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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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der Vater die Einwilligung. Klavierspielen – auch das – aber Aesthetik! Ja, Gellert und auch Bürger und vor allem der treffliche Gleim! Er konnte alle seine Preußenlieder auswendig. – »Mann! Mann!« sagte die Mutter, »da lächeln sie über uns. Sie sprechen immer nur über Schiller und Goethe und Tiedge! Die muß sie kennen lernen.« Gegen Schiller hatte der Kriegsrath nichts einzuwenden; die Königin liebte diesen Dichter, und er hatte erfahren, daß auch der König sich einmal günstig über ihn geäußert. Und Goethe ließ er passiren, sein Götz von Berlichingen hatte ihm wunderbar ums Herzl geklungen. »Solche eiserne Hand thäte unserer Zeit noth!« Aber Tiedge, der sollte ja extravagante Ideen, und die ganze junge Schule unsittliche Grundsätze predigen. Darüber wusste die Mutter nicht Auskunft zu geben, sie hatte nur gehört, daß er ein frommes und himmlisches Gedicht geschrieben, was Orania heißt, und ein anderes, was die Verkehrte Welt heißt. Das wäre nicht so gut; dafür wäre er aber der Verfasser von sehr hübschen und moralischen Kindermärchen. Im Uebrigen, meinte sie, was sich für junge Mädchen schickt, werde wohl der Lehrer am besten wissen.
    Damit war auch der Vater einverstanden, auch daß Adelheid in bessere Gesellschaft gebracht werden sollte. Nur über die Familien, wo man sie einführen sollte, war man in Streit. Endlich schloß der Vater: »Meinethalben, wo Du willst, denn Du kennst die Frauen besser als ich; nur nicht, wo sie Romane findet und Offiziere.«
     
Zehntes Kapitel.
     
Die alte Zeit.
    Mit einem Schlag auf die Schulter, rief eine Stimme hinter ihm: »Und warum keine Offiziere, alter Schwede! – Willst am Ende auch mit mir nicht mehr umgehen? Meinst, ich könnte Deine Tochter verführen! So seid Ihr Menschen am grünen Tisch und hinter den Büchern, lasst Euch einen Schreck vom ersten Besten einblasen und weil Ihr nicht die Augen aufzuschlagen wagt, um dem Ding in's Gesicht zu sehen, vermeint Ihr, es sei Wunder was. Ich sage Dir, wer nicht der Gefahr entgegen geht, der ist schon halb verloren. Was wäre Preußen, wenn wir abgewartet hätten, bis die Oesterreicher und die Franzosen und Russen den siebenjährigen Krieg anfingen? Daß wir nicht die Hände in den Schoß legten, daß wir nicht abwarteten, bis der liebe Gott es so schickte, daß wir in ihr Gespinnst drein schlugen, eh's zum Netze ward, das hat uns Glück gegeben, uns stark gemacht und groß. Wäre der alte Fritz ein Duckmäuser gewesen, und hätte gewartet und gelauert, bis die Anderen angegriffen, dann hätte der liebe Gott ihm auch nicht beigestanden, und was aus unserm Preußen geworden, das weiß der Teufel.«
    Ein herzlicher Händeschlag folgte dem Schulterschlag. Auch mit der Frau Kriegsräthin: »Reden Sie meinem Manne nur ein Bischen ins Gewissen rein, Herr Major, 's thut zuweilen Noth, wenn er gar zu zipp ist. Sonst ist's ein guter Mann. Und zu Tisch bleiben Sie doch unser lieber Gast? Es wird gleich angerichtet.«
    »Dante schönstens, Frau Kriegsräthin, habe meinen Speckeierkuchen schon im Kruge verzehrt, aber ein Gläschen Wein, da ich so was im Korbe flimmern sehe, und auf des Königs Gesundheit, das schlägt ein guter Soldat und Unterthan niemals aus.«
    Der Invalide konnte doch nicht lange stehen, zum einen Schemel unter der Linde war ein zweiter gerückt, und als die Wirthin sich empfahl, um in der Küche nachzusehen, dampften schon zwei Pfeifen.
    »Es kann doch nicht Dein Ernst sein,« sagte der Kriegsrath. »Denn wer kennt besser unsere Offiziere als Du!«
    »Freilich kenne ich sie, ich habe sie jedoch auch gekannt, als sie noch andere waren. Aber das weiß ich auch, je mehr Ihr Euch von ihnen zurückzieht, um so schlimmer wird's. Auch die Soldaten waren nicht so arg, als Friedrichs Auge noch über sie wachte. Doch das thut's nicht allein. Wenn Ihr nicht vor ihrem Anblick liefet und die Thüren zuschlügt, wo einer nur von fern sich blicken lässt, wenn Ihr ihnen offen entgegenträtet, ein ernst Wort mit ihnen sprächet, so würdet Ihr manches anders finden, als Ihr denket. Sie sind auch Menschen, aber wenn Ihr sie nur als Vogelscheuche betrachtet, das macht sie wild und boshaft.«
    »Aber Du giebst mir doch recht, daß man ein junges Frauenzimmer vor den Offizieren wahren muß. Vor allem eines, das noch unerfahren ist?«
    »Da schlägst Du Dich selbst. Ein junges Frauenzimmer, das sich zu benehmen weiß, läuft weit weniger Gefahr, als eins, das schon vor Schrecken aufschreiet, wenn's

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