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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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erwähnt hatte…
    Diese Bücher waren alt! Aber das galt auch für Vampire. Und sie waren der Kanon der Schriften! Die eiskalte Klinge des Zweifels bohrte sich
    tiefer in sein Gehirn.
    Konnte man wirklich sicher sein, wer was geschrieben hatte? Wem
    durfte man vertrauen? Wo war die heilige Schrift? Wo steckte die Wahrheit?
    Oma stand auf und wankte zur Werkbank, wo Festgreifaah das Glas
    mit der Flamme zurückgelassen hatte. Sie betrachtete es aufmerksam.
    Himmelwärts schloß die Hand fester um den Stiel der Axt. Er mußte
    zugeben, daß sie ihm derzeit etwas mehr Trost spendete als ein Gebet.
    Viel eicht konnte man mit kleinen Wahrheiten beginnen, in der Art von:
    Er hielt eine Axt in der Hand.
    »Ich mö… möchte sicher sein«, sagte er. »Bist du… bist du ein Vam-
    pir?«
    Oma Wetterwachs schien die Frage gar nicht zu hören.
    »Wo bleibt Festgreifaah mit dem Tee?« erkundigte sie sich.
    Der Falkner kam mit einem Tablett herein.
    »Freut mich, daß es dir bessergeht, Frau Wetterwachs.«
    »Es wurde auch Zeit.«
    Der Tee schwappte über, als Oma eine Tasse nahm. Ihre Hand zitterte.
    »Festgreifaah?«
    »Ja, Frau Wetterwachs?«
    »Du hast hier einen Feuervogel, nicht wahr?«
    »Nein.«
    »Ich habe dich bei der Jagd nach ihm beobachtet.«
    »Und ich habe ihn gefunden, Frau Wetterwachs. Aber er ist ums Leben
    gekommen. Nur ein Brandfleck auf dem Boden blieb zurück.«
    »Du solltest mir besser alles darüber erzählen.«
    »Ist dies der richtige Zeitpunkt?« fragte Himmelwärts.
    »Ja«, sagte Oma Wetterwachs.
    Himmelwärts nahm Platz und hörte zu. Festgreifaah war ein sehr ori-
    ginel er und auch recht guter Geschichtenerzähler, auf eine besondere
    Art. Wenn er aufgefordert worden wäre, die Saga vom Tsortanischen
    Krieg zu erzählen, hätte er al e beobachteten Vögel beschrieben, auf je-
    den Kormoran hingewiesen, alle Pelikane aufgelistet, jeden Schlachtfeld-
    raben klassifiziert und keine einzige Seeschwalbe unerwähnt gelassen. An
    irgendeiner Stelle in der Erzählung wären auch bewaffnete Männer vor-
    gekommen, aber nur deshalb, weil Raben auf ihnen hockten.
    »Der Phönix legt keine Eier«, ließ sich Himmelwärts einmal verneh-
    men. Dieser Einwand betraf eine Stel e einige Stel en nach der Stel e, an
    der er gefragt hatte, ob der Falkner betrunken gewesen war.
    »Es ist ein Vogel«, betonte Festgreifaah. »Und Vögel legen Eier. Ich
    habe die Eierschale mitgenommen.«
    Er eilte zum Vogelhort. Himmelwärts sah Oma Wetterwachs an und
    lächelte nervös.
    »Vermutlich hat er die Schale eines gewöhnlichen Eis gefunden«, sagte
    er. »Ich habe über den Phönix gelesen. Es ist ein mythisches Geschöpf,
    ein Symbol, ein…«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Oma. »Ich bin nie einem nahe genug ge-
    kommen, um das festzustellen.«
    Der Falkner kehrte mit einer Schachtel zurück. Sie enthielt Pelz- und
    Wollbüschel, und zwischen ihnen lagen Teile einer Eierschale. Himmel-
    wärts nahm zwei. Sie waren sehr leicht und glänzten in silbrigem Grau.
    »Ich habe sie in der Asche gefunden.«
    »Niemand hat jemals behauptet, Eierschalen von einem Phönix gefun-
    den zu haben«, sagte Himmelwärts vorwurfsvol .
    »Das wußte ich nicht«, entgegnete Festgreifaah unschuldig. »Sonst hät-
    te ich nicht nach ihnen Ausschau gehalten.«
    »Ich frage mich, ob irgendwann einmal jemand anders danach gesucht
    hat«, murmelte Oma Wetterwachs und stieß die Eierschalen an. »Ah…«,
    sagte sie.
    »Ich dachte, daß die Phönixe viel eicht an einem sehr gefährlichen Ort
    leben…«, begann Festgreifaah.
    »Für neugeborenes Leben ist zunächst jeder Ort gefährlich«, meinte
    Oma. »Offenbar hast du dir Gedanken gemacht, Festgreifaah.«
    »Danke, Frau Wetterwachs.«
    »Schade, daß du nicht noch etwas gründlicher nachgedacht hast«, fügte
    Oma hinzu.
    »Wie bitte?«
    »Diese Teile hier stammen von mehr als nur einem Ei.«
    »Frau Wetterwachs?«
    »Festgreifaah«, sagte Oma geduldig, »der Phönix hat mehr als nur ein
    Ei gelegt.«
    »Was?« entfuhr es Himmelwärts. »Aber das ist unmöglich! Nach der
    Mythologie…«
    »Oh, Mythologie«, sagte Oma. »Mythologie besteht nur aus den Mär-
    chen der Leute, die gewonnen haben, weil sie die größeren Schwerter
    hatten. Und von solchen Leuten kann man natürlich erwarten, daß sie sich mit Ornithologie auskennen. Wie dem auch sei: Wenn nur ein Exemplar
    existiert, darf die Spezies wohl kaum damit rechnen, lange Bestand zu
    haben. Bestimmt haben Feuervögel natürliche Feinde, so

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