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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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immer.«
    »Ich möchte nach unten«, sagte Agnes.
    Er ließ los.
    Agnes’ Figur hatte zumindest einen Vorteil: Sie eignete sich gut zum
    Fal en. Sie drehte sich automatisch so, daß ihr Bauch nach unten wies,
    und mit wehendem Haar schwebte sie im fauchenden Wind.
    Seltsamerweise wich der Schrecken aus ihr. Er war mit einer Situation
    verbunden gewesen, die sie nicht kontrollieren konnte. Während sie jetzt
    mit ausgebreiteten Armen fiel, während der lange Rock um ihre Beine
    flatterte und ihre Augen tränten, konnte sie wenigstens sehen, was die
    Zukunft brachte, obgleich die Auswahl nicht besonders groß war.
    Vielleicht fiel sie auf eine weiche Schneewehe oder in tiefes Wasser…
    Vielleicht wäre es einen Versuch wert gewesen, sagte Perdita. So übel ist er eigentlich gar nicht.
    »Sei still.«
    Dann müßtest du nicht damit rechnen, auf den Felsen zu zerplatzen wie ein mit Wasser gefül ter Bal on…
    »Du sollst still sein. Außerdem sehe ich da einen See. Vielleicht kann
    ich meine Flugbahn so beeinflussen, daß ich in seine Richtung fliege.«
    Bei dieser Geschwindigkeit spielt es kaum eine Rol e, ob du auf Wasser oder harten Boden prallst.
    »Woher willst du das wissen?«
    Das ist al gemein bekannt.
    Vlad erschien neben Agnes und schwebte in der Luft, als läge er auf
    einem Sofa.
    »Gefällt’s dir?« fragte er.
    »Bisher ja«, antwortete Agnes, ohne ihn anzusehen.
    Sie spürte, wie er sie am Handgelenk berührte. Sie fühlte keinen Druck,
    aber der Fal stoppte ganz plötzlich. Erneut wurde sie so leicht wie die
    Luft.
    »Warum machst du das?« fragte sie. »Wenn du mich beißen willst, bring es endlich hinter dich!«
    »Oh, das kommt überhaupt nicht in Frage!«
    »Ihr habt Oma gebissen und ihr Blut getrunken!« stieß Agnes hervor.
    »Ja, aber wenn das gegen den Willen der Leute geschieht, sind sie
    nachher so… unterwürfig und kaum mehr als denkende Nahrung. Doch
    jemand, der sich aus freiem Wil en für die Nacht entscheidet… Das ist
    eine ganz andere Sache, liebe Agnes. Und du bist viel zu interessant, um eine Sklavin zu sein.«
    »Sag mal…«, brummte Agnes, als ein Berggipfel vorbeiglitt, »hattest du
    viele Freundinnen?«
    Vlad zuckte mit den Schultern. »Ein oder zwei. Aus dem Dorf. Haus-
    mädchen.«
    »Und darf ich fragen, was mit ihnen geschehen ist?«
    »Sieh mich nicht so an. Wir beschäftigen sie immer noch im Schloß.«
    Agnes verachtete ihn. Perdita haßte ihn nur. Haß ist das Gegenteil von
    Liebe und genauso attraktiv.
    … aber Nanny meinte, wenn es zum Schlimmsten kommt… dann wird er dir vertrauen… und sie haben bereits Oma erwischt…
    »Wenn ich ein Vampir bin, kann ich nicht mehr zwischen Gut und Bö-
    se unterscheiden«, sagte Agnes.
    »Findest du das nicht ein wenig naiv? Es sind doch nur zwei verschie-
    dene Perspektiven für die gleiche Sache. Du mußt dich nicht immer so
    verhalten, wie es der Rest der Welt von dir verlangt.«
    »Spielst du noch immer mit ihr?«
    Lacrimosa schritt ihnen durch die Luft entgegen. Hinter ihr sah Agnes
    die anderen Vampire.
    »Beiß sie oder laß sie gehen«, fuhr das Mädchen fort. »Meine Güte, sie
    ist so… tropfenförmig. Komm, Vater möchte dich sprechen. Die anderen Hexen sind zu unserem Schloß unterwegs. Ist das nicht dumm?«
    »Diese Sache betrifft nur mich, Lacci«, sagte Vlad.
    »Jeder Junge sol te ein Hobby haben, aber… Ich bitte dich.« Lacrimosa rollte mit schwarzumrandeten Augen.
    Vlad sah Agnes an und lächelte.
    »Begleite uns«, sagte er.
    Oma meinte, du sol st bei den anderen sein, erinnerte Perdita sie.
    »Ja, aber wie soll ich sie finden, wenn wir dort sind?« fragte Agnes laut.
    »Oh, wir werden sie finden«, erwiderte Vlad.
    »Ich meinte…«
    »Kommt mit. Wir beabsichtigen nicht, deinen Freundinnen ein Leid
    zuzufügen…«
    »Zumindest kein sehr großes«, warf Lacrimosa ein.
    »Oder… wir könnten dich hier zurücklassen«, sagte Vlad und lächelte.
    Agnes sah sich um. Sie waren über den Wolken gelandet, auf einem
    Berggipfel. Die junge Hexe spürte Wärme und Leichtigkeit – Empfin-
    dungen, die nur falsch sein konnten. Selbst auf einem Besen hatte sie sich nie so gefühlt. Sie war sich immer der Gravitation bewußt gewesen, die
    sie nach unten ziehen wol te. Doch während der Vampir ihren Arm hielt,
    schien jede Zelle ihres Körpers davon überzeugt zu sein, für immer
    schweben zu können.
    Und wenn sie es ablehnte, Vlad und Lacrimosa zu begleiten, nahm die
    Rückkehr nach unten entweder sehr viel Zeit

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