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Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Titel: Rum Diary: Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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anzufangen.
    Die Stimme von Yeamon riß mich aus meinen Grübeleien. »Gut«, sagte er mit einer fahrigen Handbewegung, »wenn du so lange darüber nachdenkst, muß wohl irgendwas dran sein, aber ich glaube immer noch, daß es ein mieser Typ ist.«
    »Du denkst zu viel«, sagte ich.
    »Ständig muß ich denken«, murmelte er. »Das ist mein Problem – ich brauche mal Urlaub vom Denken.« Er nickte. »Und dieser Urlaub funktioniert genau so wie alle anderen – zwei Wochen Entspannung, und die nächsten fünfzig Wochen ist wieder alles beim Alten.«
    »Ich kann dir nicht ganz folgen«, sagte ich.
    Er lächelte. »Du hast mich unterbrochen. Wir haben gerade über Chenault geredet – und dann hast du plötzlich mit diesem Judas angefangen.«
    »Gut«, sagte ich. »Was ist mit ihr? Ist das deine Art zu sagen, daß du sie hier bei mir lassen willst?«
    Er klopfte mit den Fingern auf den Tisch. »Kemp, solche Bemerkungen kannst du dir sparen. Ich bin ziemlich altmodisch, wenn es darum geht, Mädchen herumzureichen. Noch dazu, wenn es ein Mädchen ist, das ich mag.« Er sagte das ganz ruhig, aber ich konnte den Ärger in seiner Stimme hören.
    Ich schüttelte den Kopf. »Du bist ein unberechenbarer
Dreckskerl – das ist das Letzte, was ich aus deinem Mund erwartet hätte.«
    »Ich gebe nicht viel auf Berechenbarkeit«, sagte er wieder ganz locker. »Nein, ich habe nur laut gedacht – das kommt nicht oft vor.«
    »Ich weiß«, sagte ich.
    Er trank einen Schluck. »Gestern habe ich den ganzen Tag nur nachgedacht«, sagte er. »Ich sollte weggehen von hier, und ich weiß nicht, was ich mit Chenault machen soll.«
    »Wo willst du denn hin?« fragte ich.
    Er zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht – vielleicht die Inseln runter, vielleicht nach Europa.«
    »Europa ist nicht schlecht«, sagte ich. »Wenn du einen Job hast.«
    »Werde ich nicht haben«, sagte er.
    »Nein«, stimmte ich zu. »Wahrscheinlich nicht.«
    »Genau darüber habe ich eben nachgedacht«, sagte er. »Und ich habe mich gefragt, warum ich überhaupt nach Europa wollte – warum sollte ich?«
    Ich zuckte die Schultern. »Warum nicht?«
    »Weiß du«, sagte Yeamon. »Ich war seit drei Jahren nicht mehr zu Hause, und das letzte Mal, als ich da war, habe ich viel Zeit im Wald verbracht.«
    »Ich kann schon wieder nicht folgen«, sagte ich. »Ich weiß ja nicht mal, wo du herkommst.«
    »Aus London, Kentucky«, sagte er. »Laurel County – eine wunderbare Gegend, um zu verschwinden.«
    »Du hast vor zu verschwinden?« fragte ich.
    Er nickte. »Könnte gut sein. Aber nicht gerade in Laurel County.« Er machte eine Pause. »Mein Vater beschloß, mit seinem Geld Spiele zu spielen, und wir haben die Farm verloren …«
    Ich zündete eine Zigarette an.
    »Eine schöne Farm«, sagte er. »Man konnte dort den ganzen Tag schießen und die Hunde herumlaufen lassen und alle möglichen Arten von höllischen Spektakeln aufführen, und keine Menschenseele hat sich beschwert.«
    »Ja«, sagte ich. »In der Gegend um St. Louis bin ich auch schon Jagen gegangen.«
    Er lehnte sich zurück und starrte in sein Glas. »Ich mußte erst gestern wieder daran denken, und so kam ich darauf, daß ich vielleicht auf einem völlig falschen Weg bin.«
    »Warum das denn?«
    »Ich bin nicht ganz sicher«, erwiderte er. »Aber ich habe das Gefühl, daß ich einer Spur folge, die weiß Gott wer vor langer Zeit gelegt hat – und ich habe verdammt viel Gesellschaft.«
    Ich sah zum Bananenbaum hoch und ließ ihn weiterreden.
    »Bei dir ist es doch auch nicht anders«, sagte er. »Wir gehen alle an die selben verdammten Orte, machen die selben verdammten Dinge, wie sie seit fünfzig Jahren gemacht werden, und warten darauf, daß etwas passiert.« Er schaute auf. »Du weißt ja, ich bin ein Rebell, ich bin abgehauen, und wo bleibt meine Belohnung?«
    »Du bist verrückt«, sagte ich. »Es gibt keine Belohnung, und es gab nie eine.«
    »Gott«, sagte er. »Wie schrecklich.« Er nahm die Flasche und trank sie aus. »Wir sind eben nur Säufer«, sagte er, »hilflose Säufer. Zum Teufel damit – ich gehe wieder in irgendeine gottverlassene Kleinstadt und werde dort Feuerwehrmann.«
    Ich lachte, und jetzt kam Chenault zurück. Wir saßen im Hof und tranken noch einige Stunden, bis Yeamon aufstand und sagte, daß sie jetzt nach Hause gehen würden.
»Denk noch mal über die Sache in St. Thomas nach«, sagte er. »Wir sollten das Spiel spielen, solange wir noch können.«
    »Warum nicht?«

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