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Ruhelos

Ruhelos

Titel: Ruhelos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Boyd
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fragte, wie er mir helfen könne, also erzählte ich ihm so behutsam und vage, wie es nur ging – schließlich war ich in diesen Dingen nicht sehr bewandert –, dass ich vorhätte, einen Mann zu interviewen, der während des Krieges eine ziemlich hohe Position beim Geheimdienst innehatte. Ich sei auf einige Hintergrundinformationen angewiesen, insbesondere zu der Frage, was sich 1940 und 1941 in Amerika abgespielt hatte – vor Pearl Harbor.
    Thoms bemühte sich gar nicht erst, sein erwachtes Interesse vor mir zu verbergen.
    »Ach wirklich«, sagte er. »Da muss er ein hohes Tier bei der British Security Coordination gewesen sein.«
    »Ja«, bestätigte ich. »Aber ich habe den Eindruck, dass er so etwas wie ein Freiberufler war – sein eigenes kleines Kommando hatte.«
    Jetzt stutzte Thoms erst richtig. »Da gab es ein paar … Irreguläre, aber die wurden im weiteren Kriegsverlauf alle aus dem Verkehr gezogen.«
    »Ich kenne eine Quelle, die für diesen Mann gearbeitet hat.«
    »Verlässlich?«
    »Ja. Diese Quelle hat für ihn erst in Belgien gearbeitet, dann in Amerika.«
    »Verstehe«, sagte Thoms beeindruckt und musterte mich fasziniert. »Ihre Quelle könnte auf einer Goldmine sitzen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Er könnte ein Vermögen mit seiner Geschichte machen.«
    Er. Interessant. Lassen wir’s dabei, dachte ich mir. Und an Geld hatte ich überhaupt noch nicht gedacht.
    »Wissen Sie über den Prenslo-Zwischenfall Bescheid?«
    »Ja. Ein Desaster. Hat eine riesige Lücke gerissen.«
    »Die Quelle war dort.«
    Thoms sagte nichts, nickte nur mehrere Male. Seine Erregung war mit Händen zu greifen.
    »Haben Sie von einer Organisation namens AAS Ltd. gehört?«, fragte ich.
    »Nein.«
    »Sagt Ihnen der Name ›Mr X‹ etwas?«
    »Nein.«
    »Transoceanic Press?«
    »Nein.«
    »Wissen Sie, wer 1941 ›C‹ war?«
    »Ja, natürlich«, erwiderte er jetzt. »Diese Namen kommen jetzt hoch -jetzt, wo die ganze Enigma- und Bletchley-Park-Geschichte enthüllt ist. Die alten Agenten reden – oder drücken sich so aus, dass man zwischen den Zeilen lesen kann. Aber«, er beugte sich vor, »das Aufregende ist – und deshalb bricht mir ein bisschen der Schweiß aus, um ehrlich zu sein: Was der SIS in der Anfangszeit in den USA gemacht hat beziehungsweise die BCS in seinem Namen, ist noch immer die graueste aller Grauzonen. Niemand will darüber reden. Ihre Quelle ist die erste, von der ich höre – eine, die wirklich im Operationsgebiet war.«
    »Es war für mich ein Glücksgriff«, sagte ich vorsichtig.
    »Kann ich Ihre Quelle treffen?«
    »Nein, ich fürchte, nicht.«
    »Weil ich eine Million Fragen habe, wie Sie sich denken können.« Ein seltsames Funkeln war jetzt in seine Augen getreten – der Jagdeifer eines akademischen Spürhunds, der frische Witterung aufnimmt, der erfährt, dass es da draußen eine unverwehte Spur gibt.
    »Ich könnte aber etwas darüber aufschreiben«, schlug ich behutsam vor, »in groben Umrissen, damit Sie sehen, ob das für Sie überhaupt von Bedeutung ist.«
    »Großartig. Ich stimme mit Freuden zu«, sagte er und lehnte sich zurück, als würde er die Tatsache, dass ich zum Beispiel eine Angehörige des weiblichen Geschlechts war und nicht einfach eine neue Informationsquelle, erst jetzt zur Kenntnis nehmen.
    »Kommen Sie mit auf einen Schluck ins Pub?«, fragte er.
    Wir überquerten die High Street, und in einem kleinen Pub nahe dem Oriel College gab er mir einen komprimierten Überblick über die Operationen von SIS und BSC vor Pearl Harbor, soweit er sie verstand, und ich begann meinerseits, ein wenig von dem Kontext zu begreifen, in der sich die Abenteuer meiner Mutter abgespielt hatten. Thoms sprach flüssig und mit ziemlichem Eifer über diese geheime Welt mit ihren verschwiegenen Netzwerken – mitten in Manhattan war offensichtlich ein kompletter britischer Sicherheits- und Geheimdienstorganismus etabliert worden, Hunderte von Agenten, die es darauf abgesehen hatten, Amerika zum Eintritt in den europäischen Krieg zu drängen, obwohl sich die Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung nachdrücklich dagegen aussprach.
    »Wirklich erstaunlich, wenn man sich das mal überlegt. Ohne Beispiel …« Er stockte plötzlich. »Warum schauen Sie mich so an?«, fragte er ein wenig verunsichert.
    »Wollen Sie eine ehrliche Antwort?«
    »Ja, bitte.«
    »Ich frage mich, ob sich die Frisur nicht mit dem Bart verträgt oder der Bart nicht mit der Frisur.«
    Er lachte. Fast schien es, als

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