Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ruhelos

Ruhelos

Titel: Ruhelos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Boyd
Vom Netzwerk:
ohne Mann, die Frau saß am Steuer.
    Nein, sie war schreckhaft, naiv, unprofessionell. Wenn sie derartige Befürchtungen hatte, gab es Methoden, sie auszuräumen. Es war ihre Party. Gebrauch deine Instinkte, hatte Romer gesagt. Allerdings, das würde sie tun.
    Sie ging zurück ins Alamogordo, fuhr mit ihrem Wagen auf der Mesa Road zum State College und fand das neue Motel, das in ihrem Reiseführer angepriesen war – die Mesilla Motor Lodge. Sie mietete einen Bungalow am Ende eines Plankenwegs und versteckte die Mexiko-Karte im Kleiderschrank, hinter der Rückwand, die sie mit der Nagelfeile ablöste. Das Hotel war erst ein Jahr alt, hatte ihr der Page erzählt, als er sie zu ihrem Bungalow geleitete. Im Inneren herrschte immer noch der Geruch von Kreosot, Gips und Sägespänen vor. Der Bungalow war sauber und modern, die Möbel hell und schmucklos. Das halb abstrakte Gemälde eines Pueblos hing über dem Schreibtisch, der mit einer in Zellophan gehüllten Obstschale versehen war, einer winzigen Yucca im Tontopf und einer Schreibgarnitur mit Löschbuch, Briefpapier, Umschlägen, Postkarten und einem halben Dutzend Bleistifte mit dem Hotelsignet. »Das können Sie alles gratis benutzen, mit unserer Empfehlung«, sagte der Page. Sie sei sehr erfreut über das Arrangement, versicherte sie ihm. Als sie wieder allein war, nahm sie zweitausend Dollar aus dem Umschlag und steckte ihn mit dem restlichen Geld zur Landkarte hinter der Rückwand des Schrankes.
    Sie fuhr zurück nach Las Cruces, parkte hinter dem Alamogordo und betrat die Lobby. Ein Mann mit blassblauem Baumwollanzug saß auf dem Sofa. Er hatte weißblondes Haar und ein ungewöhnlich gerötetes Gesicht. Ein Fast-Albino, dachte sie. Mit seinem blassblauen Anzug sieht er aus wie ein Riesenbaby.
    »Hi«, sagte er beim Aufstehen. »Schön, Sie so erholt zu sehen.«
    »Ich hatte gerade zwei Wochen Urlaub.«
    »Waren Sie in den Bergen?«
    »Ich fahre lieber an die See.«
    Er schüttelte ihr die Hand. Seine Stimme klang heiser, aber angenehm.
    »Ich bin Raul.« Er wandte sich an den Portier. »He, Sie, kriegen wir hier einen Drink?«
    »Nein.«
    Sie gingen hinaus und suchten fünf Minuten lang vergeblich nach einer Bar.
    »Ich brauche jetzt ein Bier«, sagte er. Er betrat ein Spirituosengeschäft und kam mit einer Dose Bier heraus, die in einer braunen Tüte steckte. Sie liefen zurück zum Park, setzten sich auf eine Bank unter den Pappeln. Raul öffnete die Dose mit einem Büchsenöffner, den er in der Tasche hatte, und trank das Bier mit großen Schlucken, ohne die Dose aus der Tüte zu nehmen. Diesen kleinen Park in Las Cruces werde ich nie vergessen, dachte Eva.
    »Sorry«, sagte er und ließ die Kohlensäure mit leisem Geräusch aus seinem Magen entweichen. »Ich kam fast um vor Durst.« Eva bemerkte, dass seine Heiserkeit deutlich nachgelassen hatte. »Wasser hilft bei mir nicht«, fügte er zur Erklärung hinzu.
    »Es hat ein Problem gegeben«, sagte Eva. »Eine Verzögerung.«
    »Ach ja?« Plötzlich wirkte er unruhig, verstimmt. »Mir hat keiner was gesagt.« Er stand auf, ging zum Abfallkübel und warf die Bierdose hinein. Danach stemmte er die Hände in die Hüften und blickte in die Runde, als wäre er nicht allein.
    »Ich muss nächste Woche noch einmal kommen«, sagte sie. »Bis dahin soll ich Ihnen erst mal das hier geben.«
    Sie öffnete die Handtasche und ließ ihn das Geld sehen. Er kam schnell zurück und setzte sich neben sie. Sie schob ihm das Bündel zu.
    »Zweitausend. Den Rest nächste Woche.«
    »Ja?«, sagte er, unfähig, seine Überraschung und seine Freude zu verbergen.
    Er hat kein Geld erwartet, dachte sie. Was ging hier vor?
    Raul stopfte das Bündel in seine Jackentasche.
    »Wann nächste Woche?«
    »Sie kriegen Bescheid.«
    »Okay«, sagte er und stand auf. »Wir sehen uns.« Er schlenderte davon. Eva wartete fünf Minuten und hielt weiter Ausschau nach Beschattern. Dann ging sie die Main Street hinauf zu Woolworth, wo sie eine Packung Papiertaschentücher kaufte. Sie bog in eine schmale Straße zwischen der Bank und dem Häusermakler ein und kehrte sofort um, mit eiligem Schritt. Nichts. Sie versuchte noch ein paar andere Manöver, bis sie überzeugt war, dass niemand sie verfolgt haben konnte, ging zurück ins Alamogordo, räumte ihr Zimmer und checkte aus. – Geld zurück? Nein, sorry.
    Sie fuhr zur Mesilla Motor Lodge. Es wurde Abend, die sinkende Sonne tauchte die östlichen Berggipfel in ein dramatisches, von dunklen Rissen

Weitere Kostenlose Bücher