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Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Rum Diary: Roman zum Film (German Edition)

Titel: Rum Diary: Roman zum Film (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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NEW YORK TIMES«, sagte er und deutete auf meinen Namen, der meinem Artikel über den Streik der Hafenarbeiter vorangestellt war.
    »Hab nur mal ausgeholfen«, sagte ich. »Die sind gerade ziemlich unterbesetzt – da haben sie mich gefragt, ob ich einspringen könnte, bis wieder mehr Leute in der Redaktion sind.«
    Er nickte und lächelte. »Mann, so ist das Leben, klar. Hast du einen Vertrag als reisender Reporter?«
    »So ungefähr«, sagte ich.
    »Das ist toll«, erwiderte er. »Reisen, wohin man will … regelmäßiges Einkommen … keine Sorgen …«
    »Zum Teufel«, sagte ich, »es geht dir doch selbst ziemlich gut.« Ich lächelte. »Wir beide sitzen hier auf dieser gottverlassenen Insel und werden dafür auch noch bezahlt.«
    »Ich nicht«, gab er zurück. »Natürlich bekomme ich meine Auslagen, aber wenn die Sache platzt, könnte mich das zwei Jahre zurückwerfen.« Er nickte mit ernstem Blick. »Ich bin noch nicht etabliert. Ich kann es mir nicht leisten, daß mein Name mit irgendwelchen vermurksten Projekten in Verbindung gebracht wird – auch wenn ich gar nichts dafür kann.« Er trank seinen Kaffee aus und stellte den Becher auf die Theke. »Du bist längst aus dem Gröbsten raus«, sagte er. »Du mußt nichts weiter tun als
deine Geschichte zu schreiben. Bei mir heißt es bei jedem Job: schwimmen oder absaufen.«
    Lazard tat mir leid. Offensichtlich fühlte er sich nicht ganz wohl bei dieser Sache, in die er da hineingeraten war, aber er konnte es sich nicht leisten, vorsichtig zu sein. Er war kaum älter als ich, und wenn alles gut lief, konnte die Sache für ihn den Durchbruch bedeuten. Wenn nicht, war es eben ein grober Einschnitt – aber selbst dann würde er nicht schlechter dastehen als ich in den letzten fünf Jahren. Ich war versucht, ihm das zu sagen, aber ich wußte, daß es ihm nicht wirklich helfen würde. Am Ende würde ich ihm auch noch leid tun, und das konnte ich wirklich nicht brauchen.
    »Ja«, sagte ich. »Am besten, man hat viele Kastanien im Feuer.«
    »Richtig«, gab er zurück und stand auf, um zu gehen. »Deshalb beneide ich dich auch – du hast alles Mögliche gleichzeitig am Laufen.«
    Allmählich fing ich an, ihm zu glauben. Je mehr er redete, um so besser fühlte ich mich. Auf dem Weg zurück zu Martins Bar achtete ich zum ersten Mal auf die Stadt. Sie war wie ausgestorben. Die Straßen waren breit und die Gebäude niedrig; meistens in leichten Pastelltönen gestrichene Betonbauten, die unbewohnt aussahen.
    Wir bogen in die Kurve, die zu Martins Bar führte, und fuhren einen Hügel hinunter zum Ufer. Auf beiden Seiten der Straße standen dürre Palmen, und am Fuß des Hügels schob sich ein langer Pier in den Hafen. Am Ende des Piers waren vier Fischerboote, die träge in der Dünung schaukelten, die vom Vieques-Sund hereinkam.
    Die Bar hieß The Kingfish . Sie hatte ein Blechdach und einen Bambuszaun im Eingangsbereich. Der VW-Bus stand vor der Tür. Drinnen waren Zimburger und Robbis
noch immer am Reden. Martin packte das Bier und die Sandwiches in eine große Kühlbox.
    Ich fragte ihn, warum die Stadt so verlassen aussah.
    »Diesen Monat sind keine Manöver«, antwortete er. »Sie sollten mal hier sein, wenn fünftausend US-Marines hier einfallen – das reinste Irrenhaus.«
    Ich schüttelte den Kopf und erinnerte mich, daß Sanderson erzählt hatte, zwei Drittel der Insel seien ein Truppenübungsplatz der Marines. Ein komischer Ort für einen luxuriösen Ferienclub; es sei denn, man wollte ihn mit Marines im Ruhestand füllen – ein hübsches Kanonenfutter.
    Es war nach zehn, als wir schließlich zur anderen Seite der Insel aufbrachen. Sie war nur vier Meilen breit – eine angenehme Fahrt durch hohe Zuckerrohrfelder, auf engen, von Flamboyant-Bäumen gesäumten Straßen. Schließlich kamen wir zu einer Anhöhe und schauten hinunter auf das karibische Meer. In dem Moment, als ich das alles sah, spürte ich, daß hier der Ort war, nach dem ich gesucht hatte. Wir fuhren über ein weiteres Zuckerrohrfeld und dann durch ein Palmenwäldchen. Martin stellte den Bus ab, und wir gingen los und schauten uns den Strand an.
    Ich spürte sofort ein wildes Verlangen danach, einen Pfahl in den Sand zu stecken und diesen Flecken Land in Besitz zu nehmen. Der Strand war so weiß wie Salz und von der Welt abgeschnitten durch einige steile Hügel direkt am Meer. Wir befanden uns an den Ausläufern einer langgezogenen Bucht, und das Wasser war von jenem klaren Türkis, das

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