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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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machen. Solche gute Staatsdiener wie Du, müssten sich ihrem Könige erhalten, das wäre ihre Pflicht und Schuldigkeit, und sie hätte so viel zu Deinem Lobe gehört, was sie in der Seele erfreut, und sie wisse auch schon, daß Dein Avancement vor der Thür steht.«
    »Da hat sie zu viel gehört,« unterbrach der Kriegsrath und ging auf und ab. »Damit ist es vorbei. Ich hörte –«
    »Hat sie auch gehört, Du solltest Dir aber keine grauen Haare darum wachsen lassen. Ein vornehmer Graf aus Schwaben oder Schweiz, oder was er ist, der möchte den Geheimrath Lupinus aus der Patsche ziehen, und es soll ihm schon gelungen sein, daß er die andern Gefangenen dazu rum gekriegt eine Schrift zu unterschreiben, daß sie schuld wären und nicht er .«
    »Und im Grunde soll's mir auch lieb sein,« sagte der Kriegsrath, »von wegen seines Bruders in der Jägerstraße. Die Brüder Lupinus lieben sich zwar nicht sehr, es wäre aber doch immer hässlich, wenn es hieße, daß ich ihn aus dem Dienst verdrängt. – Und wegen des Lehrers habe ich auch heut mit dem Herrn Geheimrath gesprochen. – Er ist ein junger Mann, aber wir sollten uns daran nicht stoßen, sagte der Geheimrath. Er kennt ihn seit Jahren, und er hilft ihm bei seiner Bibliothek. Ein Mann von admirablen Kenntnissen, und treibe gerade das, was ein junges Mädchen braucht, um in den Gesellschaften nicht den Mund zuzuhalten. Und wir würden schon zufrieden sein. Er wird sich heute Nachmittag uns präsentiren.«
    Diese Erwartung gab in der stillen Häuslichkeit wieder einige Unruhe. Adelheid hatte die meiste Besorgniß, sie fürchtete das erste Examen, und daß sie der Lehrer doch gar zu dumm finden würde.
    Die Unruhe nahm mit Verlauf des Tages zu. »Die Adelheid stellt sich wirklich vor,« sagte die Mutter, »als würde er sie mit dem Lineal auf die Finger klopfen.«
    Endlich klingelte es, kurz vor der Dämmerstunde, der Lehrer trat ein. Den Eindruck, den er auf den Vater machte, war ein guter. Er hatte sich einen excentrischen jungen Mann gedacht, laut und viel sprechend, wie ihm die jungen Männer von der Schule geschildert worden, zu der er gehören sollte. Aber er war von bescheidenem, ernstem, gehaltenem Wesen. An seinem Benehmen sah man, daß er die Welt kannte. Seine Anrede war bestimmt, fest und kurz. Auch der Mutter mißfiel er nicht, aber die Frau Kriegsräthin glaubte sich doch einem solchen bloßen Privatlehrer gegenüber ein Air geben zu müssen, und sie fragte ihn, womit er seine Lektionen anzufangen denke?
    »Dazu gehört, daß ich meine künftige Schülerin kenne,« entgegnete er, die Handschuhe leicht in den Hut werfend, um den Stuhl einzunehmen, den der Vater ihm präsentirt.
    Aber die Schülerin präsentirte sich schon selbst. Adelheid, die bei seinem Eintritt abwärts gestanden, war unbefangen vorgetreten, und ohne die Vorstellung der Mutter abzuwarten, sprach sie, sich leicht neigend: »Ihre Schülerin ist schon hier, ich bin es.«
    Die Mutter wunderte sich über die plötzliche Dreistigkeit ihrer Tochter; aber sie bemerkte, daß der Lehrer erschrak. Er wich einen halben Schritt zurück und erröthete. Adelheid meinte später, die Mutter könne sich wohl getäuscht haben, da es schon anfing, dunkel zu werden. Als die Jette das Licht gebracht, setzte man sich, und Herr van Asten schien so unbefangen als beim Eintritt. Man sprach über dies und jenes, Tagesereignisse und Naturerscheinungen, man ward über die Stunden einig, über die Bedingungen war man es schon vorher durch den Geheimrath. Er hatte gar nicht examinirt und doch sagte er beim Abschied zur Mutter: er wisse nun genau, wo er anfangen solle. Adelheid nahm das Licht vom Tisch und leuchtete ihm hinaus. Vom Treppengeländer aus wünschte sie ihm eine gute Nacht.
    Die Mutter begriff ihre Tochter nicht; noch eben so bang und plötzlich so unbefangen. Adelheid erklärte, der Herr van Asten komme ihr gar nicht wie ein Lehrer vor, sondern wie ein gewöhnlicher Mensch. Er spräche ja so, daß ein Kind ihn verstehen könnte. – Das aber gerade machte die Mutter bedenklich, ob ihr Mann auch an den rechten gerathen. Sie hatte Achtung gegeben, ob er nicht einmal einen Dichter oder einen berühmten Schriftsteller citiren werde. Aber wenn sie das Gespräch darauf lenkte, brach er ab, oder vielmehr er lenkte es auf Dinge, die Jedem geläufig, und wenn nicht, gab er solche Erklärungen davon, daß sie Jedem verständlich wurden. Ein Lehrer muß doch da sein, um zu belehren, und doch wenigstens zuweilen

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