Ordnung, der Vater nicht freundlich der Tochter zu, und sie flieht vergnügt ins Haus.
    Was soll man zuerst ergreifen! Die Bäuerin eilt aus Heck, auf den kleinen Hügel, und pfeift durch die hohle Hand nach dem Felde. Sie mussten es wohl gehört haben, denn bald wimmelt es von kleinen Semmelköpfen in Flur und Küche, die ihr zur Hand sind. Da knarrt der Ziehbrunnen, das Reisig prasselt auf dem Herde, bald lodern und knallen auch die Scheite frischen Holzes, die der älteste Knab' noch eben im Hofe gespalten, und die Mutter aus der Stadt packt in der Stube aus den Körben und Beuteln und vertheilt und bespricht mit der Hausfrau. Aber eben so schnell tragen die Knaben und die Magd Tisch, Schemel und Bänke aufs Grüne unter die Linde. Es fügt und schichtet sich, wenn auch nicht ganz regelrecht. Wie kann ein winklich gezimmerter Tisch grad auf der Erde stehen, die ja rund ist! Das Tischtuch fliegt hinauf, die irdenen Schüsseln und Teller halten es fest, wenn ein Luftzug die Zipfel überschlagen will, und die Schüsseln füllen sich schon, nicht vom Reis, der noch über dem Feuer siedet, aber von den Lindenblüthen, die der Zephyr von den Zweigen schüttelt.
    Es war ein goldiger Tag. Die Hitze war nicht gering, aber auf den Körper des Familienvaters, der ausruhen sollte von der Arbeit einer Woche, schien sie wie ein Balsam sich zu senken. Seine Frau zog sich einen Schemel neben ihn. Drinnen war alles geordnet, sie konnte es den andern überlassen, und den Strickstrumpf vorholen, um auch der Ruhe zu pflegen.
    »Es hat Dich aufgeheitert. Du warst heut Morgen anders,« sagte sie; »noch als wir zum Thor hinausgingen, sahst Du vor Dich hin, daß ich wunders dachte, was es wäre.«
    »Und Du eiltest so aus dem Thor, daß ich auch dachte, wunders was es wäre.«
    Sie ließ den Strickstrumpf sinken: »Ja, sieh mal, ich hätte es nicht gern gehabt, wenn uns Einer begegnet wäre. Denn eigentlich, es ist doch nicht, was sich für uns schickt, ich meine nämlich für Dich. Ja, als Du noch Subalterner warst – aber nun, und wer weiß, was Du noch wirst, da der Justizminister es mit Dir so gut meint.«
    Der Ehemann blies einen langen Dampf in die Luft und ließ die Pfeife am Fuße ruhen: »Das ist nicht immer ein Glück. – Schickt sich Gottes Natur nur für die Subalternen, für die Vornehmen aber nicht?«
    »Wie Du wieder bist, Mann! Ist nicht Gottes Natur auch in den Zelten und im Hofjäger? – Ins Freie raus ist recht hübsch, ja, und ich sage gar nichts dagegen, aber so zu Fuß mit Sack und Pack! – Das schickt sich doch nicht mehr.«
    Er war bei guter Laune: »Nächstes Mal wollen wir einen Wagen nehmen.«
    Sie nahm die gute Laune wahr: »Es ist mir auch schon recht, daß Du lieber hier raus wolltest, als nach Charlottenburg, denn da sind immer unterwegs die Soldaten und die Gensd'armenoffiziere flankiren in den Gärten nach hübschen Gesichtern, und Du hast schon recht, hier heraus kommen sie nicht geritten, weil's zu sandig ist und die vornehmen Equipagen nicht herfahren, aber sieh mal, unsre Kinder werden doch jetzt größer, besonders die Adelheid – Was siehst Du denn so besonders dahin?«
    »Ich freue mich, daß die Adelheid so groß geworden ist.«
    »Ist Dir sonst was Besonderes?«
    »Ja, ich habe Lust nach was Besonderm,« nickte er, »denn ich bin

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