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Ruhe Sanft

Ruhe Sanft

Titel: Ruhe Sanft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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fahren. Mark hatte sich angehört, als würde er gleich zusammenbrechen. Es war eine zu starke emotionale Bindung für einen Dreizehnjährigen. Da Mark ohne Vater aufgewachsen war, hing er zu sehr an Smith, und sie nutzte seine Anhänglichkeit als emotionale Krücke aus. Er brauchte anderen Umgang, mehr Freunde seines Alters.
    Wetzon kleidete sich fürs Büro, denn sie mußte heute unbedingt hingehen, in ein braunes Tweedkostüm und einen Kamelhaarpullover. Sie legte nur das allernötigste Make-up auf und packte ihr morgendliches Vitaminsortiment zu ihren Papieren in die Einkaufstasche. Der Rucksack stand auf dem Boden neben der Tür, und sie leerte ihn aus und nahm die Brieftasche und ihre Notizen heraus. Die Cognacflasche stellte sie auf die Küchentheke.
    Eingepackt wie für den Nordpol wagte sie sich auf die 86. Street hinaus. Es war kein Portier zu sehen, und der Hausmeister, Camillo Peresi, schaufelte den Bürgersteig frei und pfiff dabei vor sich hin. Die Sonne schien so strahlend und warm, daß sie die Eiszapfen schmelzen ließ, die vom dunkelbraunen Vordach des Hauses hingen.
    »Heute hat sich noch keiner blicken lassen«, erklärte Camillo und lächelte sie mit seinen Zahnstummeln an. Er hatte eine kleine Baskenmütze auf und sah wie ein baskischer Bauer aus. Er hörte auf zu schippen und stützte sich auf die Schaufel. Da er im Haus wohnte, war er für alles verantwortlich, wenn das Personal nicht aufkreuzte.
    »Tut mir leid.« Wetzon hielt die Straße hinauf und hinunter nach einem Taxi Ausschau. Sie war besorgt, nicht so sehr wegen Smith, sondern wegen Tommy Lawrence... und Carlos. Die Bürgersteige waren freigeschaufelt, und in den Rinnsteinen türmte sich der Schnee. Camillo hatte einen ordentlichen Zugang zwischen den Schneebergen und der Straße freigelegt.
    Die Luft schien ihr beinahe mild.
    Ein Taxi hielt vor ihrem Haus, und ein schlanker sonnengebräunter Mann im Ledermantel stieg aus, wobei er vorsichtig darauf achtete, daß seine feinen schwarzen Lederstiefel nicht naß wurden. Er trug eine Reisetasche von Louis Vuitton über der Schulter und eine passende Vuitton-Aktentasche in der Hand. Er und Wetzon nickten einander vertraut zu, wie es Menschen tun, die seit langem Nachbarn sind. Er war der künstlerische Leiter einer großen Werbeagentur, der ständig zwischen New York und Los Angeles pendelte.
    »Willkommen zu Hause«, begrüßte Wetzon ihn. »Wir waren fleißig, als Sie weg waren.« Sie hielt ihm die Taxitür auf.
    »Das sehe ich.« Er schüttelte den rötlich gelockten Kopf.
    »Wie war Kalifornien?«
    »Kalt und feucht.«
    »Deshalb bleibe ich lieber hier.« Wetzon stieg in das Taxi und gab Smith’ Adresse an.
    Die Stadt grub sich mit zwanghafter Tüchtigkeit aus. Die Hauptstraßen waren völlig frei, und die Nebenstraßen waren zwar durch schneebedeckte Autos eingeengt, aber zumindest befahrbar. Sie machte in Gedanken eine Liste der Leute, die sie anrufen mußte. Kevin De Haven, Peter Tormenkov, Hazel, Teddy... Letzte Nacht — Judy Blue, so plötzlich zu sehen — aus heiterem Himmel... Judy Blue. Es war zuviel, um Zufall zu sein, aber was sollte es sonst sein? Und Teddy war auf dem ganzen Heimweg völlig down gewesen. Er hatte nicht einmal angeboten, sich am Fahrpreis zu beteiligen, als sie ihn an der Ninth Avenue abgesetzt hatten.
    »Melden Sie mich bitte an, Tony«, bat sie Smith’ Portier und ging in der Halle zum Aufzug, wo zwei kleine dunkelhäutige Frauen standen, die auf Spanisch über das U-Bahnsystem klagten. Sie stiegen mit ihr ein und auf verschiedenen Etagen aus.
    Mark wartete in der Tür und sah sie aus dem Aufzug aussteigen. Sein Gesicht war fleckig vom Weinen. Sie mußte mit Smith über ihn reden.
    »Keine Schule heute?« Sie berührte seine Wange, dann trat sie zurück und zog die Stiefel aus.
    Er schüttelte den Kopf. »Sie fällt heute wegen des Schneesturms aus.« Sie gingen in die Wohnung, und Wetzon zog die Tür hinter sich zu.
    Zu dumm, dachte sie, während sie Mantel, Schal und Mütze ablegte und Mark reichte. Sie hätte ihn in die Schule verfrachten und sich allein mit Smith auseinandersetzen können. »Wo ist sie?«
    »In ihrem Schlafzimmer.« Er rang die Hände wie ein besorgter kleiner alter Mann. »Meinst du, es geht in Ordnung?«
    »Bestimmt. Du weißt, wie zäh sie ist. Ich bin sicher, daß etwas sie nur im Augenblick aus der Fassung gebracht hat.« Sie ging auf die geschlossene Schlafzimmertür zu und klopfte leise. »Smith?«
    »Geh weg.« Smith’

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