Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
Vom Netzwerk:
zwischen sich.
    Es waren furchtbare Minuten. Das Wasser klatschte, mit blauen Blitzstrahlen gemischt, auf die Erde, vor ihnen nur ein wellender Spiegel vom Winde gepeitscht. Ein Todtenschweigen, nur durch das Gewimmer der Mutter einmal unterbrochen: »Und alles das, um acht Groschen zu sparen. Du rechnest auch nicht, was die verdorbenen Kleider werth sind!« Die Antwort des Vaters übertäubte ein Aufschrei aus Aller Munde. Der Regen von den höher gelegenen Feldern zur Rechten ergoß sich in einen Graben, der in der Regel ganz trocken und verschüttet war. Das aufschwellende Wasser brach den Damm und wühlte, ein breiter Bach, den Fußsteg auf, dicht vor der Ulme, und ein immer tieferer und rauschender Strom schnitt der Familie den Weg nach der Stadt ab.
    »Seht nicht in die Blitze, das verdirbt die Augen!« rief der Vater. »Wenn's nur nicht so gräßlich donnerte!« jammerte die Magd. »Und unsere besten Sonntagskleider sind hin!« – »Uns erwartet ein trocknes Haus und warme Betten,« sagte der Vater. »Denk' Dir unsere armen Soldaten im Kriege, die haben kein Haus und keinen Mantel.« – »Aber ihre Monturen muß der König bezahlen,« entgegnete die Kriegsräthin. »Wer bezahlt der Adelheid das neue Kleid? Und wenns sie's Fieber kriegt!« – »O Gott, wir gehen alle unter,« schluchzte wieder die Magd, als ein stärkster Donnerschlag dicht über der Erde hinzurollen schien. »Wär' ich doch nie in den Dienst gegangen!«
    Da schien das stärkste Gewitter sich entladen zu haben. Die zusammengekeilten Wolken brachen. Es rauschte noch vom Himmel und er schien sein blaues Licht niederzugießen, aber man hörte auch schon wieder die Bäume rauschen und der Donner ward dumpfer. Man hörte auch einen Wagen. Die Pferde stampften im Wasser. Es war die Obristin mit ihren Nichten. Ein heller, lang andauernder Blitz – ein Schrei der Freude und des Schreckens.
    Hätte die Frau Kriegsräthin doch mögen in die Erde versinken, als der Kutscher hielt. Ach es war weder Zeit, sich zu schämen, noch Toilette zu machen. Die gute Obristin hätte so gern Alle mitgenommen! Was an Platz war in der Kutsche, sie sollten nur kommandiren; die Kleinen wollten sie schon auf den Schooß nehmen. »Mann, um Gottes Willen, Du wirst doch jetzt nicht Bedenklichkeiten machen!« Hinsichts der drei Kinder machte er auch keine, sie waren rasch hineingeschoben. Aber wer sollte den leeren Eckplatz einnehmen! Die Kriegsräthin hätte sich ja nimmermehr hineingedrängt. Sie war so stark und naß, und in solchem Aufzuge! »Väterchen Du,« rief Adelheid. Konnte er Mutter und Tochter allein in Nacht und Regen lassen? »Kommen Sie Adelheidchen, Sie erkälten sich ja ganz die Füßchen,« rief die Obristin. »Wenn für die Kinder gesorgt ist, für die Eltern sorgt der liebe Gott.« Der Kutscher entschied in letzter Instanz über alle Bedenklichkeiten. Er ließ mit einem »Donnerwetter, wenn's nicht bald wird!« die Peitsche knallen, und ich glaube, er hätte sein Wort gehalten.
     

Vierzehntes Kapitel.
     
Wie es im Hause aussieht.
    Weshalb der Kriegsrath endlich nachgab, war, daß er in der Ferne die Gensd'armerieoffiziere gallopiren hörte. Aber die Wagenthür klappte noch in der Luft, sie hatten sich noch keinen Abschied zugerufen, als die Räder schon durch den fluthenden Gießbach rollten.
    Entweder wollte er die Wagenthür zuschlagen, oder war es, um seiner Tochter Anweisungen zu geben, weshalb der Vater nachstürzte. »Der Herr Kriegsrath ertrinken!« schrie die Jette; aus der Kutsche wehten sie, er möge zurückbleiben.
    »An den Tag werden wir lange denken!« entfuhr es dem Kriegsrath. Seine Frau drückte verstohlen seine Hand, er drückte sie wieder. »Und Mamsell Adelheid werden auch bald warm werden,« tröstete die Jette, »sie sitzen so eng zusammen.«
    Die Offiziere ritten vorüber, ohne von der Familie Notiz zu nehmen. Das Wasser war schon im Ablaufen und man versuchte die Passage. Sie gelang endlich nach der richtigen strategischen Maßregel, daß ein Fluß leichter an der Quelle als am Ausströmen zu forciren ist. Forcirt musste er aber doch werden; und man versank nicht allein im Moor und Wasser, sondern auch im trockenen Sande, da ein Platzregen in sandigen Gegenden das Eigene hat, daß er nur die Oberfläche durchnässt.
    Die Sterne schienen wieder auf einen langen sauren Weg. Der Kriegsrath ging, Arme und Stock auf dem Rücken, vorauf, er schien in die Sterne zu sehen.
    Auf dem Berge erwartete er Frau und Magd. Sie gingen eine

Weitere Kostenlose Bücher