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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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würde etwaf bemerken. Früher oder fpäter kommt’f immer rauf, meiftenf früher.«
    Nanny wich einen Schritt zurück. Speichel spritzte von Igors Lippen – bei einem Gespräch mit diesem Mann brauchte man einen Regenschirm. »Ich glaube, von dem Burschen habe ich gehört«, sagte sie. »Hat er nicht neue Leute aus Teilen toter Leute zusammengenäht?«
    »Was, tatsächlich?« entfuhr es Agnes schockiert. »Au!«
»Ja, daf ftimmt. Gibt ef da irgendein Problem?«
»Nein, ich nenne das umsichtig«, erwiderte Nanny und nahm den Fuß
    von Agnes’ Zehen. »Meine Mutter verstand sich bestens darauf, aus alten Teilen eine neue Decke zu nähen, und Personen sind mehr wert als Leinen. Er ist jetzt also dein Herr, wie?«
    »Nein, mein Onkel Igor arbeitet noch immer für ihn. Ift dreihundertmal vom Blitz getroffen worden und schuftet noch immer die ganze Nacht durch.«
    »Trink noch was von dem Brandy, es ist sehr kalt hier draußen«, sagte Nanny. »Wer ist denn dein Herr, Igor?«
    »Einen Herr nennft du ihn?« Das Lallen schwoll an, und damit nahm auch der Sprühregen von Igors Lippen zu. »Ha! Der alte Graf, er war ein echter Gentleman, von der alten Schule. Er wuffte immer, waf fich gehört. Richtige Abendkleidung, jederzeit, fo gehört ef fich.«
    »Abendkleidung?« hakte Nanny nach.
    »Ja! Und diefe Leute tragen fie nur am Abend, kannft du dir daf vorfteilen? Fonft fiehen fie immer in Weften und Fpitzenröcken und waf weif ich herum! Ha! Weift du, waf diefe Leute getan haben?«
    »Sag’s mir…«
    »Die Angeln haben fie geölt, jawohl!« Igor nahm einen sehr großzügigen Schluck von Nannys besonderem Brandy. »In einigen Fällen hat ef Jahre gedauert, bif daf Quietschen richtig klang. Aber nein, immer wieder heift ef: ›Igor, vertreib die Fpinnen auf dem Kerker‹, und: ›Igor, kauf eine ordentliche Öllampe, diefe Fackeln flackern viel zu fehr‹! Ef fieht allef zu alt auf? Daf Dafein einef Vampirf dreht fich doch um Kontinuität, oder? Wenn man fich in den Bergen verirrt und Licht in einem Schloff fieht, fo hat man ein Recht auf richtig quietschende Türen und würdevoll-altmodischen Kram, oder?«
    »Oh, natürlich«, bestätigte Nanny. »Und auf ein Zimmer mit Balkon.« »Ganz meine Meinung!«
»Angemessen wogende Vorhänge?«
»Und ob!«
»Richtig tropfende Kerzen?«
    »Über Jahre hinweg habe ich mich bemüht, fie richtig tropfen zu laffen. Aber niemand schert fich darum.«
»Ich fand schon immer, daß es auf die Einzelheiten ankommt«, sagte Nanny. »Na so was… Unser König hat also Vampire eingeladen.«
    Es pochte leise, als Igor nach hinten kippte, und eine Sekunde später folgte ein kurzes Scheppern, als der Flachmann auf dem Kopfsteinpflaster landete. Nanny hob ihn auf und ließ ihn wieder unter ihrem Rock verschwinden.
    »Kann erstaunlich viel vertragen«, meinte sie. Nur wenige Leute wagten es, Nanny Oggs selbstgebrannten Brandy auch nur zu probieren. Das war auch sehr schwierig: Wenn er mit der Wärme eines menschlichen Munds konfrontiert wurde, verdampfte er sofort. Diesen speziellen Brandy trank man gewissermaßen mit der Nase.
    »Was unternehmen wir jetzt?« fragte Agnes.
»Was wir unternehmen sollen?« wiederholte Nanny.
»Verence hat sie eingeladen. Sie sind Gäste. Meine Frage nach dem
    Warum würde er bestimmt mit dem Hinweis beantworten, ich sollte mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern. Natürlich hätte er genügend Anstand, andere Worte zu wählen«, fügte Nanny hinzu, weil sie wußte, daß der König keine selbstmörderischen Absichten hegte. »Zum Beispiel ließe er es sich bestimmt nicht nehmen, zwei- oder dreimal von ›Respekt‹ zu sprechen. An der Bedeutung ändert sich dadurch allerdings kaum etwas.«
    »Aber Vampire… Was wird Oma dazu sagen?«
    »Hör mal, Mädchen: Morgen sind sie wieder fort. Eigentlich sogar heute. Wir behalten sie nur im Auge und winken, wenn sie abreisen.«
»Wir wissen nicht einmal, wie sie aussehen!«
    Nanny sah zum schlafenden Igor.
»Vielleicht hätte ich ihn danach fragen sollen«, räumte sie ein. Dann erhellte sich ihre Miene. »Aber es ist bestimmt möglich, sie zu identifizieren. Gewisse Dinge sind allgemein über Vampire bekannt.«
    Es gab tatsächlich gewisse Dinge, die alle Leute über Vampire wußten – wobei es jedoch zu berücksichtigen galt, daß sie inzwischen auch den Vampiren selbst bekannt waren.
    Im Großen Saal des Schlosses herrschte ein ziemlich lautes Durcheinander. Viele Gäste drängten sich am Büffettisch. Nanny und

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