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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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herein, und dann ist es genau der richtige Augen-
    blick.«
    »Sie meint, den richtigen Augenblick schafft man sich selbst«, sagte
    Agnes.
    »Ja«, sagte Magrat.
    »Ja«, sagte Agnes.
    »Und sie ist noch nicht da? Sie hat die erste Einladungskarte bekom-
    men!« Magrat beugte sich vor. »Auf Verences Anweisung hat diese Karte
    besonders viel Blattgold abbekommen – es hätte eigentlich klappern
    müssen, als sie die Einladung beiseite legte. Übrigens: Kannst du gut Tee
    kochen?«
    »Sie beklagen sich dauernd«, erwiderte Agnes.
    »Sie haben immer irgend etwas auszusetzen, nicht wahr? Drei Stücke
    Zucker für Nanny Ogg, stimmt’s?«
    »Und sie geben mir nicht mal Geld für den Tee«, sagte Agnes. Sie
    schnupperte. Die Luft roch ein wenig muffig.
    »Eins kann ich dir sagen: Es hat keinen Sinn, Kekse zu backen«, meinte
    Magrat. »Ich habe Stunden damit verbracht, besonders hübsche Exemp-
    lare zu formen, Halbmonde und so weiter. Aber du kannst sie genauso-
    gut aus dem Laden holen.«
    Sie schnupperte ebenfal s. »Das ist nicht das Baby«, sagte Magrat.
    »Wahrscheinlich war Shawn so sehr mit anderen Dingen beschäftigt, daß
    er während der vergangenen zwei Wochen keine Zeit gefunden hat, die
    Abortgrube zu leeren. Wenn der Wind aus der falschen Richtung
    kommt, steigt der Geruch bis zur Garderobe im Glockenturm hoch. Ich
    habe Duftkräuter ausgehängt, aber sie lösen sich schnell auf.«
    Magrats Gesichtsausdruck veränderte sich und brachte eine Besorgnis
    zum Ausdruck, die über mangelnde Hygiene im Schloß hinausging.
    »Äh… sie hat die Einladung doch bekommen, oder?«
    »Shawn meint, er hätte sie zugestellt«, erwiderte Agnes. »Wahrschein-
    lich hat sie gesagt…« Ihre Stimme bekam einen anderen, schärferen
    Klang. »›Für so etwas kann ich in meinem Alter keine Zeit vergeuden.
    Ich habe mich nie in den Vordergrund gestel t, niemand kann behaup-
    ten, daß ich mich jemals in den Vordergrund gestellt habe.‹«
    Magrat starrte mit offenem Mund.
    »Meine Güte, das klang genau wie Oma Wetterwachs!« brachte sie her-
    vor.
    »Es gehört zu den wenigen Dingen, die ich wirklich gut kann«, sagte
    Agnes mit normaler Stimme. »Hübsches Haar, ein wundervol er Charak-
    ter und ein gutes Ohr für Geräusche.« Und zwei Personen in einem Kopf, ließ sich Perdita vernehmen. »Oma kommt bestimmt«, fügte Agnes hinzu
    und schenkte der inneren Stimme keine Beachtung.
    »Aber es ist schon nach halb zwölf… Oh, ich sol te mich besser anzie-
    hen! Hilfst du mir dabei?«
    Magrat eilte ins Ankleidezimmer, gefolgt von Agnes.
    »Ich habe sogar einen kleinen zusätzlichen Text auf die Karte geschrie-
    ben und sie gebeten, Patin zu sein«, sagte die Königin, nahm vor dem
    Spiegel Platz und kramte in den Schminkresten. »Insgeheim hat sie sich
    immer gewünscht, einmal Patin zu werden.«
    »Ein schönes Geschenk für ein Kind«, sagte Agnes, ohne vorher zu
    überlegen.
    Magrats Hand verharrte in einer kleinen Puderwolke auf halbem Weg
    zum Gesicht, und Agnes sah ihr Entsetzen im Spiegelbild. Dann preßte
    Magrat die Lippen zusammen, und für einige Sekunden ließ sich in ihren
    Zügen etwas erkennen, das manchmal auch in der Miene von Oma Wet-
    terwachs erschien.
    »Nun, wenn es darum geht, einem Kind Reichtum, Gesundheit und
    Glück zu wünschen oder dafür zu sorgen, daß es Oma Wetterwachs auf
    seiner Seite hat – dann fiele mir die Wahl nicht schwer«, sagte Magrat.
    »Du hast sie bestimmt in Aktion gesehen.«
    »Das eine oder andere Mal, ja«, räumte Agnes ein.
    »Sie wird nie den kürzeren ziehen«, meinte Magrat. »Du sol test sie mal
    erleben, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlt. Sie kann einen Teil
    von sich selbst… an einem sicheren Ort unterbringen. Es ist, als… ver-
    stecke sie sich in jemand anders. Gehört al es zu dem Kram mit dem
    Borgen.«
    Agnes nickte. Nanny hatte sie davor gewarnt, aber es war trotzdem
    entnervend, Omas Hütte zu betreten und sie auf dem Boden liegend
    vorzufinden, steif wie ein Brett und in den fast blauen Fingern ein Papp-
    schild mit der Aufschrift: ICH BINNE NICHT TOT.* Es bedeutete,
    daß sie irgendwo dort draußen war und das Leben mit den Augen eines
    Dachses oder einer Taube sah, während sie sich als Passagier in einem
    fremden Geist aufhielt.
    »Und weißt du was?« fuhr Magrat fort. »Es ist so wie mit den Magiern
    im Wiewunderland, die ihr Herz in einem versteckten Glas aufbewahr-
    ten, so daß sie nicht getötet werden konnten. In einem Buch in der

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