Ruheloses Herz
vor ihren Augen alles zu verschwimmen begann, ging hinter ihr die Tür auf.
Als sie sich umdrehte, sah sie ihre Mutter mit einer Thermoskanne in der Hand auf der Schwelle stehen.
»Ma, was machst du hier? Es ist schon nach Mitternacht.«
»Ich war noch auf und habe bei dir Licht gesehen. Da dachte ich mir, dieses Mädchen braucht dringend eine kleine Stärkung, wenn es noch länger durchhalten will.« Delia stellte die Thermoskanne und eine Tüte auf den Tisch. »Tee und Plätzchen.«
»Oh, du bist wundervoll.«
»Obwohl du wirklich langsam schlafen gehen solltest, Liebling. Dir fallen ja schon die Augen zu. Warum machst du nicht einfach für heute Schluss und gehst ins Bett?«
»Ich bin fast fertig, aber die Pause kann ich trotzdem gut vertragen – und die Stärkung auch.« Sie nahm sich ein Plätzchen, bevor sie sich Tee einschenkte. »Das ist die Strafe dafür, dass ich heute fast den ganzen Vormittag verbummelt habe.«
»Nach dem, was dein Vater erzählt, hast du überhaupt nicht gebummelt.« Delia schob einen Sessel näher an den Schreibtisch heran. »Er ist sehr zufrieden damit, wie Brian Betty voranbringt. Soweit ich weiß, ist er mit Brian überhaupt sehr zufrieden, aber Betty ist eine ganz besondere Herausforderung.«
»Hm.« Und Brian auch, dachte Keeley. »Er macht die Dinge auf seine Art, aber irgendwie scheint es zu funktionieren.« Nachdenklich trommelte sie mit den Fingern auf der Schreibtischplatte herum. Sie hatte vor ihrer Mutter nie Geheimnisse gehabt. Warum sollte sich das jetzt ändern?
»Irgendwie fühle ich mich von ihm angezogen.«
»Ich würde mir Sorgen machen, wenn es anders wäre. Er ist ein attraktiver junger Mann.«
»Ma.« Keeley griff nach der Hand ihrer Mutter. »Ich fühle mich sehr angezogen von ihm.«
Die Belustigung verschwand aus Delias Augen. »Oh. Nun.«
»Und er fühlt sich sehr von mir angezogen.«
»Ich verstehe.«
»Zu Dad wollte ich nichts davon sagen. Männer sehen das anders als wir.«
»Liebling.« Delia stieß einen Seufzer aus. »Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass Mütter diese Sache genauso sehen wie ihre Töchter. Du bist eine erwachsene Frau, die sich ihre Fragen zuerst einmal selbst beantwortet. Aber deswegen bist du doch immer noch meine kleine Tochter.«
»Ich war noch nie mit einem Mann zusammen.«
»Ich weiß.« Delias Lächeln war sanft und fast ein bisschen wehmütig. »Glaubst du wirklich, ich würde nicht merken, wenn sich das für dich verändert hätte? Du hältst zu viel von dir, um dich dem Erstbesten hinzugeben. Das wirst du nur tun, wenn dir der Mann wirklich etwas bedeutet. Und das war bis jetzt offenbar nicht der Fall.«
Das ist unsicheres Terrain, dachte Keeley. »Ich bin mir nicht im Klaren darüber, wie tief meine Gefühle für Brian gehen. Aber ich fühle mich anders, wenn ich in seiner Nähe bin. Ich begehre ihn. Zuvor habe ich noch nie einen Mann begehrt. Es ist aufregend und macht mir ein bisschen Angst.«
Delia stand auf und ging in dem kleinen Büro umher, wobei sie die Medaillen und Urkunden betrachtete. »Wir haben uns früher schon über diese Dinge unterhalten. Über ihre Bedeutung, die Vorsichtsmaßnahmen und die Konsequenzen.«
»Ich bin verantwortungsbewusst und vernünftig.«
»Das stimmt, Keeley, und obwohl das alles wichtig ist, weißt du nicht, wie es mit einem Mann ist. Da ist so eine Leidenschaft.« Sie drehte sich wieder zu Keeley um. »So ein innerer Druck. Es ist nicht einfach nur ein körperlicher Akt, obwohl mir natürlich klar ist, dass es das für manche sein kann. Ich behaupte nicht, dass es ein Verlust ist, seine Unschuld zu verlieren, weil es keiner sein sollte und auch keiner zu sein braucht. Für mich war es ein Anfang. Dein Vater war mein erster Mann«, erklärte sie und fügte leise hinzu: »Und mein einziger.«
»Ma.« Bewegt ergriff Keeley die Hände ihrer Mutter. Ihre Mutter war eine starke Persönlichkeit. »Du bist so lieb.«
»Ich bitte dich nur, dir gut zu überlegen, ob du dir wirklich sicher bist, damit du dich später nicht nur an Leidenschaft, sondern auch an Wärme und Zuneigung erinnerst. Leidenschaft kann sich nach einer gewissen Zeit abkühlen.«
»Ich bin mir ganz sicher.« Jetzt lächelte Keeley und legte sich die Hand ihrer Mutter an die Wange. »Aber er nicht. Und das Komische daran ist, dass ich mir erst jetzt ganz sicher bin, nachdem er gewisse Zweifel hat, weil er inzwischen weiß, dass er mein erster Mann ist. Daran kannst du sehen, dass auch ich ihm etwas
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