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Ruht das Licht

Ruht das Licht

Titel: Ruht das Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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verdampfte, als die Sonne über die Baumspitzen stieg. Eine weiche Männerstimme, begleitet von eingängigen Gitarrenklängen, drang aus den Lautsprechern. Sie erinnerte mich an Sams. Sam hatte den Arm über meine Lehne gelegt und kraulte mir sanft den Nacken. Er murmelte den Text mit und in seiner Stimme lagen Vertrautheit und Zärtlichkeit. Trotz meiner leichten Gliederschmerzen konnte ich nicht anders, als mich vollkommen mit der Welt im Reinen zu fühlen.
    »Weißt du schon, was du singen willst?«, fragte ich.
    Sam legte die Wange auf seinen ausgestreckten Arm und sein Finger zog verträumte Kreise in meinem Nacken. »Ich weiß noch nicht. Das kam ja jetzt alles so plötzlich. Und in den letzten Tagen war ich auch hauptsächlich damit beschäftigt, den Geächteten zu spielen. Ich glaub, ich singe einfach … drauflos. Vielleicht vermassle ich auch alles.«
    »Ich glaube nicht, dass du es vermasselst. Was hast du vorhin unter der Dusche gesungen?«
    Er klang erstaunlich selbstbewusst, als er antwortete, was bei ihm ungewohnt und gleichzeitig liebenswert wirkte. Ich begann langsam zu verstehen, dass die Musik für ihn die einzige Haut war, in der er sich wirklich wohlfühlte. »Was Neues. Vielleicht was Neues. Na ja, irgendwas eben.«
    Ich fuhr auf den Highway. Zu dieser Tageszeit lag die Straße verlassen da und wir hatten alle Spuren für uns. »So was wie ein Songbaby?«
    »Ein Songbaby, genau. Wenn nicht sogar noch ein Fötus. Ich glaube, er hat noch nicht einmal Beine. Oder warte, nein, ich glaube, ich bringe gerade Babys mit Kaulquappen durcheinander.«
    Ich überlegte, was sich an einem Baby zuerst entwickelte, kam aber nicht früh genug zu einem Ergebnis, als dass ich noch daran hätte anknüpfen können. Also fragte ich nur: »Über mich?«
    »Alle meine Songs sind über dich.«
    »Aber fühl dich nicht unter Druck gesetzt, liebe Grace.«
    »Musst du auch nicht. Du kannst einfach weiter durchs Leben schweben und Grace sein. Ich dagegen muss mich ganz schön anstrengen, um mit meinen Texten nicht den Anschluss zu verlieren. Du bist schließlich kein unveränderliches Objekt.«
    Ich runzelte die Stirn. Eigentlich hielt ich mich für frustrierend unveränderlich.
    »Ich weiß, was du denkst. Aber du sitzt schließlich neben mir, oder?«, sagte Sam und grub die Finger seiner freien Hand in den flauschigen Bezug meines Sitzes. »Du hast dafür gekämpft, mit mir zusammen zu sein, statt dir widerstandslos Hausarrest aufbrummen zu lassen. Das ist der Stoff, aus dem ganze Alben gemacht sind.«
    Er kannte noch nicht einmal die halbe Wahrheit. Eine bunte Mischung unterschiedlicher Emotionen brach über mich herein, bestehend aus Schuldgefühlen, Selbstmitleid, Unsicherheit und Nervosität, alles wild durcheinandergewirbelt. Ich konnte mich nicht entscheiden, was schlimmer wäre: Ihm nicht zu erzählen, dass ich eigentlich immer noch Hausarrest hatte und wie krank ich mich inzwischen fühlte, oder es doch zu tun. Ich wusste nur eins: Ich könnte keins von beidem wieder ungesagt machen. Und ich wollte ihm diesen Tag nicht verderben. Dieses eine perfekte Geburtstagsgeschenk. Vielleicht heute Abend. Vielleicht morgen.
    Ich war zu komplexeren Gefühlen fähig, als ich gedacht hätte. Zwar verstand ich immer noch nicht so recht, warum das alles Stoff für ein Album sein sollte, aber mir gefiel die Vorstellung, dass Sam, der mich besser kannte als ich selbst, tatsächlich von dem, was ich getan hatte, beeindruckt war. Ich wechselte das Thema, zumindest ein bisschen. »Wie willst du dein Album nennen?«
    »Na ja, ich mache ja heute kein Album. Nur ein Demo.«
    Ich winkte ab. »Wenn du ein Album aufnehmen würdest, wie würde es dann heißen?«
    »Einfach so wie ich.«
    »So was finde ich doof.«
    »Broken Toys. «
    Ich schüttelte den Kopf. »Das klingt eher wie ein Bandname.«
    Er zwickte mich ein kleines bisschen in den Nacken, gerade so fest, dass ich leicht aufquietschte und »Au« sagte. »Chasing Grace. «
    »Nichts mit meinem Namen drin«, bestimmte ich.
    »Du bist aber auch mit gar nichts zufrieden. Paper Memories?«
    Ich überlegte. »Warum das denn? Ach so, wegen der Vögel? Übrigens komisch, dass ich gar nichts von den Vögeln in deinem Zimmer wusste.«
    »Ich hab auch keine mehr dazugehängt, seit ich dich in Wirklichkeit kennengelernt habe«, erklärte Sam. »Den letzten hab ich im vorletzten Sommer gemacht. Alle neueren Kraniche sind im Laden oder in deinem Zimmer. Mein Zimmer ist eher so was wie ein

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