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Ruht das Licht

Ruht das Licht

Titel: Ruht das Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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Moment blieb es still, dann wieder dieser krachende, scheppernde Lärm, der von irgendwo aus dem Haus kam. Es klang wie ein wortloser Streit. Ich stand eine ganze Weile da und konnte mich nicht entscheiden, ob ich einfach nach draußen und zurück zu meinem Auto rennen sollte oder nicht.
    Du hast in diesem Haus schon einmal bloß dagesessen und nichts unternommen, dachte ich mit finsterer Entschlossenheit.
    Also ging ich durch die Küche weiter ins Haus. In der Diele zögerte ich. Ich warf einen Blick ins Wohnzimmer und verstand nicht ganz, was ich dort sah. Wasser. Über den Holzboden zogen sich zerfranste Wasserspuren, die zusammen ein unregelmäßiges Muster bildeten und in ihrer Perfektion beinahe wie Eis wirkten.
    Ich hob den Blick und sah den Rest des Wohnzimmers. Es war total verwüstet. Eine umgestoßene Lampe lag auf dem Sofa, der Schirm verrutscht, und der Boden war übersät mit Bilderrahmen. Der Teppich im Durchgang zur Küche lag hochgeschlagen vor einem der Couchtische, die eine Seite völlig durchnässt, und einer der Stühle war auf den Rücken gekippt wie ein Augenzeuge, den es vor lauter Schreck umgehauen hatte. Vorsichtig machte ich einen Schritt ins Zimmer und lauschte nach weiteren Geräuschen, aber das Haus lag jetzt in vollkommener Stille da.
    Das Bild der Zerstörung, das sich mir bot, war so bizarr, als hätte es jemand absichtlich so arrangiert – Bücher lagen aufgeschlagen in den Wasserlachen, überall herausgerissene Seiten. Zerbeulte Getränkedosen waren gegen die Wand gerollt, eine leere Weinflasche steckte kopfüber in einer Topfpflanze, die Tapete hing in Fetzen von den Wänden.
    Dann hörte ich wieder das Geräusch, ein Scharren und Rumpeln, und bevor ich reagieren konnte, kam zu meiner Linken ein Wolf den Flur hinuntergetorkelt. Als er auf mich zukam, prallte er gegen den Türrahmen. Langsam wurde mir klar, wie das Wohnzimmer in diesen Zustand geraten war.
    »Ach du heilige –«, sagte ich und machte einen Schritt rückwärts in die Küche. Doch es sah nicht so aus, als wollte der Wolf angreifen. Wasser triefte aus dem Fell an seinen Flanken, während er unsicheren Schrittes durch den Flur tappte. Er sah seltsam klein aus, wie das grau-braune Fell ihm nass am Körper klebte, und wirkte nicht furchteinflößender als ein Hund. Der Wolf kam noch ein paar Schritte näher und sah dann aus frechen grünen Augen zu mir hoch.
    »Cole«, stieß ich hervor und mein Herz überschlug sich. »Du bescheuerter Idiot.«
    Zu meiner Überraschung fuhr er beim Klang meiner Stimme zusammen, was mich daran erinnerte, dass er trotz allem immer noch ein Wolf war und seine Instinkte verrücktspielen mussten, weil ich mich zwischen ihm und seinem Fluchtweg befand.
    Ich ging weiter rückwärts, doch bevor ich mich entscheiden konnte, ob ich versuchen sollte, ihm die Hintertür aufzumachen, begann Cole zu zittern. Er kam langsam näher, und als er nur noch ein paar Schritte von mir entfernt war, verkrampfte sich schon sein ganzer Körper und er zitterte und würgte. Ich wich zurück – der würde mir nicht auf meine schönen neuen Laufschuhe kotzen –, dann verschränkte ich die Arme vor der Brust und sah zu, wie er sich verwandelte.
    Cole wälzte sich auf die Seite und schlug dabei noch ein paar neue Klauenspuren in die Wand. Sam würde entzückt sein. Was dann geschah, war wie Zauberei. Seine Haut blubberte und dehnte sich und ich sah, wie er vor Schmerzen seine lange Wolfsschnauze aufriss. Keuchend rollte er sich auf den Rücken.
    Wieder ein Mensch, lag er ausgestreckt auf dem Boden wie ein gestrandeter Wal, die Arme übersät mit blässlich roten Erinnerungen an frühere Wunden. Dann öffnete er die Augen und blickte mich an.
    Mein Magen zog sich zusammen. Cole hatte sein Gesicht wieder, aber seine Augen waren noch immer die eines Raubtiers, versunken in Wolfsgedanken. Schließlich blinzelte er und die Art, wie er die Augenbrauen hob, zeigte mir, dass er mich jetzt wirklich sah.
    »Cooler Trick, was?«, sagte er. Seine Stimme klang leicht belegt.
    »Hab schon bessere gesehen«, gab ich kühl zurück. »Was machst du hier?«
    Cole bewegte sich nicht, er öffnete nur die Faust und streckte seine Finger. »Wissenschaftliche Experimente. An mir selbst. Hat ’ne lange Tradition bei mir.«
    »Bist du betrunken?«
    »Kann sein«, gab Cole mit einem trägen Grinsen zu. »Vielleicht hat das ganze Verwandeln aber auch was von dem Alkohol in meinem Blut abgebaut. Ich fühl mich jedenfalls ganz okay. Was machst

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