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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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vielleicht in das Schuldgefängniß.« Das Verhältniß war stadtkundig: »Mein Gott, wer hat denn da nun Recht? Der junge Walter ist auch ein so braver Mann!« Der Rath zuckte die Achseln: »Baroneß, das sind Fragen, auf die nur der liebe Gott Antwort weiß.«
    Die Baronin drückte plötzlich die Hand ihres Begleiters und der Freudenstrahl in ihrem Auge schien zu sprechen, daß der liebe Gott wohl Antwort gegeben habe. Der alte van Asten, der noch eben den Stock mit beiden Armen unmuthig auf die Erde gestampft und den Hut in die Stirn gedrückt hatte, um den Garten zu verlassen, war plötzlich stillgestanden. Eben so rasch wandte er sich um, und fiel dem Sohn, der ihm wehmüthig nachgesehen, um den Hals. Ob sie etwas gesprochen und was, wer konnte das hören, besonders jetzt, wo wieder ein feierlicher Marsch von Blaseinstrumenten durch die einbrechende Dämmerung schmetterte. Die Baronin riß ihren Führer auf die Estrade. War erst jetzt die Ordre gekommen? Die Gensdarmen zogen aus der Stadt, um in einem benachbarten Dorfe Nachtquartier zu halten. Noch war es hell genug um sich zu erkennen, und ein letzter rother Schimmer färbte die Federbüsche und Gesichter der Reiter. Die Baronin ließ ihr Tuch wehen, er sah es und salutirte mit dem Degen. Sie sprach kein Wort, aber unverwandten Blickes starrte sie hin, bis die Gestalt sich in der Menge verlor, dann lehnte sie sich, wie erschöpft, auf die Schulter des Rathes. »Wir werden uns wiedersehen!« kam es wie aus tiefster Brust. – Unfern von ihr schrie eine andere weibliche, Stimme: »Ich werde ihn nie wiedersehen! Was soll aus mir werden!« Charlotte war auf eine Bank gesunken. Zum Glück stand jetzt neben ihr ein ältlicher Herr – denn unter den übrigen Zuschauern schien keiner sich um den andern zu kümmern, ihre Blicke und ihre Gedanken gehörten den schönen, jungen ausmarschirenden Reitern allein an. Der ältliche Herr klopfte ihr auf die Schultern: »Charlotte, weine Sie nur nicht, gebe Sie sich zur Ruhe, es wird sich schon Alles finden, und ich verlasse Sie nicht.«
    Es war eine besondere Stimmung unter Allen, sehr verschieden von der lauten beim Vorüberziehen der frühern Regimenter. Hatte der Abend sie gemacht? Waren die Gensdarmen grade die Lieblinge der Zuschauer? Man hörte keine lauten Hurrahs, keinen jubelnden Zuruf, nur unterdrücktes Schluchzen. Vielleicht that's die Regimentsmusik; sie spielte die Melodie eines alten Volksliedes von Morgenroth und frühem Tod. Nachher flüsterte man sich zu: Prinz Louis sei in seinem Mantel verhüllt unter dieser Schwadron in der Stille mit ausmarschirt. In den Sälen, die als sehr bescheidene Pavillons des auch bescheidenen Restaurationsgebäudes in den Garten ausliefen, hatten einzelne Familien und Gesellschaften zum Abendbrod sich vereinigt. Die Lichter wurden schon angezündet, es sah aber wenig festlich aus, trotz der Astern und anderer Herbstblumen, die eine sorgende Hand wohl hie und da auf den Tisch gestellt. Luft und Boden, die Dielen auf dem Erdreich liegend, waren kalt und feucht, die Frauen hatten ihre Enveloppen, die Männer ihre Ueberröcke umgethan. Es war auch sonst ein Etwas, was die helle Freude nicht aufkommen ließ.
    In einem dieser Pavillons hatte der Geheime Kriegsrath Alltag seine Familie und einige Bekannte vereinigt. Als Fuchsius die Baronin vorüberführte, um sie nach ihrer Equipage zu geleiten, rief sie, durch die hellen Fenster blickend: »Herr Je – da geht ja Adelheid mit dem jungen van Asten.« – »Er war ihr hochverehrter Lehrer,« sagte der Rath, »und der alte Alltag hat zum Abschied alle nächsten Angehörigen zu sich gebeten« – »Geht er auch mit in den Krieg?« – »Er nicht, aber seine Tochter. Die Königin folgt ihrem Gemahl ins Hauptquartier, und Mamsell Alltag ist, als Gesellschafterin der Viereck, bestimmt. Ihre Majestät zu begleiten.« – »Das ist eigen,« sagte die Baronin, »das schöne junge Mädchen in den Krieg! Was man nicht erlebt! Wissen Sie wohl, was ich glaube?« – »Gewiß etwas Richtiges.« – »Der Alte mochte damals nicht die Brautschaft. Jetzt, glaube ich, gäbe er etwas drum, wenn die Adelheid beim jungen Asten geblieben wäre. Er ist ein solider Mensch, und die Leute meinen, er wird eine gute Karriere machen. Hübsch ist er nicht, aber es ist so etwas in ihm – man traut ihm aufs Wort.«
    Möglich, daß die Baronin das Richtige getroffen hatte. Der alte Alltag, der schweigsam in der Gesellschaft umherging, drückte bei einer Gelegenheit

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